Hören!

Jazz trifft Pijutim

Musikalische Koexistenz zwischen Orient und Okzident Foto: Blackbird Music

Jüdische Musik aus dem »wilden« Kurdistan? Das mutet hierzulande hoch exotisch an. Doch in den kurdischen Gebieten des Osmanischen Reichs lebte – wie in vielen anderen Teilen des Vielvölkerstaats – eine alteingesessene jüdische Bevölkerung mit traditionsreicher Kultur. Kennenlernen kann man deren musikalischen Teil jetzt auf dem Album Azur des »Jazz Piyyut Project«.

Der Jazz kommt von dem Pianisten Max Doehlemann und seinen Mitstreitern Christian Schantz und Martin Fonfara an Bass und Schlagzeug. An ihrer Seite, zuständig für die Pijutim – liturgische Gesänge, die das Judentum seit den Zeiten des Ersten Tempels kennt –, die Kantoren Hadass Pal Yarden und Yaniv Ovadia aus Jerusalem. Yarden hat klassische türkische Musik studiert und bereits Alben mit sefardischen Liedern aus der Türkei publiziert. Ovadia entstammt der gar nicht so kleinen Gemeinschaft kurdischer Juden, die ihre Heimat Richtung Israel verlassen haben.

koexistenz Da treffen zwei völlig fremde Musikwelten aufeinander, aber ohne dass es zu einem Zusammenstoß der Kulturen kommt. Geschmeidig und kunstvoll werden die insgesamt zwölf Songs in vier Sprachen dargeboten: Hebräisch, Ladino, Türkisch und (Alt-)Kurdisch. Bekannte Pijutim wie »Adon Olam« und »Yigdal Elohim Hay« sind darunter, dazu Naomi Shemers Evergreen »Jerushalim shel zahav«, Kinderlieder und ein türkisches Volkslied, das die Stadt Çanakkale besingt. Dessen Melodie man kennt man in der jüdischen Tradition aus dem Lied »Ki Eshmerah Shabat«.

Zusammengehalten wird diese babylonische Vielfalt durch Max Doehlemann. Einfach war das nicht: »Das ist ja nicht meine originäre Musiksprache. Ich bin ja im Grunde ein Greenhorn«, verrät der Berliner.

Einen einfachen Switch zwischen Jazzimprovisation und orientalischem Makam-Modus schafft selbst ein experimentierfreudiger Musiker wie Doehlemann nicht im Handumdrehen. Er behalf sich mit einem kleinen Trick: »Vierteltöne musste ich weglassen oder großräumig umschiffen, sonst hätte sich das gebissen.« So einfach und schön kann Koexistenz zwischen Orient und Okzident sein.

Jazz Piyyut Project: »Azur«. Blackbird Music 2014 www.blackbird-music.de

Film

Spannend, sinnlich, anspruchsvoll: »Der Medicus 2«

Wieder hat sich Regisseur Philipp Stölzl kräftig vom Bestseller-Autor Noah Gordon anregen lassen

von Peter Claus  19.12.2025

Musik

Louis-Lewandowski-Festival hat begonnen

Der Komponist Louis Lewandowski hat im 19. Jahrhundert die jüdische Synagogenmusik reformiert. Daran erinnert bis Sonntag auch dieses Jahr ein kleines Festival

 18.12.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Bettina Piper, Imanuel Marcus  18.12.2025

Ausstellung

Pigmente und Weltbilder

Mit »Schwarze Juden, Weiße Juden« stellt das Jüdische Museum Wien rassistische und antirassistische Stereotype gleichermaßen infrage

von Tobias Kühn  18.12.2025

Kulturkolumne

Vom Nova-Festival zum Bondi Beach

Warum ich keine Gewaltszenen auf Instagram teile, sondern Posts von israelischen Künstlern oder Illustratorinnen

von Laura Cazés  18.12.2025

Neuerscheinung

Mit Emre und Marie Chanukka feiern

Ein Pixi-Buch erzählt von einem jüdischen Jungen, der durch religiöse Feiertage Verständnis und Offenheit lernt

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Zahl der Woche

1437

Funfacts & Wissenswertes

 18.12.2025

Revision

Melanie Müller wehrt sich gegen Urteil zu Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was bisher bekannt ist

 18.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  18.12.2025