Musik

»Schlag ins Gesicht für alle Schoa-Überlebenden«

Farid Bang und Kollegah (v.l.) bei einem Konzert in der Berliner Columbiahalle Foto: dpa

Einen Tag vor der »Echo«-Preisverleihung haben Überlebende des Vernichtungslagers Auschwitz die Nominierung der Rapper Kollegah (33) und Farid Bang (31) sowie die Organisatoren erneut scharf kritisiert.

»Am 12. April wird nicht nur der Deutsche Musikpreis Echo verliehen, sondern auch weltweit der Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust begangen«, betonte das Internationale Auschwitz Komitee am Mittwoch in Berlin.

»In diesem Zusammenhang und gerade an diesem Tag mutet der deutsche Beitrag zum Gedenken, so wie er sich beim Echo widerspiegelt, mehr als makaber an.« In diesem Jahr fällt der Gedenktag an den jüdischen Aufstand im Warschauer Ghetto im Jahr 1943 auf den 12. April.

Ausschluss Die beiden Rapper waren trotz Antisemitismus-Vorwürfen vom Bundesverband Musikindustrie für die Auszeichnung nominiert worden. Ende vergangener Woche hatte der Ethikbeirat des Verbandes die umstrittene Nominierung der beiden Künstler als einen »absoluten Grenzfall zwischen Meinungs- und Kunstfreiheit und anderen elementaren Grundrechten« verteidigt.

Ein formaler Ausschluss sei nicht der richtige Weg, hieß es weiter zur Begründung. Die Echo-Verleihung findet am Donnerstagabend in Berlin statt. Geplant ist, dass die beiden Rapper bei der Veranstaltung live auftreten. Zudem könnten sie ausgezeichnet werden.

Die Entscheidung des Ethikbeirats sei für alle Holocaust-Überlebenden »ein Schlag ins Gesicht und ein für Deutschland beschämender Vorgang«, betonte das Auschwitz-Komitee. Zudem leiste die Entscheidung »mit ihrer Tragweite und öffentlichen Wahrnehmung Antisemitismus und Rechtsextremismus Vorschub«. Sie werde den Echo auf Dauer beschädigen, erklärten die Auschwitz-Überlebenden.

Zu hoffen bleibe, dass die Besucher beim Auftritt des Duos dokumentieren, dass ihr Mitgefühl den Überlebenden von Auschwitz gehöre. Den Sängern bliebe zudem noch Zeit und Gelegenheit, vor der deutschen Öffentlichkeit »Worte der Entschuldigung zu finden, die ehrlich gemeint sind und von Herzen kommen«, hieß es weiter. Zuvor hatte auch der Zentralrat der Juden in Deutschland die Entscheidung des Ethikbeirats kritisiert.

Werte »Die Nominierung wirft die Frage auf, ob die Echo-Preisverleihung noch seriös ist. Allein schon die Nominierung ist ein Skandal«, so Zentralratspräsident Josef Schuster. Er verwies darauf, dass sich auf dem nominierten Album auch gewaltverherrlichende Texte fänden, die sich auf den Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz im Dezember 2016 beziehen. »Während wir von Zuwanderern fordern, dass sie unsere Werte akzeptieren, werden in solchen Liedern Gewalt und Intoleranz gepriesen«, betonte er.

Kollegah und Farid Bang sind für ihr Album Jung, brutal, gut aussehend 3 in der Kategorie »Album des Jahres« nominiert. Auf der Bonus-EP des Albums heißt es im Song »0815«: »Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen.«

Der Bundesverband Musikindustrie hatte nach einem kritischen Bericht der »Bild«-Zeitung über den Text den siebenköpfigen Echo-Ethikbeirat eingeschaltet. Einen Ethikbeirat gibt es beim Echo seit 2013: Damals hatte eine Echo-Nominierung für »Frei.Wild« für Negativ-Schlagzeilen gesorgt. Der Südtiroler Band wird von Kritikern vorgeworfen, rechtsextremistische Motive zu verbreiten. »Frei.Wild« wurde 2013 nach Protesten kurzfristig wieder von der Liste der Nominierten gestrichen.

Vertreter Der Ethikrat kann in Zweifelsfällen vom Vorstand des Bundesrates Musikindustrie einberufen werden. Die Kommission soll unter Abwägung der künstlerischen Freiheit »die Vereinbarkeit eines Werkes mit grundlegenden gesellschaftlichen Normen« beurteilen und entscheiden, ob ein Künstler nominiert oder ausgezeichnet werden darf.

Das Gremium setzt sich aus Vertretern des öffentlichen Lebens, von evangelischer und katholischer Kirche, des Deutschen Musikrats, der Lehrerschaft und des Deutschen Kulturrats zusammen. Der Echo wird seit 1992 jährlich von der Deutschen Phono-Akademie, dem Kulturinstitut des Bundesverbandes Musikindustrie, vergeben.

Für den Echo nominiert werden je Kategorie die Künstler oder Bands, die in den Deutschen Charts auf den fünf besten Rängen platziert sind. epd/ppe

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  20.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  20.11.2025

Kino

»Fast ein Wunder«

Das israelische Filmfestival »Seret« eröffnete in Berlin mit dem Kassenschlager »Cabaret Total« von Roy Assaf

von Ayala Goldmann  20.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  20.11.2025

»Jay Kelly«

In seichten Gewässern

Die neue Netflix-Tragikomödie von Noah Baumbach startet fulminant, verliert sich dann aber in Sentimentalitäten und Klischees

von Patrick Heidmann  20.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  20.11.2025

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  20.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. November bis zum 27. November

 20.11.2025

»Lolita lesen in Teheran«

Klub der mutigen Frauen

Der Israeli Eran Riklis verfilmt die Erinnerungen der iranischen Schriftstellerin Azar Nafisi an geheime Literaturtreffen in Teheran – mit einem großartigen Ensemble

von Ayala Goldmann  20.11.2025