Wuligers Woche

Neue Töne in Donaueschingen

Im Kulturbetrieb is vieles möglich. Foto: Getty Images / istock

Wieland Hoban» klingt wie eine Romanfigur von Martin Walser, der für die skurrilen Namen seiner Protagonisten berühmt-berüchtigt ist. Aber Wieland Hoban gibt es tatsächlich. Er ist Deutsch-Brite, Komponist zeitgenössischer Musik und derzeit schwer beleidigt. Schuld daran ist Björn Gottstein (noch so ein Name mit Walser’schen Anklängen).

Gottstein ist künstlerischer Leiter der Donaueschinger Musiktage, eines der bedeutendsten Festivals für Neue Musik. Dort wollte Hoban diesen Herbst den dritten Teil seines Zyklus Rules of Engagement uraufführen, einer musikalischen Aufarbeitung des Gaza-Kriegs von 2008/09 mit deutlich pro-palästinensischer und anti-israelischer Schlagseite. So was kommt im Kulturbetrieb bekanntlich immer gut.

Agitprop Aber nicht in Donaueschingen. Björn Gottstein will nämlich Hobans Agitprop-Stück bei dem Festival nicht hören, und zwar aus inhaltlichen Gründen. «Die Do­naueschinger Musiktage sind ein Teil des deutschen Kulturlebens. Deutschland hat aufgrund seiner Geschichte Israel gegenüber eine besondere Verpflichtung», erklärte der künstlerische Leiter in der vergangenen Woche.

Und er fuhr fort: «Israelbezogener Antisemitismus ist die aktuell gängigste Form des Antisemitismus – auch in Deutschland. Daher würde ich es für ein fatales Signal halten, wenn bei den Donaueschinger Musiktagen ausgerechnet Israel als einziger Staat in einem Musikstück massiv kritisiert wird. (...) Ich möchte den Antisemitismus in Deutschland in keiner Weise bestärken.»

In Zeiten von Stefanie Carp und der Ruhrtriennale ist das eine Meldung, die fast schon «Mann beißt Hund»-Qualität hat: Ein deutsches Kulturfestival verweigert Antizionismus die Bühne!
Die Empörung folgte prompt. Komponist Hoban sieht sich als Opfer von Zensur und verfasste einen Offenen Brief, dem sich binnen Stunden Hunderte Unterstützer anschlossen, darunter die üblichen Verdächtigen wie Noam Chomsky, Norman Finkelstein, Ex-Linken-MdB Annette Groth und natürlich Roger Waters. (Wahrscheinlich gibt es eine WhatsApp-Gruppe dieser Leute, die sie in solchen Fällen eilends mobilisiert.)

Schadenfreude Dass die meisten Unterzeichner, bei Wieland Hoban höchstpersönlich angefangen, aktive Unterstützer eines kulturellen Israelboykotts sind, versteht sich von selbst. Doch bekanntlich ist diese Form politisch motivierter Kunstverhinderung ein Ausweis edler humanistischer Gesinnung und internationaler Solidarität. Nur wenn es einen ausnahmsweise einmal selbst betrifft, heißt es: «Zensur!»

Ganz abgesehen davon, dass ich Björn Gottsteins Entscheidung inhaltlich richtig und – angesichts des gegenwärtigen kulturpolitischen Klimas – auch ausgesprochen mutig finde: Ich kann mir auch eine gewisse Schadenfreude nicht verkneifen. Da wird endlich einmal jemand mit seinen eigenen Waffen geschlagen. Oder – Wieland Hoban ist ja Brite – auf Englisch: Er hat «a taste of his own medicine» bekommen. Wenn das Donaueschinger Beispiel Schule macht, könnte auf diese Art die BDS-Epidemie vielleicht kuriert werden.

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  17.11.2025

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  16.11.2025

TV-Tipp

»Unser jüdischer James Bond«

Die Arte-Doku »Der Jahrhundert-Spion« erzählt die schillernde Lebensgeschichte des Ex-CIA-Agenten Peter Sichel, der seinerzeit den Ausbruch des Kalten Kriegs beschleunigte

von Manfred Riepe  16.11.2025

Aufgegabelt

Noahs Eintopf

Rezepte und Leckeres

 16.11.2025

Kunst

Illustrationen und Israel-Hass

Wie sich Rama Duwaji, die zukünftige »First Lady von New York«, auf Social Media positioniert

von Jana Talke  13.11.2025

Kino

Zwischen »Oceans Eleven« und Houdini-Inszenierung

»Die Unfassbaren 3« von Ruben Fleischer ist eine rasante wie präzise choreografierte filmische Zaubershow

von Chris Schinke  13.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 13.11.2025

Film

Dekadenz, Krieg und Wahnsinn

»Yes« von Nadav Lapid ist provokativ und einseitig, enthält aber auch eine tiefere Wahrheit über Israel nach dem 7. Oktober

von Sascha Westphal  13.11.2025