»The Kominsky Method«

Sie können’s nicht lassen

Beste Freunde: Alan Arkin (l.) und Michael Douglas Foto: dpa

Kirk Douglas und Burt Lancaster drehten 1986, da waren sie Anfang 70, die Komödie Archie und Harry – Sie können’s nicht lassen über zwei alte Gauner, die sich in einer veränderten Welt zurechtfinden müssen. 32 Jahre später tritt Michael Douglas nun in die Fußstapfen seines Vaters. In der Netflixserie The Kominsky Method spielt der 74-Jährige zwar keinen Ganoven, aber einen Hallodri und Schauspieler namens Sandy Kominsky, der auch nicht mehr recht weiß, wo er im Leben steht.

Sandy Kominsky hat die besten Zeiten seiner Karriere längst hinter sich, sein Geld verdient er mit Schauspielkursen für Studenten. Sein bester Freund ist sein langjähriger Agent Norman Newlander, gespielt von Alan Arkin, der mit seinen 84 Jahren eine verblüffende Vitalität ausstrahlt. Die beiden sind ein herrliches Gespann, und einen beträchtlichen Teil ihres Charmes zieht die Serie aus diesem Zusammenspiel zweier großer Schauspieler und ihrem verbalen Schlagabtausch.

https://www.youtube.com/watch?v=lPNi-mf4dlA

POINTEN Michael Douglas wird mit zunehmenden Jahren immer charismatischer, aber Arkin ist der heimliche Star der Serie: Er spielt Newlander als Hollywood-Urgestein vom alten Schlag, mit Maßanzug und Manschettenknöpfen, barsch im Ton und schonungslos direkt, immer wieder aber auch von anrührender Sensibilität. Arkin hat ein unvergleichliches Talent, Pointen nicht im Stil eines beifallheischenden Comedians loszulassen, sondern ganz beiläufig, als würde man ihm beim Denken zuhören.

Direkt, aber auch sensibel: Alan Arkin ist der heimliche Star der Serie.

Gleichwohl ist The Kominsky Method keine Sitcom, wie die Filmografie des Machers Chuck Lorre (Two and a Half Men) vielleicht vermuten lässt. Er zeigt hier eine sehr gekonnte Gratwanderung zwischen Komik und Tragik, zwischen Hollywood-Insidergags (Elliott Gould hat einen wundervollen Gastauftritt) und abgeklärten Beobachtungen über das Altern.

FINESSEN Dass Sandy und Norman zur gerne gescholtenen Gruppe der »alten, weißen Männer« gehören, macht sie als Sympathieträger umso erfrischender – und dass ihnen allmählich klar wird, wie rasant die Welt an ihnen vorbeizieht, gehört zu den hintergründigen Finessen der Serie. Von Larmoyanz gibt es dabei dankenswerterweise keine Spur, der Tonfall ist weniger melancholisch als vielmehr ironisch.

Es geht um männliche Eitelkeit und das Erkennen der eigenen Bedeutungslosigkeit – und um Prostataprobleme.

Trotzdem nimmt die Serie Sandy und Norman ernst. Es geht um männliche Eitelkeit und das Erkennen der eigenen Bedeutungslosigkeit – und nicht zuletzt um Prostataprobleme. Aber auch um den Tod und die Angst vor der Einsamkeit. An dieser Stelle kommen die Frauen ins Spiel: Sandys erwachsene Tochter Mindy (Sarah Baker), seine neue Flamme Lisa (Nancy Travis) und Normans Ehefrau Eileen (Susan Sullivan), an deren Tod er beinahe zerbricht und mit deren »Geist« er regelmäßig Zwiesprache hält.

Drei gestandene Frauen, die dem Narzissmus der beiden Kerle mit klarem Kopf und trockenem Realismus begegnen. Sie geben Sandy und Norman, aber auch der ganzen Serie die nötige Erdung. Es ist schon ironisch: Viele Netflixserien sind wie ein Versprechen, das am Ende nicht recht eingehalten wird, aber von The Kominsky Method wurden zunächst nur acht Folgen produziert. Ein Jammer.

»The Kominsky Method« läuft beim Streamingsdienst Netflix.

Auszeichnung

Fotografie-Stipendium für israelische Künstlerin Ilit Azoulay

Der Preis wird aus dem Nachlass der deutsch-amerikanischen Fotografin Ellen Auerbach (1906-2004) finanziert und alle zwei Jahre vergeben

 10.12.2024

Aussteiger

Neues vom »Grünen Prinzen«

Mosab Hassan Yousef aus Ramallah ist Sohn des Hamas-Gründers – und steht unverrückbar an der Seite Israels. Nun hat er sein neues Buch vorgelegt

von Philip Fabian  10.12.2024

Fernsehen

Die Schweiz, das Gold und die Nazis

Die Schweiz ist eine internationale Drehscheibe für Goldgeschäfte. Wie sauber ist dieser Handel in einem der reichsten Länder der Welt?

von Christiane Oelrich  09.12.2024

Hamburg

Marion-Dönhoff-Preis für David Grossman

Als Stimme der Vernunft inmitten von Krieg, Terror und Zerstörung sieht die Jury den israelischen Schriftsteller David Grossman - und zeichnet ihn dafür aus. Die Laudatio hält Iris Berben

 09.12.2024

Imanuels Interpreten (2)

Milcho Leviev, der Bossa Nova und die Kommunisten

Der Pianist: »Ich wusste, dass ich Bulgarien verdammt zügig verlassen musste«

von Imanuel Marcus  07.12.2024

Aufgegabelt

Unser Rezept der Woche: Süße Reiskugel

Rezepte und Leckeres

 07.12.2024

Kulturkolumne

Keine Juden – kein Jesus

Warum Noa Cohen die perfekte Jungfrau Maria ist

von Sophie Albers Ben Chamo  07.12.2024

Essay

Da fehlt doch was …

Warum die Hochschulforschung dringend mehr jüdische Gegenwart wagen sollte. Ein Plädoyer

von Dani Kranz  07.12.2024

Paris

Roman Polanski von Verleumdungsvorwurf freigesprochen

Auch die Forderung der Schauspielerin Charlotte Lewis nach Schadenersatz ist abgewiesen

 05.12.2024