Film

»Voller Humanität und Empathie«

Alfred Hitchcock Foto: dpa

Der berühmte Regisseur war schockiert, als er die Aufnahmen sah. Bilder aus den befreiten Konzentrationslagern Bergen-Belsen, Dachau, Buchenwald, Ebensee, Mauthausen und anderen, gefilmt von Soldaten der britischen und der sowjetischen Armee. Eine ganze Woche lang betrat Alfred Hitchcock das Filmstudio nicht mehr, weil er die Eindrücke erst einmal verarbeiten musste.

Der britische Unternehmer Sidney Bernstein hatte im Jahr 1945, kurz nach dem Sieg über das nationalsozialistische Deutschland, seinen Freund Hitchcock gebeten, ihm beim Sichten des viele Stunden umfassenden dokumentarischen Materials zu helfen und einen Film daraus zu machen.

Hitchcock sagte zu, und die beiden begaben sich an die Arbeit. Doch als sie den Film Ende 1945 fertiggestellt hatten, verzichteten die Alliierten darauf, ihn zu veröffentlichen. Man wollte den deutschen Wiederaufbau nicht gefährden, indem man den Deutschen ihre Schuld unter die Nase rieb.

Fragment So verschwand der Film unter der Archivnummer »F3080« im Londoner Imperial War Museum. Erst 1985 wurde eine 55-minütige, fragmentarische Fassung unter dem Titel Memory of the Camps veröffentlicht. Den Kommentar sprach der Schauspieler Trevor Howard.

Die ursprüngliche Fassung war etwa 70 Minuten lang. Die fehlenden Szenen wurden inzwischen wiederentdeckt; derzeit erstellt das Imperial War Museum eine restaurierte und digital überarbeitete Fassung, wie der britische »Independent« berichtet. Anfang 2015, zum 70. Jahrestag der Befreiung, wird der Film im britischen Fernsehen ausgestrahlt. Zuvor soll er auch in Kinos und auf Festivals gezeigt werden.

Drastisch Schon die unvollständige Fassung, die auf YouTube angesehen werden kann, ist eines der drastischsten Dokumente des Grauens der Konzentrationslager. Der Film zeigt ausgemergelte, halb verhungerte Menschen in Großaufnahme, Berge von Leichen, die in Massengräber geschaufelt werden. Doch er vermittelt auch die Hoffnung, die sich für die Überlebenden mit der Befreiung verbindet. Toby Haggith, Kurator am Imperial War Museum, nennt den Film »verstörend«, gleichzeitig sei er aber auch »voller Humanität und Empathie«.

Hitchcock und Sidney Bernstein arbeiteten nach Memory of the Camps übrigens weiterhin zusammen. Sie gründeten die Produktionsfirma Transatlantic Pictures, und Bernstein produzierte für den »Master of Suspense« die beiden Filme Rope (1948) und Under Capricorn (1949).

Musik

Louis-Lewandowski-Festival hat begonnen

Der Komponist Louis Lewandowski hat im 19. Jahrhundert die jüdische Synagogenmusik reformiert. Daran erinnert bis Sonntag auch dieses Jahr ein kleines Festival

 18.12.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Bettina Piper, Imanuel Marcus  18.12.2025

Ausstellung

Pigmente und Weltbilder

Mit »Schwarze Juden, Weiße Juden« stellt das Jüdische Museum Wien rassistische und antirassistische Stereotype gleichermaßen infrage

von Tobias Kühn  18.12.2025

Kulturkolumne

Vom Nova-Festival zum Bondi Beach

Warum ich keine Gewaltszenen auf Instagram teile, sondern Posts von israelischen Künstlern oder Illustratorinnen

von Laura Cazés  18.12.2025

Neuerscheinung

Mit Emre und Marie Chanukka feiern

Ein Pixi-Buch erzählt von einem jüdischen Jungen, der durch religiöse Feiertage Verständnis und Offenheit lernt

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Zahl der Woche

1437

Funfacts & Wissenswertes

 18.12.2025

Revision

Melanie Müller wehrt sich gegen Urteil zu Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was bisher bekannt ist

 18.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  18.12.2025

Los Angeles

Rob und Michele Reiner: Todesursache steht fest

Ihre multiplen Verletzungen seien durch Gewalteinwirkung entstanden, so die Gerichtsmedizin

 18.12.2025