Friedensnobelpreisträger

Trauer um Elie Wiesel

Elie Wiesel sel. A. (1928–2016) Foto: dpa

Der Publizist Elie Wiesel ist am Samstag im Alter von 87 Jahren in den USA gestorben. Wiesel, der 1928 in Rumänien geboren wurde und als 16-Jähriger zuerst nach Auschwitz und später ins Konzentrationslager Buchenwald deportiert wurde, erhielt 1986 den Friedensnobelpreis.

Kurz danach gründete er gemeinsam mit seiner Frau Marion die Elie-Wiesel-Stiftung, die sich mit Programmen für Jugendliche unter anderem gegen Intoleranz und Ungerechtigkeit einsetzt und den Dialog zwischen den verschiedenen Nationen unterstützen will.

2013 wurde Wiesel der höchste israelische Preis vom ehemaligen israelischen Präsidenten Schimon Peres verliehen. 2014 erhielt er in New York das Bundesverdienstkreuz mit Stern von Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Wiesel sagte damals: »Diese Medaille ist keine normale Angelegenheit für mich in meinem Leben. Ich erhalte aus Deutschland alle möglichen Dinge – nicht notwendigerweise Medaillen.« Am 27. Januar 2000 hielt Wiesel im Bundestag die Rede zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus.

Bücher Über sein Leben während der Schoa hat Wiesel mehr als 40 Bücher verfasst. Während eines Besuches in seiner rumänischen Geburtsstadt Sighet sagte Wiesel einmal: »Meine Arbeitssprache ist Französisch. Ich unterrichte in Englisch. Und ich träume in Jiddisch«. Sein bekanntestes Buch, Nacht, hat Wiesel in seiner Traumsprache geschrieben. »Aus einem sentimentalen Pflichtgefühl heraus«, hat er später fast entschuldigend bemerkt.

Nacht gehört neben den Werken etwa von Primo Levi, Imre Kertész, Jorge Semprún, Ruth Klüger und Aharon Appelfeld zu den bedeutendsten Büchern Überlebender. Elie Wiesel wollte seine Erinnerungen an die Zeit in den Lagern zunächst nicht aufschreiben, dennoch fühlte er gleichzeitig, dass er es musste.

Trauer Mit tiefer Trauer hat der Zentralrat der Juden in Deutschland die Nachricht vom Tode Elies Wiesels aufgenommen. Mit dem Tod des Friedensnobelpreisträgers hat nicht nur die jüdische Welt einen immensen Verlust erlitten. Wie kein anderer hat Elie Wiesel, der die Konzentrationslager Auschwitz und Buchenwald überlebte, eindringlich die Abgründe der Schoa beschrieben und sich nach dem Krieg für Versöhnung und die Einhaltung der Menschenrechte weltweit eingesetzt.

Zentralratspräsident Josef Schuster sagte: »Elie Wiesel sel. A. war für uns ein großes Vorbild, dem wir immer ein ehrendes Andenken bewahren werden. Obwohl er seine ganze Familie in der Schoa verloren hatte und trotz allem, was er selbst erlitten hatte, stiftete er durch sein Wirken Frieden und Versöhnung.« Wiesel habe den Opfern der Schoa eine Stimme gegeben, die weltweit gehört wurde. »Seine Werke werden bleiben und noch vielen weiteren Generationen vermitteln, warum wir die Erinnerung an die Schoa immer bewahren müssen.«

Israels Staatspräsident Reuven Rivlin postete am Samstag auf seiner Facebook-Seite: »Wir verabschieden heute einen Helden der Juden und einen Giganten der Menschlichkeit.« Wiesel habe sein Leben dem Kampf gegen jeglichen Hass gewidmet, schrieb Rivlin.

menschlichkeit Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu schrieb auf Facebook: »Durch seine unvergesslichen Bücher, seine bewegenden Worte und sein persönliches Beispiel hat Elie den Triumph des menschlichen Geistes über die unvorstellbarsten Schrecken verkörpert.« Wiesels Leben und seine Arbeit waren für das jüdische Volk, den jüdischen Staat und für die Menschlichkeit ein großer Segen.

Ronald S. Lauder vom World Jewish Congress sagte in einer ersten Stellungnahme: »Elie Wiesel war mehr als ein Schriftsteller. Er war vielen von uns ein Lehrer. Er erzählte uns von dem Horror in Auschwitz, lehrte uns über das Judentum, berichtete über Israel und darüber, im Angesicht der Ungerechtigkeit nicht zu schweigen.« Durch seine Bücher und Texte habe er den Holocaust ins öffentliche Bewusstsein gerückt. (mit Christian Buckard)

Hans-Jürgen Papier

»Es ist sehr viel Zeit verloren gegangen«

Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts zieht eine Bilanz seiner Arbeit an der Spitze der »Beratenden Kommission NS-Raubgut«, die jetzt abgewickelt und durch Schiedsgerichte ersetzt wird

von Michael Thaidigsmann  26.11.2025

Hommage

Pionier des Erinnerns

Der Filmemacher und Journalist Claude Lanzmann wäre diese Woche 100 Jahre alt geworden. Unser Autor ist ihm mehrmals persönlich begegnet

von Vincent von Wroblewsky  26.11.2025

Zahl der Woche

6500 Rabbiner

Funfacts & Wissenswertes

 26.11.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Coole Nichten, coole Tanten

von Katrin Richter  26.11.2025

Kulturkolumne

Lob der Anwesenheit

Lahav Shani und Jason Stanley: Warum unser Autor nicht nur in der Westend-Synagoge vor Ort ist

von Eugen El  26.11.2025

Film

Shira Haas ist Teil der Netflix-Serie »The Boys from Brazil«

Die israelische Schauspielerin ist aus »Shtisel« und »Unorthodox« bekannt

 26.11.2025

Zwischenruf

Was bleibt von uns?

Was bleibt eigentlich von uns, wenn Apple mal wieder ein Update schickt, das alles löscht? Jede Höhlenmalerei erzählt mehr als eine nicht mehr lesbare Floppy Disk

von Sophie Albers Ben Chamo  25.11.2025

Kultur

André Heller fühlte sich jahrzehntelang fremd

Der Wiener André Heller ist bekannt für Projekte wie »Flic Flac«, »Begnadete Körper« und poetische Feuerwerke. Auch als Sänger feierte er Erfolge, trotzdem konnte er sich selbst lange nicht leiden

von Barbara Just  25.11.2025

Jüdische Kulturtage

Musikfestival folgt Spuren jüdischen Lebens

Nach dem Festival-Eröffnungskonzert »Stimmen aus Theresienstadt« am 14. Dezember im Seebad Heringsdorf folgen weitere Konzerte in Berlin, Essen und Chemnitz

 25.11.2025