Meinung

Das Ende der Restitution

Der Rechtsanwalt Markus H. Stötzel hält wenig von der Reform. Foto: picture alliance / dpa

Mit ihrer Entscheidung, die »Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz« aufzulösen und eine Schiedsgerichtsbarkeit an ihre Stelle zu setzen, hat die Kultusministerkonferenz den Bemühungen um die Restitution von NS-Raubkunst in Deutschland ein vorläufiges Ende bereitet.

Entgegen den Ankündigungen von Claudia Roth, der Kulturstaatsministerin des Bundes, werden die Verfahren nicht verbessert, vereinfacht und beschleunigt. Im Gegenteil: Allein die Schaffung dieser Struktur wird erneut Monate, wenn nicht Jahre des Stillstandes bedeuten.

Angesichts des Alters vieler Anspruchsteller ist absehbar, dass die meisten von ihnen zu Lebzeiten keine Gerechtigkeit mehr erfahren werden. Dieses »Spiel auf Zeit« zieht sich wie ein brauner Faden durch den Umgang Deutschlands mit in der NS-Zeit geraubten Kulturgütern.

Lesen Sie auch

Dass es die Opferseite vor einem Schiedsgericht einfacher haben wird, ist eine Illusion. Die Möglichkeit, ein solches Gericht einseitig anzurufen, bedeutet nämlich noch lange nicht, dass man größere Chancen auf Erfolg hat. Der deutsche Staat, der häufig mit seinen Museen Besitzer der Raubkunst ist, hat eine regelrechte Abwehrbürokratie gegen Anspruchsteller aufgebaut. Er bestimmt nicht nur über die Ergebnisse der Provenienzrecherche, er bezahlt in vielen Fällen auch große Anwaltskanzleien, um berechtigte Ansprüche abzuwehren.

Dass die Beratende Kommission in den gut 20 Jahren ihrer Existenz gerade einmal 23 Fälle bearbeitet hat, liegt nicht an ihr selbst. Es liegt daran, dass sich Bund, Länder und Kommunen bei einer Vielzahl von Fällen schlicht geweigert haben, einem Verfahren vor dem Gremium zuzustimmen, um eine Rückgabe zu verhindern.

Weiter ist unklar, auf welcher rechtlichen Grundlage das beabsichtigte Schiedsgericht überhaupt entscheiden soll. Es ergibt sich aber aus der grundsätzlichen Logik von Schiedsgerichten, dass seine Entscheidungen rein juristische sein werden.

Damit fällt Deutschland hinter die Möglichkeiten der Beratenden Kommission und die Anforderungen der Washingtoner Erklärung von 1998 zurück. Das Land der Täter dürfte international zum Schlusslicht in Sachen Restitution werden.

Der Autor ist Rechtsanwalt und seit mehr als 20 Jahren für NS-Opfer und deren Nachfahren in Sachen Restitution tätig.

Yitzhak Rabin

Erinnerung an einen Mord

Wie ich am 4. November 1995 im Café Moment in der Jerusalemer Azza Street vom tödlichen Anschlag auf Israels Ministerpräsident in Tel Aviv erfuhr

von Ayala Goldmann  04.11.2025

TV-Tipp

»Nürnberg 45 - Im Angesicht des Bösen«

Das Dokudrama rekonstruiert die Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozesse vor 80 Jahren

von Jan Lehr  04.11.2025

Hollywood

Jesse Eisenberg will eine seiner Nieren spenden

Der Schauspieler hatte die Idee dazu bereits vor zehn Jahren

 03.11.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Herbstkaffee – und auf einmal ist alles so »ejn baʼaja«

von Nicole Dreyfus  02.11.2025

Wittenberg

Judaistin kuratiert Bildungsort zur Schmähplastik

Die Darstellung der sogenannten »Judensau« an der Wittenberger Stadtkirche, der früheren Predigtkirche des Reformators Martin Luther (1483-1546), gehört in Deutschland zu den bekanntesten antisemitischen Darstellungen des Mittelalters

 02.11.2025

Zahl der Woche

8 jüdische Gemeinden

Fun Facts und Wissenswertes

 02.11.2025

Aufgegabelt

Wareniki mit Beeren

Rezepte und Leckeres

 02.11.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Bettina Piper, Imanuel Marcus  02.11.2025

Debüt

Katharsis und Triumph

Agnieszka Lessmann erzählt in ihrem Roman über transgenerationales Trauma und das Gefühl des Ausgegrenztseins, aber auch von einer jungen Frau, die sich selbst wiederfindet

von Sara Klatt  02.11.2025