Offener Brief für Israel

»Wo sind die Literaturfestivals, die Akademien, die Verlage?«

Auch die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller gehört zu den Unterzeichnern des Offenen Briefes. Foto: picture alliance/dpa

In einem Offenen Brief haben mehrere Hundert Schriftstellerinnen und Autoren zur Solidarität mit Israel und mit Juden auf der ganzen Welt aufgerufen. Zu den Unterzeichnenden gehören unter anderen die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller, Christian Kracht, Clemens J. Setz, Gila Lustiger, Amelie Fried, Lutz Seiler, Julia Franck, Durs Grünbein, Sibylle Berg, Dirk von Lowtzow und Benedict Wells. Initiiert wurde das Schreiben vom Autor und Übersetzer Marcus Roloff und dem Autor und Fotograf Björn Kuhligk.

In dem Text heißt es: »Dass am 7. Oktober so viele Jüdinnen und Juden ermordet wurden wie seit der Schoa nie zuvor an einem Tag und dass der Antisemitismus auf den Straßen dieses Landes, das sich bemühte, alles jüdische Leben zu vernichten, wieder in einer unerträglichen und aggressiven Form sich Raum nimmt, ist furchtbar. Doch nach dem Angriff der terroristischen Hamas auf Menschen, die nichts anderes zu Opfern von Folter, Vergewaltigung, Entführung und Mord machte, als dass sie jüdische Israelis sind, verharrt der Literaturbetrieb in einem an Bräsigkeit nicht zu überbietenden Schweigen.«

Die Verfasser fragen anschließend: »Oder ist es gar keine Bräsigkeit, sondern konzentriertes Stillhalten, um bloß keinen Fehler zu machen? Sich nicht angreifbar zu machen? Selbstbewusstes oder in irgendeiner Form dem grassierenden Antisemitismus die Stirn bietendes Schweigen jedenfalls kann es nicht sein.«

»Jüdinnen und Juden sind in diesem Land, in Europa und weltweit bedroht. Es ist Zeit, in aller gebotenen Schärfe die Stimme zu erheben.«

Der Literaturbetrieb könnte machen, was er auch sonst macht: »Solidaritätsbekundungen und Solidaritätslesungen. Das alles wäre nicht viel und doch wäre es eine öffentliche Haltung, die der einen oder dem anderen Halt gäbe, und die den jüdischen Autorinnen und Autoren deutlich machen würde: Ihr seid nicht allein, wir sind an Eurer Seite.«

Stattdessen werde »geschwiegen, ein Schweigen, das dumpfer und lauter nicht sein könnte. Wo sind die Literaturhäuser, die Literaturinstitutionen, die Literaturfestivals, die Akademien, die Verlage? Der Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 zog nahezu ad hoc Solidaritätsbekundungen nach sich, die jetzt fehlen. Warum? Hat wirklich niemand dazu eine Haltung? Oder ist der Antisemitismus bereits so weit im Literaturbetrieb verankert, dass hier der Grund zu suchen ist?«

Jüdinnen und Juden seien »in diesem Land, in Europa und weltweit bedroht. Es ist Zeit, in aller gebotenen Schärfe die Stimme zu erheben. Wir haben genug von jedwedem relativistischen Lavieren. Wir sehen das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung und fordern humanitäre Hilfe, wenden uns aber dagegen, mit dem Leiden der Menschen im Gaza-Streifen den Terror der Hamas zu relativieren und die Selbstverteidigung Israels zu delegitimieren. Israel ist die einzige Demokratie im Nahen Osten und hat, wie jeder funktionierende Staat, die eigene Bevölkerung vor Terror zu schützen«.

Über die Unterzeichnenden heißt es: »Wir sind links-, liberal- und konservativ-denkende Autorinnen und Autoren. Was uns eint, ist die Solidarität mit den in Deutschland, Österreich und der Schweiz lebenden Jüdinnen und Juden. Was uns eint, ist die Solidarität mit dem Staat Israel und allen Menschen, die sich für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte, auch im Gazastreifen, einsetzen. Wir stellen uns gegen jede Form von Antisemitismus – aus der Mitte, wie von rechts und links.«

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