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»Retro«

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Jarrod Shusterman und Sofía Lapuente schreiben in ihrem Jugendbuch über eine Offline-Challenge

von Katrin Diehl  11.09.2024 14:50 Uhr

Jugendbücher, die eindeutig pädagogisch motiviert sind, turnen erst einmal ab. Auf dem Büchermarkt halten sie sich trotzdem. Da wäre zum Beispiel das Buch Retro von Sofía Lapuente und Jarrod Shusterman (Sohn des amerikanischen Erfolgsautors Neal Shusterman, längst schon selbst Erfolgsautor, der bei Simon & Schuster, dem US-amerikanischen Erfolgs-Verlagshaus, regelmäßig für Bestseller sorgt).

Die Shustermans entwerfen Szenarien, die Drastik pur präsentieren und damit in Bann schlagen (zum Beispiel Dry, 2020 von der Jugendjury für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert), die wachrütteln wollen für Probleme – Texte also mit Appell.

Auch Retro geht in diese Richtung, liest sich herunter wie nichts, kombiniert mit der Botschaft: »Hey, ab und zu offline zu sein, wäre schon ganz gut, bevor ihr euch völlig zum Spielball von irgendwelchen Betreibern machen lasst, ihr euch außerdem allmählich wegen Nichtbenutzung eure fünf Sinne wegballert.«

In Retro spricht Luna, eine junge Frau. Sie hat sich über alle Maßen (und zu Recht) über ihre Schulfreundin Samantha geärgert, postet deshalb von ihr ein peinliches Video auf der gerade sehr angesagten Limbo-App. Samantha stürzt das in eine tiefe Lebenskrise, was Luna wiederum völlig fertigmacht. Außerdem kann Luna mit diesem Vorfall knicken, was sie für ihre Zukunft geplant hatte (Stipendium fürs College). Rettung bietet da ausgerechnet Limbo.

Der Plattformbetreiber ruft an Lunas Schule eine Retro-Challenge aus (gewinnt man die, kriegt man einen Platz an einem College samt Stipendium). Luna macht mit, immer mehr aus der Schule schließen sich an und leben ohne Handy, ohne Internet, eben so, wie Jugendliche vor (sagen wir mal) 30 Jahren gelebt haben. Das Ganze wird zu einer Art Bewegung, allerdings mit immer übleren manipulierenden Zügen. Die Lage spitzt sich zu, Schüler und Schülerinnen verschwinden … Das Ende ist zum Glück ein gutes.

Pädagogisch eine klare Sache also. Ob dieses Buch bewusster macht oder sich das Verhalten der Leser nach der Lektüre ändert? Fraglich. Fast hat man den Verdacht, dass auch das Autorenduo bereits einer Generation angehört, die nicht mehr zu 100 Prozent versteht, wie die ganz Jungen ticken, wie sehr ihr Online-Dasein Teil ihres Offline-Daseins geworden ist. Ein Buch wie Retro bietet da allerhöchstens (und auch das hat seinen Wert) gute, schnell weggelesene Entspannung, die jedenfalls nicht schaden kann.

Jarrod Shusterman und Sofía Lapuente: »Retro – Geh nicht online«. Ab 12 Jahren. Übersetzt von Andreas Helweg und Pauline Kurbasik. Fischer Sauerländer, Frankfurt am Main 2024, 464 S., 16,90 €

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