In Belgien wird die Entscheidung des Flandern-Festivals, den geplanten Auftritt der Münchner Philharmoniker und ihres israelischen Dirigenten Lahav Shani kommenden Donnerstag in Gent abzusagen, immer mehr zur Belastung für den Ruf des Landes. Premierminister Bart De Wever und weitere Politiker kritisierten die Veranstalter in Gent scharf und verwiesen dabei ausdrücklich auf das Entsetzen, das die Begründung der Absage in Deutschland ausgelöst hatte.
De Wever, Chef der gemäßigten flämischen Nationalistenpartei N-VA, erklärte, er nehme das »zur Kenntnis«. Allerdings werde »der Ruf Flanderns und des Landes dadurch beschmutzt«.
Weiter sagte De Wever: »Diese Entscheidung sorgt in Deutschland für große Bestürzung und wird als antisemitisch bezeichnet. Jemandem allein wegen seiner Herkunft ein Berufsverbot aufzuerlegen, ist, gelinde gesagt, unüberlegt und unverantwortlich. Es ist auch ziemlich ungewöhnlich, dass Künstler ihre Gedanken schriftlich begründen müssen. Das scheint mir das Gegenteil von künstlerischer Freiheit zu sein.«
Presseberichten zufolge hatten die Veranstalter des Festivals Lahav Shani bereits voreinigen Wochen ein Formular vorgelegt mit Fragen zum Krieg in Gaza. Darin sollte es sich von Israels Regierung ausdrücklich distanzieren. Die Antworten fielen aber wohl nicht nach dem Geschmack der Verantwortlichen des Musikfestivals aus, das das Konzert am 18. September in der St. Bavo-Kathedrale am Mittwoch überraschend absagte.
Der Chef der frankophone Liberalen (MR), Georges-Louis Bouchez, nannte die Affäre eine »Schande für unser Land«. Bouchez schrieb auf X: »Sollen wir jetzt alle Belgier nach ihrer Haltung zur Kolonisierung befragen, um dann zu entscheiden, ob wir sie nach den Kriterien der Selbstgerechtigkeit auftreten lassen oder nicht? Das ist politische Polizei, eingefärbt mit Antisemitismus. Das Gegenteil von dem, was Kultur sein sollte.«
Caroline Gennez, die flämische Kulturministerin, die einen Israel-Boykott befürwortet und sich hinter die Entscheidung in Gent gestellt hatte, müsse für ihr Verhalten zurücktreten, verlangte der MR-Chef. mth