Offener Brief

»Mit tiefer Enttäuschung«

Unter anderem die Oscar-nominierte Sandra Hüller und die Musiker Clueso und Yvonne Catterfeld fordern ein Waffenembargo gegen Israel. Foto: picture alliance / ABBfoto

Offener Brief an Sandra Hüller, Yvonne Catterfeld und Clueso (Thomas Hübner) Betreff: Ihre Unterstützung des offenen Künstler*innen-Briefs an Bundeskanzler Merz

Sehr geehrte Frau Hüller, Liebe Sandra,
Sehr geehrte Frau Catterfeld, liebe Yvonne,
Sehr geehrter Herr Hübner, lieber Clueso,

wir wenden uns an Sie als Musiker, als Thüringer – wie Sie – und als Freunde jüdischen Lebens in Thüringen:

Mit tiefer Enttäuschung, aber auch mit dem aufrichtigen Wunsch nach Dialog schreiben wir Ihnen heute, als Leiter der Jüdisch-Israelischen Kulturtage Thüringen, dem Festival der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, als Vorsitzende des Fördervereins für Jüdisch-Israelische Kultur in Thüringen e.V., und als Beauftragter der Thüringer Landesregierung für Jüdisches Leben und die Bekämpfung des Antisemitismus.

Mit Ihrer Unterschrift unter dem offenen Brief »Lassen Sie Gaza nicht sterben, Herr Merz« haben Sie sich öffentlich zu einem hochkomplexen, höchst sensiblen Konflikt geäußert – in einer Weise, die aus unserer Sicht nicht nur einseitig, sondern auch gefährlich verkürzt ist. Ihre Namen haben Gewicht – in Thüringen, in der Kulturlandschaft und darüber hinaus. Umso mehr Verantwortung tragen Sie für die Wirkung Ihrer Worte.

Einseitigkeit schadet jüdischem Leben in Deutschland!

Der offene Brief an den Bundeskanzler – so gut gemeint er in Teilen sein mag – stellt einseitig Forderungen an Israel und die deutsche Bundesregierung, ohne der sicherheitspolitischen Realität gerecht zu werden. Ohne differenzierte Auseinandersetzung mit der Rolle der Hamas, der gezielten Vereinnahmung von Hilfslieferungen, oder der dramatischen Geiselnahme und Ermordung israelischer Zivilisten am 7. Oktober 2023.

Was am Ende bleibt, ist der Eindruck: Israel ist Aggressor, Deutschland soll handeln.

Diese Verkürzung hat Konsequenzen. Für Jüdinnen und Juden hier. Für Israelis. Für das Miteinander in Thüringen. Wir fragen Sie daher:
Was war Ihre persönliche Motivation, diesen Brief zu unterzeichnen?
Welche Quellen haben Sie zuvor herangezogen?
Haben Sie in den vergangenen Monaten mit Jüdinnen und Juden, mit Israelis gesprochen?
Wissen Sie, was das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Israel genau regelt?
Kennen Sie belastbare Zahlen über deutsche Waffenexporte an Israel – und was konkret damit unterstützt wird?
Warum fehlt im Brief jede Forderung nach einem Stopp von Waffenlieferungen an die Hamas – eine Organisation, die die Vernichtung Israels offen propagiert?
Was antworten Sie Israelis, die tagtäglich unter Raketenbeschuss und Terror leben – auch heute?
Was glauben Sie, geschieht, wenn Israel keine Waffen zur Selbstverteidigung mehr hätte?
Was sagen Sie zur systematischen Zweckentfremdung humanitärer Hilfe durch Terrororganisationen?
Warum fehlt im offenen Brief jede Forderung nach der Freilassung der Geiseln?
Was bedeutet für Sie die deutsche Staatsräson – die besondere Verantwortung für Israels Existenzrecht?
Wie haben Sie sich öffentlich nach dem Massaker vom 7. Oktober geäußert?

Diese Fragen sind keine rhetorischen. Wir meinen sie ernst!
Wir laden Sie daher ein zu einem persönlichen Gespräch – auch gemeinsam mit Mitgliedern der Jüdischen Landesgemeinde, mit Israelis, die hier leben, mit anderen, die zuhören und verstehen wollen. Nicht konfrontativ. Sondern auf Augenhöhe. Und mit dem Ziel, Verantwortung gemeinsam zu tragen.

Wir danken Ihnen für Ihre Zeit – und hoffen auf eine ehrliche Antwort.
Mit freundlichen Grüßen,

Johannes Gräßer
Leiter der Jüdisch-Israelischen Kulturtage Thüringen, dem Festival der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen

Dorothea Marx
Vorsitzende des Fördervereins für Jüdisch-Israelische Kultur in Thüringen e.V.

Michael Panse
Beauftragter der Landesregierung für Jüdisches Leben und die Bekämpfung des Antisemitismus in Thüringen

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