Hirnforschung

Nicht ausgereift

Datenbahn Gehirn Foto: Thinkstock

Das gesamte Wissen über das menschliche Gehirn zusammenfassen und es mit computerbasierten Modellen und Simulationen nachzubilden – das ist das ehrgeizige Ziel des »Human Brain Project«, einem wissenschaftlichen Großunternehmen der Europäischen Kommission, das in den kommenden zehn Jahren mit bis zu 100 Millionen Euro gefördert werden soll.

Unter der Leitung des Biologen Henry Markram wollen Wissenschaftler von 80 internationalen Forschungseinrichtungen langfristig ein vollständiges menschliches Gehirn auf der Ebene von Mikroprozessoren nachbauen, wobei jeder Prozessor einer Gehirnzelle entspricht. Das menschliche Gehirn hat etwa 100 Milliarden Zellen.

Boykott Doch das Forschungsunterfangen gerät jetzt unter Beschuss – ausgerechnet von Wissenschaftlerkollegen. In einem Offenen Brief an die EU-Kommission sprechen sich Forscher aus Europa, Israel, den USA und Kanada gegen das Human Brain Project aus. Sie drohen an, es zu boykottieren, sollten keine substanziellen Änderungen am Konzept vorgenommen werden.

Die Autoren des Briefes argumentieren, es sei noch viel zu früh für ein solches Projekt, da man noch zu wenig über die Funktionsweise des Gehirns wisse. Das Human Brain Project sei der falsche Weg, diesen Zustand zu ändern, da dessen Methoden mehr mit Informatik als mit Hirnforschung zu tun hätten. Das Ganze sei eine Verschwendung von Forschungsgeldern, könne die Öffentlichkeit nur enttäuschen und sei ohnehin zum Scheitern verurteilt. Die Wissenschaftler beklagen auch mangelnde Transparenz und das Fehlen einer unabhängigen Kommission, die das Projekt evaluiert.

Zwischen den Zeilen lässt sich auch die Sorge der Wissenschaftler herauslesen, dass zu viele Fördergelder in ein einziges Projekt fließen und andere Forschungsvorhaben unterfinanziert bleiben. Das Schreiben, das bis Redaktionsschluss 661 Unterzeichner hatte, ist im Internet unter der Adresse www.neurofuture.eu einzusehen.

Verstehen Am Human Brain Project sind zahlreiche israelische Wissenschaftler maßgeblich beteiligt, so etwa Adi Mizrahi, Idan Segev und Albert Gidon vom »Edmond und Lily Safra Center for Brain Sciences« (ELSC) der Hebräischen Universität Jerusalem. »Wenn wir das Gehirn im Computer simulieren können, werden wir es auch verstehen«, ist etwa der Neurobiologe Segev überzeugt. Das ELSC ist eines der 80 Forschungsinstitute, die am Human Brain Project beteiligt sind.

Leiter des Projekts ist der Israeli Henry Markram, der heute an der Schweizer École Polytechnique Fédérale de Lausanne forscht. Der in Südafrika geborene Markram forschte nach seinem Studium zunächst am Weizmann-Institut in Rehovot. Zu dieser Zeit wurde er israelischer Staatsbürger. Nach seinem Armeedienst ging er ans Max-Planck-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg, wo er mit dem Nobelpreisträger Bert Sakmann zusammenarbeitete.

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  01.05.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  01.05.2025

Donna Anna (Adela Zaharia) und Don Ottavio (Agustín Gómez) in »Don Giovanni/Requiem«

Oper

Requiem nach der Höllenfahrt

Der Exilrusse Kirill Serebrennikov erschüttert mit »Don Giovanni« in Berlin

von Maria Ossowski  01.05.2025

Sehen!

»Der Meister und Margarita«

In Russland war sie ein großer Erfolg – jetzt läuft Michael Lockshins Literaturverfllmung auch in Deutschland an

von Barbara Schweizerhof  30.04.2025

20 Jahre Holocaust-Mahnmal

Tausende Stelen zur Erinnerung - mitten in Berlin

Selfies auf Stelen, Toben in den Gängen, Risse im Beton - aber auch andächtige Stille beim Betreten des Denkmals. Regelmäßig sorgt das Holocaust-Mahnmal für Diskussionen. Das war schon so, bevor es überhaupt stand

von Niklas Hesselmann  30.04.2025

Medien

Leon de Winter wird Kolumnist bei der »Welt«

Bekannt wurde er vor mehr als 30 Jahren mit Romanen wie »Hoffmanns Hunger«. Jetzt will der niederländische Autor Leon de Winter in Deutschland vermehrt als Kolumnist von sich hören lassen

von Christoph Driessen  29.04.2025

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  29.04.2025

Berlin

Antisemitismusbeauftragter für alle Hochschulen soll kommen

Details würden derzeit noch im Senat besprochen, sagte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra

 29.04.2025

Jerusalem

Seltenes antikes Steinkapitell wird in Israel ausgestellt

Ein Fund aus dem Jahr 2020 gibt israelischen Archäologen Rätsel auf. Die Besonderheit des Steinkapitells aus römischer Zeit: Es ist mit einem mehrarmigen Leuchter - im Judentum Menorah genannt - verziert

 29.04.2025