Hören!

Volkslied trifft Klesmer

Vor Jahren stand Tine Kindermann in ihrer Küche im New Yorker East Village, spülte Geschirr und sang dabei das alte deutsche Volkslied vom wilden Wassermann und der schönen jungen Lilofee. Als sie mit Lied und Abwasch fertig war, drehte sie sich zu ihren Kindern um, die dasaßen und vor Ergriffenheit heulten. Mittlerweile kann auch das breite Publikum gerührt sein. Der »Wassermann« und ein Dutzend andere Volkslieder sind 2008 auf dem Album Schamlos schön bei Oriente/Fenn erschienen. Und kommende Woche tritt Kindermann mit den Liedern in Rudolstadt und in Berlin auf.

kitschfrei Tine Kindermann ist keine hochprofessionell ausgebildete Sängerin. Aber gerade durch das »nur« Semiprofessionelle, Quasi-Private ihres Gesangs schafft sie es, Lieder wie »Es waren zwei Königskinder« oder »Klage und Trost« aus »Des Knaben Wunderhorn« kitschfrei zu interpretieren. Wesentlich dazu trägt bei, dass die Begleiter der 13 urdeutschen Volkslieder aus einer völlig anderen Sphäre stammen. Der Gitarrist Marc Ribot, der Sänger Lorin Sklamberg oder der Bassist Greg Cohen gehören zur New Yorker Radical Jewish Culture, die die jüdische Musik von Schtetl-Staub und jiddelndem Kitsch befreit hat. Nun spielen sie an der Seite von Kindermann so unbekümmert auf, als habe es den Missbrauch des deutschen Volkslieds durch die Nazi-Ideologie nie gegeben. Auf die Idee, jüdische Musiker deutsche Lieder spielen zu lassen, kam Tine Kindermann übrigens aus privaten Gründen. Der ebenfalls mitspielende Trompeter und Klezmatics-Gründer Frank London ist ihr Ehemann.

Konzerttermine: 3. und 4. Juli, Folk- und Weltmusikfestival Rudolstadt, 5. Juli, Berlin, UFA-Fabrik

Genf

Entscheidung gefällt: Israel bleibt im Eurovision Song Contest

Eine Mehrheit der 56 Mitgliedsländer in der European Broadcasting Union stellte sich am Donnerstag gegen den Ausschluss Israels. Nun wollen Länder wie Irland, Spanien und die Niederlande den Musikwettbewerb boykottieren

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025

Medien

»Die Kritik trifft mich, entbehrt aber jeder Grundlage«

Sophie von der Tann wird heute mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt. Bislang schwieg sie zur scharfen Kritik an ihrer Arbeit. Doch jetzt antwortete die ARD-Journalistin ihren Kritikern

 04.12.2025

Antisemitismus

Schlechtes Zeugnis für deutsche Schulen

Rapper Ben Salomo schreibt über seine Erfahrungen mit judenfeindlichen Einstellungen im Bildungsbereich

von Eva M. Grünewald  04.12.2025

Literatur

Königin Esther beim Mossad

John Irvings neuer Roman dreht sich um eine Jüdin mit komplexer Geschichte

von Alexander Kluy  04.12.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter, Imanuel Marcus  04.12.2025

Show-Legende

Mr. Bojangles: Sammy Davis Jr. wäre 100 Jahre alt geworden

Er sang, tanzte, gab den Spaßmacher. Sammy Davis Jr. strebte nach Erfolg und bot dem Rassismus in den USA die Stirn. Der Mann aus Harlem gilt als eines der größten Showtalente

von Alexander Lang  04.12.2025

Preisvergabe

Charlotte Knobloch kritisiert Berichterstattung von Sophie von der Tann

Dass problematische Berichterstattung auch noch mit einem Preis ausgezeichnet werde, verschlage ihr die Sprache, sagt die Präsidentin der IKG München

 04.12.2025

Philosophie

Drang zur Tiefe

Auch 50 Jahre nach ihrem Tod entzieht sich das Denken Hannah Arendts einer klaren Einordnung

von Marcel Matthies  04.12.2025

Kulturbetrieb

»Wie lange will das politische Deutschland noch zusehen?«

Der Bundestagskulturausschuss hörte Experten zum Thema Antisemitismus an. Uneins war man sich vor allem bei der Frage, wie weit die Kunstfreiheit geht

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025