Nachruf

So long, Tom Lehrer

Tom Lehrer im Jahr 2000 Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Seine Bühnenkarriere liegt schon lange zurück, doch hat Tom Lehrer bei seinen Fans bis heute Kultstatus. 97 Jahre alt ist der Musiker und Mathematiker aus New York geworden. Der ausgebildete Pädagoge hatte in den 50er- und 60er-Jahren nicht nur die Politik seiner Zeit mittels beißender Satire aufgespießt, er hat später auch den ersten Popsong über jüdische Feiertage geschrieben. Wie die Associated Press meldet, starb Lehrer am Samstag in seinem Haus in Cambridge, Massachusetts.

Lehrer hatte bereits mit 15 Jahren mit dem Mathematikstudium in Harvard begonnen und absolvierte mit 19 Jahren seinen Master. Nebenbei hatte er angefangen, Musik zu machen. Seine Mischung aus Musik und bitterböser Satire war einzigartig. In seinen Liedern nahm er Themen wie Rassismus, Kriegstreiberei oder auch Religion ins Visier. »Poisoning Pigeons in the Park« und »The Masochism Tango« gehören zu seinen berühmtesten Stücken.

Lesen Sie auch

Etwa drei Dutzend Songs nahm Lehrer auf, bevor er sich in den 70ern wieder ganz der Mathematik zuwendete. Musiker wie Randy Newman und Steely Dan nannten ihn als wichtigen Einfluss. »Mein letzter lebender musikalischer Held ist immer noch mein Held, aber leider nicht mehr am Leben. RIP an den großartigen, großartigen Herrn Tom Lehrer«, postete »Weird Al« Yankovic am Sonntag in den sozialen Medien. Auch »Harry Potter«-Darsteller Daniel Radcliffe outete sich als Fan: »Der klügste und witzigste Mann des 20. Jahrhunderts und so etwas wie mein Held«.

Wie die Musikzeitschrift »Rolling Stone« berichtet, hatte Lehrer im Jahr 2020 seinen gesamten Werkkatalog in die Public Domain gestellt: »Alle Urheberrechte an Texten oder Musik, die von mir geschrieben oder komponiert wurden, wurden dauerhaft und unwiderruflich aufgegeben, und daher sind solche Lieder nun frei. (...) Mit anderen Worten, ich habe alle Rechte, Titel und Interessen an meiner Arbeit aufgegeben, kapituliert und abgelehnt und alle Urheberrechte in die Public Domain gebracht«, schrieb Lehrer auf einer immer noch aktiven Website, die alle seine Songs und Texte enthält. »Also bedient euch und schickt mir kein Geld.«

»Hanukkah in Santa Monica«

1990 hatte Lehrer, bereits im Ruhestand, noch einmal mit einem Song für Aufmerksamkeit gesorgt, den er für die Garrison Keillor Radioshow geschrieben hatte: »(I’m Spending) Hanukkah in Santa Monica«. Es habe eine »beklagenswerte Lücke im Repertoire« gegeben, so Lehrer, »und dieses Lied soll als eine Art Antwort auf ›White Christmas‹ Abhilfe schaffen«.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Wie »JTA« berichtet, lebte Lehrer sehr zurückgezogen, hat nie geheiratet und keine Kinder. Über sein Judentum sagte er einmal, es habe »mehr mit dem Feinkostladen als mit der Synagoge zu tun. Mein Bruder und ich gingen in die Sonntagsschule, aber wir hatten einen Weihnachtsbaum. Und ›Gott‹ war in erster Linie ein Ausruf, dem normalerweise ein ›Oh‹ oder ›Mein‹ oder beides vorangestellt wurde«. sal

Brüssel

»Gegen EU-Grundwerte«: Kommission verurteilt Festival

Eine Sprecherin der Europäischen Kommission hat den Boykott der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani in die Nähe von Antisemitismus gerückt und scharf verurteilt

von Michael Thaidigsmann  12.09.2025

Sachbuch

Aus dem Leben einer Rebellin

Gerhard J. Rekel hat der jüdischen Sozialaktivistin Lina Morgenstern eine lesenswerte Biografie gewidmet

von Gerhard Haase-Hindenberg  12.09.2025

TV

Auch Niederlande drohen mit ESC-Boykott, wenn Israel teilnimmt

Gastgeber Österreich hat sich bereits eindeutig für eine Teilnahme Israels ausgesprochen

 12.09.2025

Belgien

»Ruf unseres Landes beschmutzt«: Premier rügt Gent-Festival

Premier Bart de Wever kritisiert die Leiter eines belgischen Festivals dafür, die Münchner Philharmoniker und ihren Dirigent Lahav Shani ausgeladen zu haben

 12.09.2025

Nach Canceln in Gent

Solidarität in Berlin: Konzert mit Lahav Shani

Der israelische Dirigent und die Münchner Philharmoniker treten am Montag beim Musikfest Berlin auf

 12.09.2025

Belgien

Prosor: Ausladung von Shani »purer Antisemitismus«

Der israelische Dirigent Lahav Shani darf nicht auf dem Flanders Festival Ghent auftreten, weil er sich nicht genug vom Vorgehen Israels in Gaza distanziert habe. Das sorgt international für Kritik

 12.09.2025

Streaming

»Verstehen statt behaupten«

Ein Gespräch mit Dan Shaked über seine Abneigung gegen Petitionen, das Spionagedrama »The German« und den Dreh mit Schauspielkollege Oliver Masucci

von Katrin Richter  12.09.2025

Sehen!

»Humans 2.0«

Die Suche nach dem Moment des perfekten Gleichgewichts – das australische Ensemble »Circa« gastiert in Berlin

von Bettina Piper  12.09.2025

Kino

Für Hermann Göring lernte Russell Crowe Deutsch

Crowe spielt den Nazi-Verbrecher in »Nuremberg«, einem packenden Thriller über die Nürnberger Prozesse

von Manuela Imre  12.09.2025