Wuligers Woche

Mit Trump an der Börse

Dumm, dümmer, Spekulant Foto: Thinkstock

Kaufen, wenn die Kanonen donnern!», lautet eine dem Bankier Carl Mayer von Rothschild (1788–1855) zugeschriebene Börsenweisheit. Gedonnert haben vergangenen Dienstag, als Donald Trump den Ausstieg aus dem Iran-Atomabkommen verkündete, zwar nicht die Kanonen, sondern nur die deutschen Leitartikler. Aber ein günstiger Zeitpunkt für eine gewinnbringende Börsenspekulation schien mir das Datum schon.

Meine Überlegung war einfach: Wenn die USA den Atomdeal aufkündigen und Sanktionen gegen den Iran verhängen, werden davon auch deutsche Firmen betroffen sein, die mit der Mullah-Republik Geschäfte machen. Siemens zum Beispiel. Der Technologiekonzern liefert unter anderem Gasturbinen an Teheran und hat im Jahr 2017 rund 170 Millionen Euro Sonderertrag aus seinen Iran-Aktivitäten verbucht.

Zauberwort Die Siemens-Aktie, so mein Kalkül, würde durch Trumps Entscheidung an Wert einbüßen, vielleicht sogar in den Keller rutschen. Man müsste also nur rechtzeitig auf einen fallenden Kurs des Papiers wetten, um schnelle Kohle zu machen. Wie das geht, hatte ich mal irgendwo gelesen. «Leerverkauf» lautet das Zauberwort.

Man leiht sich Aktien, verkauft sie zum aktuellen Börsenkurs und kauft sie zum Rückgabetermin bei gefallenem Wert dann billiger ein. Siemens stand vergangenen Dienstag bei rund 110 Euro. Würde ich Aktien des Konzerns leihen, zu diesem Kurs sofort verkaufen und bei einem Kurseinbruch von fünf Prozent am nächsten Tag zurückkaufen, könnte ich eine nette kleine Summe einstreichen.

Es gab dabei nur ein Risiko: Donald Trump gilt bekanntlich als äußerst sprunghaft. Vielleicht würde er doch nicht aus dem Vertrag aussteigen. Möglicherweise hatten ihn Emmanuel Macron und Angela Merkel überzeugt, vorerst bei der Stange zu bleiben. Und weil ich, wenn es um Geld geht, feige bin – auf Bankerdeutsch ein «konservativer Anleger» –, ließ ich den Leerverkauf lieber sein. Trump stieg am Abend dann aber doch, wie erwartet, aus dem Atom-Abkommen aus, und ich verfluchte meine Risikoscheu. Im Kopf rechnete ich durch, was mir wegen meines mangelnden Muts an Gewinn entgangen war. Der Tag war versaut.

Weltpolitik Um mich noch weiter selbst zu quälen, schaute ich Mittwoch nach Börsenbeginn gleich nach der Siemens-Aktie. Die war aber nicht gefallen. Im Gegenteil: Sie stieg. Zu Börsenschluss Dienstag hatte Siemens mit 110,36 Euro notiert, bei Börsenschluss Mittwoch lag die Aktie bei 115,36 Euro, eine Steigerung von mehr als vier Prozent. Der Zusammenhang zwischen Weltpolitik und Wertpapieren war offenbar doch komplizierter, als ich gedacht hatte.

Ein Glück, dass ich ein Feigling bin. Ich hätte reichlich Geld verloren. Spekulationen an der Börse überlasse ich in Zukunft Leuten, die davon etwas verstehen. Mein Erspartes bleibt auf dem Sparbuch. Und statt an Rothschild halte ich mich lieber an den amerikanischen Börsenkönig Bernard Baruch (1870–1965): «Der wesentliche Zweck der Börse ist es, möglichst viele Leute dumm aussehen zu lassen.»

TV-Tipp

Ein äußerst untypischer Oligarch: Arte-Doku zeigt Lebensweg des Telegram-Gründers Pawel Durow

Der Dokumentarfilm »Telegram - Das dunkle Imperium von Pawel Durow« erzählt auf Arte und in der ARD-Mediathek die Geschichte der schwer fassbaren Messengerdienst-Plattform-Mischung und ihres Gründers Pawel Durow

von Christian Bartels  24.11.2025

Nachruf

Das unvergessliche Gesicht des Udo Kier

Er ritt im Weltall auf einem T-Rex, spielte für Warhol Dracula und prägte mit einem einzigen Blick ganze Filme. Udo Kier, Meister der Nebenrolle und Arthouse-Legende, ist tot. In seinem letzten Film, dem Thriller »The Secret Agent«, verkörpert er einen deutschen Juden

von Christina Tscharnke, Lisa Forster  24.11.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  24.11.2025

Nürnberg

»Tribunal 45«: Ein interaktives Spiel über die Nürnberger Prozesse

Darf man die Nürnberger Prozesse als Computerspiel aufarbeiten? Dieses Spiel lässt User in die Rolle der französischen Juristin Aline Chalufour schlüpfen und bietet eine neue Perspektive auf die Geschichte

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Sderot

Zweitägiges iranisches Filmfestival beginnt in Israel

Trotz politischer Spannungen will das Event einen Dialog zwischen Israelis und Iranern anstoßen

von Sara Lemel  24.11.2025

Genetik

Liegt es in der Familie?

Eierstockkrebs ist schwer zu erkennen. Warum ein Blick auf den Stammbaum nützen kann

von Nicole Dreyfus  23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

Aufgegabelt

Linsenpfannkuchen von König David

Rezept der Woche

von Jalil Dabit, Oz Ben David  22.11.2025