Lesen!

Onkel Ottos Papiertheater

Foto: PR

Lesen!

Onkel Ottos Papiertheater

Die Journalistin Brigid Grauman erzählt die Geschichte ihrer Wiener Vorfahren

von Eva-Elisabeth Fischer  29.10.2020 13:08 Uhr

Muss man sich auch noch auf diese über 100 Jahre umfassende jüdische Familienchronik einlassen, sich fremde Orte und Namen merken von über die Welt zerstreuten Menschen, von den Schicksalen dieser beiden Familien, der Flatters und der Graumanns, lesen, die sich in Zeiten verbanden und verzweigten, als Österreich-Ungarn noch k.u.k. und ein Weltreich war? Ja! Man nimmt es gerne zur Hand, das bibliophil ausgestattete Buch Onkel Ottos Papiertheater.

Ottos Puppentheater, grob aus Papier ausgeschnitten und bunt bemalt, überlebte die Schoa ebenso wie sein Schöpfer, der Maler Otto Flatter, der mit seiner Frau Hilde, einer Komponistin, seine Geburtsstadt Wien bereits 1934 verlassen hat. Brigid Grauman, die Autorin, liebt dieses Puppentheater und wurde von ihm inspiriert, die Geschichte ihrer Vorfahren aus Mähren, Böhmen, Ungarn und Wien zu recherchieren und aufzuschreiben. Sie selbst wuchs in Frankreich, Israel und Brüssel auf, wo sie bis heute als Journalistin arbeitet. Durch ihren in Amerika eingebürgerten Vater Bob, dem ihr Buch gewidmet ist, hat sie das zweite »m« im Namen eingebüßt – wie auch ihr Judentum durch dessen Ehe mit ihrer katholisch-irischen Mutter Aislinn Dulanty.

ASSIMILATION Grauman, Jahrgang 1953 und damit Angehörige der zweiten Generation, hat die jeweiligen Lebensumstände ihrer Vorfahren genau recherchiert. Diese waren bestimmt vom Antisemitismus und seiner sadistisch-mörderischen Zuspitzung nach dem Anschluss Österreichs. Anhand der individuellen Geschichten lassen sich die Konsequenzen des Judenhasses Schicksal für Schicksal intellektuell wie gefühlsmäßig nachvollziehen.

Die Flatters wie auch die Graumanns gehörten dem deutschsprachigen jüdischen Bürgertum an. Sie lebten im 20. Wiener Gemeindebezirk, der Brigittenau, als direkte Nachbarn der von ihnen verachteten »Kaftanjuden« im 2. Bezirk, der Leopoldstadt. Diese gelebten Unterschiede wurden nach Hitlers triumphalem Empfang auf dem Heldenplatz in Wien grausam zwangsnivelliert und damit die Assimilation schlechthin tödlich ad absurdum geführt. Brigid Grauman hat das in ihrer »jüdischen Familiensaga« anhand eines Stücks Zeitgeschichte faktenreich und eindrücklich erzählt.

Brigid Grauman: »Onkel Ottos Papiertheater«. Edition Konturen, Wien 2020, 240 S., 24,80 €

Justiz

Gericht: Melanie Müller zeigte mehrmals den Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was im Berufungsverfahren zur Debatte steht

von André Jahnke  14.12.2025

Feiertage

Weihnachten mit von Juden geschriebenen Liedern

Auch Juden tragen zu christlichen Feiertagstraditionen bei: Sie schreiben und singen Weihnachtslieder

von Imanuel Marcus  14.12.2025

Nachruf

Trauer um Hollywood-Legende Arthur Cohn

Arthur Cohn war immer auf der Suche nach künstlerischer Perfektion. Der Schweizer Filmproduzent gehörte zu den erfolgreichsten der Welt, wie seine Oscar-Ausbeute zeigt

von Christiane Oelrich  12.12.2025

Computerspiel

Lenny Kravitz wird James-Bond-Bösewicht

Als fieser Schurke will der Musiker im kommenden Jahr dem Agenten 007 das Leben schwer machen – allerdings nicht auf der Kinoleinwand

 12.12.2025

Berlin

Jüdisches Museum bekommt zusätzliche Förderung

Das Jüdische Museum in Berlin gehört zu den Publikumsmagneten. Im kommenden Jahr feiert es sein 25. Jubiläum und bekommt dafür zusätzliche Mittel vom Bund

 12.12.2025

Aufgegabelt

Latkes aus Dillgürkchen

Rezepte und Leckeres

 12.12.2025

Kulturkolumne

Lieber Chanukka als Weihnachtsstress?

Warum Juden es auch nicht besser haben – was sich spätestens an Pessach zeigen wird

von Maria Ossowski  12.12.2025

Kommerz

Geld oder Schokolade?

Der Brauch, an den Feiertagen um Münzen zu spielen, hat wenig mit den Makkabäern oder dem traditionellen Chanukkagelt zu tun. Der Ursprung liegt woanders

von Ayala Goldmann  12.12.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Singend durch Paris oder Warum unser Chanukka-Song der beste ist

von Nicole Dreyfus  12.12.2025