Literatur

»Preis für intime, private Stimme«

Beschwört die antike Mythologie mit ihren Ritualen von Trauer und Leid herauf: Louise Glück Foto: Reuters

Die amerikanische Literaturnobelpreisträgerin Louise Glück hält die diesjährige Preisvergabe für eine Ehrung zurückhaltender literarischer Stimmen. »Ich glaube, dass die Schwedische Akademie mit meiner Auszeichnung die intime, private Stimme ehrt, die durch öffentliche Äußerungen manchmal verstärkt oder erweitert, aber niemals ersetzt werden kann«, schrieb die 77 Jahre alte Poetin in ihrer Nobelvorlesung, die die Nobelstiftung am Montagabend auf ihrer Webseite veröffentlichte.

Wer Bücher schreibe, wolle damit vermutlich viele Menschen erreichen, schrieb Glück. Manche Dichter erreichten ihre Leser dagegen häufig erst eher temporär, der Reihe nach und im Laufe der Zeit. »In einer tiefsinnigen Weise kommen diese Leser immer einzeln nacheinander.«

Sie selbst habe sich immer zu einsamen menschlichen Stimmen in der Lyrik hingezogen gefühlt, etwa zu William Blakes »The Little Black Boy« und »I’m nobody! Who are you?« von Emily Dickinson. »Und die Dichter, zu denen ich beim Älterwerden zurückgekehrt bin, waren die Dichter, in deren Arbeit ich als gewählter Zuhörer eine entscheidende Rolle spielte. Intim, verführerisch, oft verstohlen oder heimlich. Keine Stadiondichter. Keine Dichter, die zu sich selbst sprechen.«

Die Schwedische Akademie hatte Anfang Oktober bekanntgegeben, dass der Literaturnobelpreis in diesem Jahr an die US-Poetin Glück geht. Offiziell gewürdigt werden soll sie am Donnerstag gemeinsam mit allen weiteren Nobelpreisträgern außer dem Friedensnobelpreisträger auf einer aus Stockholm übertragenen Online-Preiszeremonie.

Anders als üblich werden die Preisträger wegen der Coronavirus-Pandemie nicht vor Ort in der schwedischen Hauptstadt sein, sondern vorab in ihrer Heimat mit den Nobelurkunden und -medaillen geehrt. Glück erhielt diese Ehren nach Angaben der Nobelstiftung bereits am Sonntag zu Hause bei sich in den USA.

Wie die Schwedische Akademie auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, zog es Glück vor, ihre Nobelvorlesung schriftlich zu halten. Vor einem Jahr hatten die Preisträger für 2018 und 2019, Olga Tokarczuk und Peter Handke, mündliche Nobelvorlesungen abgehalten.

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