Wuligers Woche

Statler und Waldorf kommentieren

Foto: dpa

In der Tora wird das hebräische Wort für »alt« – »zakein« – durchgehend synonym für »weise« verwandt. Wie vieles in den Schriften ist das wahrscheinlich eher metaphorisch als empirisch gemeint. Siehe die Debatte zum Jüdischen Museum Berlin in den vergangenen Wochen.

Zu Wort kamen da unter anderem Julius Schoeps (76), Moshe Zimmermann (75), Michael Wolffsohn (72), Shimon Stein (71), Micha Brumlik (71), Alan Posener (69) und, ach ja, Michael Wuliger (68). Lauter ältere Herren im Rentenalter.

VERVE Biblisch mag mancher da an Noah und Abraham denken; popkulturell liegt eher die Assoziation zu Statler und Waldorf aus der Muppet Show nahe. Oder zu Bob Dylans (78) Song »Forever Young« von 1974. Der scheint die Hymne dieser, meiner Generation zu sein.

Die Haare sind grau oder ausgefallen, der Rücken schmerzt chronisch, und die Beine tun es auch nicht mehr so richtig. Aber in unserer Vorstellung sind wir offenbar alle 25, maximal 30 Jahre alt geblieben und stürzen uns mit Verve in die Debatte.

Mit 70 steigt kein Dachdecker mehr aufs Baugerüst. Nur Intellektuelle meinen, nicht aufhören zu können.

Nun hat das Ausscheiden aus dem Arbeitsleben mit inzwischen spätestens 67 Jahren seinen Sinn. In dem Alter hat man geleistet, was zu leisten man imstande war; manches gut, was Grund zum Stolz sein kann, manches nicht so gut, womit man sich abfinden muss. Mit 70 steigt kein Dachdecker mehr aufs Baugerüst, kein Landwirt bestellt noch den Acker. Nur Intellektuelle meinen, nicht aufhören zu können.

Dabei ist das, was diese Generation zu bieten hat, bei Lichte betrachtet nicht wirklich so dolle. Schaut man den Zustand der heutigen Welt an, die wir mitgestaltet haben, wäre eher beschämtes Schweigen angebracht. Aber da gilt wohl Watzlawicks »More of the Same«-Paradoxon: Weil wir ziemlich oft daneben gelegen haben, müssen wir jetzt erst recht darauf beharren. Jiddisch heißt das Daffke.

68er Es ist ja auch nicht so, dass es keine jüngere jüdische Generation gäbe oder sie sich nur aus geistigen Dünnbrettbohrern zusammensetzen würde. Mir jedenfalls fällt bei Gesprächen mit 30-, 40-Jährigen auf, dass sie nicht nur intellektuell mit meiner Altersgruppe mindestens mithalten können. Sie besitzen zudem einen pragmatischen Wirklichkeitssinn, der den 68ern notorisch fehlte – und in einigen Fällen immer noch fehlt.

Deshalb ein Vorschlag an die Redaktionen der diversen Medien: Nächstes Mal, wenn etwas Jüdisches zur Diskussion ansteht, rufen Sie nicht mehr die übliche Alterskohorte an. Fragen Sie Leute wie Juna Grossmann, Chajm Guski oder Max Czollek. Selbst wenn die Blödsinn reden, ist es dann doch wenigstens ein anderer, frischerer Unfug als der, den wir oft wiederholen. (Mit den Jahren lässt nämlich auch das Gedächtnis dafür nach, dass man manches häufig vorher schon genauso erzählt hat.)

Und meine Altersgenossen sollten sich nicht nur »Forever Young« zu Gemüte führen, sondern gelegentlich auch »My Generation« von The Who von 1965. »Hope I die before I’m old« heißt es da. Nun ja, sterben muss nicht unbedingt sofort sein. Aber den Mund halten wäre gelegentlich keine schlechte Idee. Wir haben gesagt, was wir zu sagen hatten. Jetzt hat die nächste Generation das Wort.

Andrea Kiewel

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