Antilopen Gang

Oktober in Europa

Rappen seit 2005 gemeinsam: Panik Panzer, Koljah und Danger Dan (v.l.) Foto: picture alliance / Eibner-Pressefoto

Schwarze Zeilen auf weißem Grund: In dem Musikvideo, das die Rapper der »Antilopen Gang« vergangenen Freitag veröffentlicht haben, zählt nur der Text. Koljah, Panik Panzer und Danger Dan rappen hintereinander jeweils 16 Zeilen, schlichter geht es kaum. Selbst die Hook (Refrain) zwischen den Parts verhallt, soll nicht ablenken von dem, was gesagt werden muss, sechs Monate nach dem Massaker der Hamas.

Oktober in Europa, so heißt die überraschende Single der Rapcrew, die die Stimmung in der Diaspora nach dem 7. Oktober auffängt und zu einem Rundumschlag gegen Antisemiten ansetzt. Ausgeteilt wird gegen Greta Thunberg, gegen Berkeley-Studenten und sogar gegen Kanzler Olaf Scholz. Hauptadressat aber ist die linke Szene, der die Rapper einst so nahestanden und die es nach dem 7. Oktober – so die Schlusszeile – nicht einmal geschafft habe, eine Antifa-Demo gegen Judenhass in Berlin zu organisieren.

Der Track hat für viel Wirbel gesorgt

Der Track hat in den vergangenen Tagen für viel Wirbel innerhalb der Szene gesorgt. Er spricht aus, was seit Jahrzehnten linke Gruppen spaltet und mit dem Krieg im Gazastreifen unüberwindbar auseinanderklafft: Die einen, die auf ihren Demos auch gern mal Songs der Antilopen Gang spielen, solidarisieren sich uneingeschränkt mit dem jüdischen Staat als »antifaschistisches Projekt«.

Die anderen, die in den vergangenen Monaten viel lauter dröhnten, glauben in Israel die Krönung imperialistischen und rassistischen Strebens zu erkennen. Die einen positionieren sich gegen jeden Antisemitismus, auch von linker und islamistischer Seite, die anderen wägen ab, wer ihn zur Sprache bringt, oder erkennen ihn in den eigenen Dogmen gar nicht erst.

Wenn Koljah rappt: »Heute sind die größten Antisemiten / alle Antirassisten, gegen Hass und für Frieden«, dann ist das eine klare Ansage an jene anderen. Der Song ist ein Aufschrei der antisemitismuskritischen, sogenannten antideutschen Linken, die in den vergangenen Monaten kaum noch zu hören war. »Im September habʼ ich vor der roten Flora noch Klavier gespielt (…). Und einen Monat später waren alle seltsam ruhig«, prangert Danger Dan in seinem Part an. »Ist auch kompliziert, muss man einfach beide Seiten sehen / wenn Terroristen Frauen in Leichenhaufen vergewaltigen.«

Der Text trifft ins Herz der jüdischen Community

Es wäre jedoch verkürzt, den Song allein als linksinterne Ohrfeige zu verbuchen. Denn spätestens seit Crewmitglied Danger Dan mit »Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt« einen hochpolitischen Song in die Charts katapultierte, hat die Band durchaus popkulturelles Gewicht.

Und erntete nun auch für Oktober in Europa mediale Aufmerksamkeit und Lob aus ungewöhnlicher Richtung. So titelte die BILD: »Linke Band entlarvt linke Doppelmoral«. Und auch Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt teilte das Musikvideo im Netz. Das hat schon eine gewisse Komik, schließlich wird sein eigener Chef in den ersten Zeilen des Songs dafür kritisiert, mit den Mördern Tee zu trinken.

Jenseits des politischen Rundumschlags aber trifft der Text ins Herz der jüdischen Community, die nach jeder Zeile einen Haken setzen kann: Ja, genau so hat man das erlebt. Antisemitismus ist in der Popmusik eher selten ein Thema. Die »Antilopen« gehörten in den Wochen nach dem Hamas-Massaker zu den ganz wenigen Künstlern, die sich überhaupt solidarisch äußerten. Nun haben sie mit ihren Versen die Lebensrealität von Jüdinnen und Juden in Europa wieder ins Bewusstsein gerufen.

Bonn

»Monk in Pieces«: Filmdoku über eine Meisterin der Klangsprache

Babysprache und Tierlaute: In den Werken der Musikerin Meredith Monk spielt Gesang, jedoch nicht der Text eine Rolle. Ein neuer Dokumentarfilm nähert sich der einzigartigen Künstlerin

von Michael Kienzl  14.08.2025

Aufgegabelt

Kalte Wassermelonen-Lollis

Rezepte und Leckeres

 14.08.2025

Kulturkolumne

Sehnsucht nach Youkali

Über einen Sommerabend mit Kurt Weill

von Sophie Albers Ben Chamo  14.08.2025

Kanada

Toronto Film Fest will Doku zum 7. Oktober nun doch zeigen

Das Festival hatte urheberrechtliche Bedenken, weil in »The Road Between Us: The Ultimate Rescue« Videoaufnahmen von Hamas-Terroristen gezeigt werden

 14.08.2025

Interview

»Mein Mann wacht lächelnd auf«

Lily Brett ist eine der renommiertesten Autorinnen der modernen Literatur. Ein Gespräch über nicht funktionierende Hypnose, gefälschte Entschuldigungszettel und die richtige Kommasetzung

von Katrin Richter  14.08.2025

Kino

Timothée Chalamet wird zum »Zauberer des Tischtennis«

In »Marty Supreme« verkörpert der amerikanisch-französische Darsteller Marty Reisman, einen schillernden Charakter der US-Tischtennisszene

von Imanuel Marcus  14.08.2025

Veranstaltungen

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 14. August bis zum 21. August

 13.08.2025

Zahl der Woche

4 Juden

Fun Facts und Wissenswertes

 12.08.2025

Debatte

Terrorist mit Presse-Weste

Anas al-Sharif war kein unschuldiger Journalist, sondern Terrorist der Hamas. Ein Kommentar von JA-Chefredakteur Philipp Peyman Engel

von Philipp Peyman Engel  12.08.2025