Wuligers Woche

Nazi statt Soli

Oberfinanzdirektion, übernehmen Sie! Foto: imago / Jürgen Ritter

Wuligers Woche

Nazi statt Soli

Der Staatshaushalt braucht Geld? Wir hätten einen Vorschlag

von Michael Wuliger  20.09.2018 19:23 Uhr

Ein Onlineshop im Osten bietet aktuell Autoaufkleber mit gelbem Stern an, darauf statt »Jude« die Inschrift »Sachse«. Der zehn Zentimeter große Sticker kostet 2,99 Euro. Für 1,50 Euro gibt es das Teil auch als Button für die Bomberjacke. »Viel Spaß damit«, wünscht der Verkäufer.

Nun ja, neu ist der Jux nicht. Mit nachgemachten Judensternen haben sich in der Vergangenheit schon Raucher, Kampfhundebesitzer, Hartz-IV-Empfänger und Muslime zu Opfern stilisiert. Unterhalb von Holocaust-Vergleichen tut es in Deutschland bekanntlich keiner mehr. Da gilt Godwins Gesetz, wonach mit zunehmender Dauer von Internet-Diskussionen die Wahrscheinlichkeit steigt, dass jemand einen Nazi-Vergleich einbringt.

Finanzamt Was mich allerdings wundert, ist, dass die Behörden hier noch nicht aktiv geworden sind. Nein, nicht Polizei oder Staatsanwaltschaft. Ich denke eher an das Finanzamt. Das sucht bekanntlich immer nach neuen Einnahmequellen. Das hier wäre eine. Die Urheberrechte am Judenstern liegen schließlich beim deutschen Staat. Der hat die Kennzeichnung 1941 eingeführt.

Die Bundesrepublik als Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches besitzt damit das Copyright. Nur haben die zuständigen Beamten bisher offenbar verpennt, für die Nutzung auch Gebühren zu erheben. Vielleicht war der Grund auch, dass dieses Erbe peinlich war und man nicht daran erinnert werden wollte. Egal. Erstens ist das bekanntlich alles lange her, zweitens kann man sich in Zeiten knapper öffentlicher Kassen allzu große Pingeligkeit nicht mehr leisten. Die Amis wollen Geld für die NATO, die Landbevölkerung für schnelles Internet, der Sozialminister für die Rentenkasse. Irgendwoher muss die Kohle ja kommen.

Zumal die Angelegenheit juristisch nicht schwierig ist. Eine einfache Verordnung genügt. Der Bundestag muss dazu nicht einmal gehört werden, wo die AfD womöglich Einwände erheben könnte: Gliederungen der Rechtspartei haben schließlich schon selbst mit nachgemachten Judensternen ihre vermeintliche Diskriminierung angeprangert. Künftig könnte für die unsachgemäße Verwendung von Judensternen eine Gebühr erhoben werden. 33 Cent böten sich dabei an.

Staatssymbol Beim Judenstern muss es nicht bleiben. Auch das Urheberrecht am Hakenkreuz als deutschem Staatssymbol ab 1935 liegt bei der Bundesrepublik. Hier könnte ebenfalls eine Nutzungsabgabe eingefordert werden, diesmal nicht 33, sondern – wenn schon, denn schon – 88 Cent.

Angesichts der aktuellen politischen Stimmungslage dürfte sich hier eine stetig wachsende Einnahmequelle auftun, die langfristig sogar die seit Jahrzehnten versprochene Abschaffung des Solidaritätsbeitrags ermöglichen könnte: Nazi statt Soli. Oberfinanzdirektion, übernehmen Sie!

Meinung

Der Missbrauch von Anne Frank und die Liebe zu toten Juden

In einem Potsdamer Museum stellt der Maler Costantino Ciervo das jüdische Mädchen mit einer Kufiya dar. So wird aus einem Schoa-Opfer eine universelle Mahnfigur, die vor allem eines leisten soll: die moralische Anklage Israels

von Daniel Neumann  21.12.2025

Film

Spannend, sinnlich, anspruchsvoll: »Der Medicus 2«

Nach zwölf Jahren kommt nun die Fortsetzung des Weltbestsellers ins Kino

von Peter Claus  21.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  21.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Glosse

Das kleine Glück

Was unsere Autorin Andrea Kiewel mit den Produkten der Berliner Bäckerei »Zeit für Brot« in Tel Aviv vereint

von Andrea Kiewel  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Ab jetzt nur noch mit Print-Abo oder Es gibt viele Gründe, auf 2026 anzustoßen

von Katrin Richter  20.12.2025

Musik

Louis-Lewandowski-Festival hat begonnen

Der Komponist Louis Lewandowski hat im 19. Jahrhundert die jüdische Synagogenmusik reformiert. Daran erinnert bis Sonntag auch dieses Jahr ein kleines Festival

 18.12.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Bettina Piper, Imanuel Marcus  18.12.2025