Kino

»Liebeserklärung ans Hebräische«

Natalie Portman Foto: imago

Kino

»Liebeserklärung ans Hebräische«

Natalie Portman über ihr Regiedebüt, Amos Oz und die Poesie der Sprache

von Patrick Heidmann  31.10.2016 19:36 Uhr

Frau Portman, heute läuft in den Kinos Ihr Film »Eine Geschichte von Liebe und Finsternis« an. Was verbindet Sie mit dem gleichnamigen Roman von Amos Oz?
Als ich das Buch vor Jahren zum ersten Mal las, hatte ich auf Anhieb Bilder für einen Film im Kopf. Ich wusste sofort: Das würde ich gern verfilmen! Davon abgesehen fasziniert mich die Rolle der Sprache in Amos Oz’ Geschichte, die sich durch den ganzen Roman zieht. In meinen Augen ist die Verfilmung deshalb auch eine Liebeserklärung ans Hebräische geworden. Es gibt keine andere Sprache auf der Welt, die so faszinierend ist.

Weshalb genau?
Hebräisch ist unglaublich poetisch, hart, magisch und einzigartig zugleich. Wann sonst hat es das schon gegeben, dass eine eigentlich tote Sprache, die nur noch für Gebete genutzt wurde, in bemerkenswert kurzer Zeit zu einer Alltagssprache wurde?

Sie selbst haben für die Verfilmung zum ersten Mal Regie geführt und ein Drehbuch geschrieben. Darüber hinaus spielen Sie als Mutter von Amos Oz auch noch die Hauptrolle. Hat Sie das unter Druck gesetzt?
Nicht so sehr, dass ich seine Mutter spiele. Aber natürlich ganz allgemein die Tatsache, dass ich sein Werk verfilme. Amos Oz ist einer der wichtigsten, wenn nicht der wichtigste israelische Schriftsteller. Obendrein ist er ein durch und durch bemerkenswerter Mann, politisch wie im privaten Zwiegespräch. Dass er mir erlaubte, mich dieser Geschichte anzunehmen, war unglaublich großzügig, und natürlich war es meine größte Sorge, dass ich ihm, seinem Leben und seiner Arbeit nicht gerecht werde.

Wie fiel denn sein Urteil aus?
Er hat den Film ein paar Wochen vor unserer Weltpremiere beim Festival in Cannes gesehen und war zum Glück sehr zufrieden. Jede andere Meinung war zweitrangig neben der von Amos.

»Eine Geschichte von Liebe und Finsternis« erzählt autobiografisch aus der Jugend von Amos Oz zur Zeit des zu Ende gehenden britischen Mandats in Palästina und der ersten Jahre des Staates Israel. War die Vergangenheit bei Ihnen zu Hause ein Thema?
Meine Großeltern väterlicherseits kamen beide zur gleichen Zeit aus Polen nach Israel und lernten sich dort kennen. Das meiste, was ich über ihr Leben in Europa weiß, erzählte mir mein Vater, denn sie selbst sprachen kaum darüber. Es wühlte sie einfach zu sehr auf. Und beide haben nach dem Krieg vollkommen den Bezug zur Religion verloren. Mein Großvater hat nie wieder eine Synagoge betreten. An Jom Kippur ging es stattdessen für ein Picknick an den Strand. Diese Ablehnung der Religion ist ein Aspekt, der auch in Amos’ Buch und Familie eine Rolle spielt. Viele Juden damals haben Europa gezwungenermaßen verlassen. Sie kamen nach Israel, weil es ihre einzige Chance war, nicht, weil sie darin das Gelobte Land gesehen haben. Der Zionismus hat viele Seiten, das darf man nicht vergessen.

Mit der Schauspielerin sprach Patrick Heidmann.

TV-Tipp

Arte zeigt Porträt des kanadischen Sängers Leonard Cohen

Es ist wohl das bekannteste Lied des kanadischen Sängers Leonard Cohen. Und so steht »Hallelujah« auch im Zentrum eines ebenso unterhaltsamen wie inspirierenden Porträts über diesen modernen Minnesänger

 25.05.2025

Der israelische Pianist Tomer Lev

Tomer Lev

»Achthändig spielen«

Der Pianist über ein lange verschollenes Werk von Felix Mendelssohn und Ignaz Moscheles – und ein nächstes Konzert in Berlin

von Ayala Goldmann  25.05.2025

Frankfurt

Historiker Dan Diner mit dem Börne-Preis geehrt

Der deutsch-israelische Historiker sei ein mutiger Aufklärer, sagte Preisrichter Daniel Cohn-Bendit, ein »Zeitschriftsteller« ganz im Sinne Börnes

 25.05.2025

Essay

Deutschlands Oberlehrer

Wer will noch mal, wer hat noch nicht? In diesen Tagen scheint die Diffamierung Israels oberste Bürgerpflicht zu sein

von Michael Thaidigsmann  25.05.2025

Aufgegabelt

Hühnchen auf Zwiebeln mit Ptitim

Rezepte und Leckeres

 25.05.2025

Kunst

Das jüdische Sammlerpaar Bernstein brachte »die Franzosen« nach Berlin

Die Ausstellung »Berlin.Cosmopolite« in der Liebermann-Villa am Wannsee zeigt Werke aus der Sammlung von Felicie (1852-1908) und Carl (1842-1894) Bernstein

von Sigrid Hoff  23.05.2025

London

Terroranklage gegen Rapper von »Kneecap«

Weil er bei einem Konzert eine Hisbollah-Flagge gezeigt haben soll, wird ein Rapper der nordirischen Gruppe Kneecap angeklagt. Bei Instagram bezieht die Band nun Stellung

 22.05.2025

Terrorakt in Washington

Jüdischer Journalistenverband kritisiert ARD-Berichterstattung

Die Co-Vorsitzende des Verbands fordert mehr Sorgfalt im Umgang mit Sprache im Zusammenhang mit dem Attentat

 22.05.2025

ESC-Teilnehmer JJ

Im Ton vergriffen

Dem österreichischen Sänger tue es leid, »falls meine Worte missverstanden wurden«

 22.05.2025