Musik

La Traviata in Masada

Bregenz hat den Bodensee, Verona das römische Amphitheater – Markenzeichen für die dort seit Jahren stattfindenden beliebten Festspiele. Doch auch in Israel können Besucher Opern in einer atemberaubenden Atmosphäre genießen. Seit 2010 werden am Fuß des Unesco-Weltkulturerbes Masada am Toten Meer klassische Singspiele gezeigt.

Debüt war Giuseppe Verdis Nabucco 2010, im darauffolgenden Jahr kam Verdis Aida zur Aufführung, 2012 Georges Bizets Carmen, und dieses Jahr wird die Liebe zwischen Violetta und Alfredo in Verdis La Traviata ihr unglückliches Ende in Masada nehmen. Premiere ist am 12. Juni.

akko In diesem Jahr werden die Festspiele auch räumlich und programmatisch erweitert. Ein zweiter, nicht weniger geschichtsträchtiger Ort kommt dazu: die jahrtausendealte Seefahrerstadt Akko im Norden des Landes, auch sie Weltkulturerbe. Im Rittersaal der Kreuzfahrerzitadelle aus dem 18. Jahrhundert sowie im Innenhof steht drei Tage lang Mozart im Mittelpunkt: mit der Oper Don Giovanni, dem Requiem und mit der Zauberflöte in einer für Kinder geeigneten Inszenierung.

Die Veranstaltungen in Masada und Akko liegen eine Woche auseinander, »damit Touristen und Israelis Gelegenheit haben, die beiden kulturellen Highlights zu verbinden«, erklärte Hanna Munitz, langjährige Intendantin der Israel Opera, auf einer Pressekonferenz in Tel Aviv.

Es ist der Vision der in Deutschland geborenen 68-Jährigen zu verdanken, dass es die Festspiele gibt: »Ich wollte die Geschichte Israels mit Kultur vereinen«, sagt Munitz. Dass das funktioniert, zeigen die ausverkauften Aufführungen der vergangenen Jahre. Ein willkommener Nebeneffekt ist dabei die Förderung des Tourismus.

So kann die Region Tamar am Toten Meer seit Beginn der Festspiele vor vier Jahren einen beachtlichen Zuwachs an Touristen verzeichnen. Insgesamt seien rund 10.000 Besucher nur wegen dieses kulturellen Angebots gekommen, sagte Tourismusminister Uzi Landau, dessen Ressort eine Werbekampagne in Europa und den USA für die diesjährigen Veranstaltungen mit 1,75 Millionen Schekel, umgerechnet rund 360.000 Euro, finanziell unterstützt. Dieses Jahr werden bis zu 4000 Zuschauer aus dem Ausland erwartet.

restaurierungen Auch der Tourismus in Akko soll erblühen, wofür in den vergangenen Jahren viel investiert wurde. Die Promenade wurde ausgebaut, viele Häuser in der Altstadt renoviert. Das geschah in erfolgreicher Kooperation mit der arabischen Bevölkerung, der viele der Häuser gehören. Dabei geht es nicht nur um die bloße Renovierung der wunderschönen Bauten aus der byzantinischen und ottomanischen Epoche, sondern auch darum, eine wirtschaftliche Existenz für die Besitzer aufzubauen.

So sind Restaurants und Pensionen entstanden. Und es gibt nach vielen Jahren wieder ein türkisches Bad in Akko, das ein arabischer Christ vor etwas mehr als einem Jahr direkt am Meer eröffnet hat.

»Die arabische Bevölkerung entdeckt ihr Erbe wieder und lernt es zu schätzen«, freut sich Ella Lungman, eine Architektin, die sich als Expertin für Denkmalpflege einen Namen gemacht hat und die im Auftrag des Tourismusministeriums verantwortlich für die Stadtentwicklung Akkos zeichnet. Schon jetzt ist die Stadt Anziehungspunkt für mehr als eine Million Touristen jährlich, sagt Dudu Harari, Geschäftsführer des Büros für Stadtentwicklung. In Zukunft soll die »Perle am Meer« noch mehr anziehen.

repertoire Seinen Teil dazu soll auch Mozart in der Zitadelle der Kreuzfahrer beitragen. Zwischen den mächtigen Säulen im Rittersaal wird der größte Verführer aller Zeiten, Don Giovanni, Donna Anna, Donna Elvira und das Bauernmädchen Zerline bezirzen und schließlich als Strafe für seine Untaten von der Erde verschlungen werden.

Der israelische Bariton Oded Reich wird Don Giovanni singen, seinen Diener Leporello gibt Bariton Yair Polishook. Musikalisch begleitet werden sie vom Israel-Kammerorchester, dirigiert von Frederic Chaslin. Die Zauberflöte im Hof vor dem Rittersaal – ins Hebräische übersetzt – wird von Solisten des Meitar Opernstudios gesungen. Mozarts Requiem wird vom Israel-Kammerorchester und dem Moran Ensemble unter der Leitung von Daniel Cohen gespielt.

Im krassen Gegensatz zu den mächtigen Mauern in Akko dient bei Verdis La Traviata die Landschaft am tiefsten Punkt der Erde als Kulisse: Das Tote Meer liegt auf der einen Seite, jenseits der Ufer begrenzt durch die Berge des nahen Jordanien. Diesseits erheben sich mehrere 100 Meter hohe Felsen, auf einem die Festung Masada, bis heute das Symbol für den jüdischen Freiheitskampf.

paris Hier zwischen Felsen und Sand lässt Regisseur Michael Znaniecki Paris entstehen. Wie das geht? »Nichts einfacher als das. Schließlich singt Violetta im ersten Akt über Paris und beschreibt es als ödes Land.« Da sei die Assoziation zur Wüste schnell hergestellt, so Znaniecki bei der ersten Probe vergangene Woche. Nun sieht man vor Masada Eiffelturm und Arc de Triomphe wie nach einem Erdbeben als Fragmente aus dem Boden ragen.

Die Violetta wird von der Rumänin Elena Mosuc gesungen. Die Sopranistin am Züricher Schauspielhaus hat diese Rolle bereits vergangenes Jahr in Verona glanzvoll besetzt. Zum Ensemble gehört auch Aurelia Florian von der Deutschen Oper Berlin, von der auch der Tenor Celso Albelo kommt, der Alfredo singen wird. Unter der Leitung von Daniel Oren werden der Israel Opernchor und das Opernorchester begleitend singen und spielen.

Neben der Oper steht in Masada ein Konzert des Philharmonischen Orchesters Israel mit Beethovens Symphonien Nummer 1 und 9 auf dem Programm, mit internationalen Solisten und Chor unter der Leitung von Kent Nagano. Und wer es mit der Klassik nicht so hat, kommt auch auf seine Kosten: Für Fans der Pop- und Weltmusik gibt es ein Konzert des Sängers Idan Raichel.

Die Karten kosten zwischen 150 und 260 Euro für »La Traviata« und rund 50 Euro für »Don Giovanni«.

Karten und Spielplan unter www.opera-masada.com

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