Porträt

»Ich war ein kleines jüdisches Mädchen, das einen deutschen Prinzen geheiratet hat«

Foto: dpa

Einen genauen Berufswunsch habe sie als Kind nie gehabt, sagte Diane von Fürstenberg vor kurzem in einem Interview. »Aber ich wusste genau, was für eine Frau ich einmal sein will: Eine Frau, die Verantwortung trägt.« Mit dieser Motivation und Einstellung - dazu Selbstbewusstsein, Eleganz, Geschäftssinn und Neugier - hat Fürstenberg, die am Freitag (31. Dezember) 75 Jahre alt wird, in den vergangenen Jahrzehnten ein Mode-Imperium aufgebaut. 

Zentrales Stück: Das berühmte »DVF«-Wickelkleid, mit V-Ausschnitt, bunt gemustert, aus gemütlichem Jersey-Stoff und mit schmalem Gürtel um die Taille. »Es ist ein Kleid, das praktisch und sexy und schön ist. Jemand hat mal gesagt, dass man sich mit diesem Kleid einen Mann angeln kann - er aber auch kein Problem damit hat, einen mit diesem Kleid seiner Mutter vorzustellen.« Mitte der 70er Jahre entwarf die Designerin das »Wrap Dress« und seitdem bedeutet das »kleine Kleidchen« für sie alles. »Es hat alle meine Rechnungen bezahlt, für die Bildung meiner Kinder bezahlt, für meine Häuser, für alles.« 

Das Wickelkleid wurde zum Symbol von Weiblichkeit, Freiheit und Selbstbewusstsein - und Fürstenberg in den Medien als »verkaufskräftigste Frau seit Coco Chanel« gefeiert. Noch heute tragen Stars wie Jessica Alba, Madonna, Jennifer Lopez oder die britische Herzogin Kate die meist gemusterten Kreationen. 

Lange habe sie das einfach so hingenommen, sagt Fürstenberg. »Aber dann habe ich mir noch einmal angeschaut, was es für mich getan hat, seinen Platz in der Gesellschaft, und wie unglaublich und selten es ist, dass ein Kleid so eine lange Lebensdauer hat. Und jetzt bin ich sehr stolz darauf.« Sie selbst habe das »Wrap Dress« allerdings »nie wirklich viel getragen« und jetzt auch »nicht mehr die Taille« dafür.

Fürstenbergs Start ins Leben war alles andere als einfach. 1946 wurde sie als Tochter eines aus Russland stammenden Kaufmannes in Brüssel als Diane Halfin geboren. Beide Eltern waren Juden, ihre Mutter Holocaust-Überlebende. Bei der Geburt war sie erst vor kurzer Zeit aus einem Konzentrationslager zurückgekehrt und so dünn und zerbrechlich, dass Ärzte ihr gesagt hatten, dass sie niemals Kinder bekommen werde. »Mir wurde immer gesagt, dass ich ihre Fackel der Freiheit bin«, sagt Fürstenberg. »Sie hat mir beigebracht, dass Angst keine Option ist.«

Nach der Schule geht Fürstenberg zum Betriebswirtschaftsstudium nach Genf, wo sie den Adeligen Egon von Fürstenberg kennenlernt. »Ich dachte nicht, dass ich so schnell heiraten würde, aber plötzlich war ich schwanger«, erzählt sie später dem »Wall Street Journal«. 1969 heiratet das Paar, bekommt einen Jungen und ein Mädchen und geht nach New York. »Ich war ein kleines jüdisches Mädchen, das einen deutschen Prinzen geheiratet hat.« 

Als »Prinz und Prinzessin von der Park Avenue« werden die Fürstenbergs zu Lieblingen der New Yorker Szene. Andy Warhol, Francesco Clemente und Helmut Newton porträtieren Diane von Fürstenberg. Die bringt abends die Kinder ins Bett - und geht dann in den legendären Club »Studio 54«.

Aber das Party-Luxus-Leben reicht ihr nicht, sie will es sich und allen beweisen und startet ihr Mode-Business. »Ich wollte nie von jemandem abhängig sein, ob von meinem Vater oder meinem Mann.« Von Egon von Fürstenberg lässt sie sich wieder scheiden. 

2001 heiratet Fürstenberg, die sich in den USA der Einfachheit halber oft auch Furstenberg nennt, den US-Medienmogul Barry Diller. Das Paar zeigt sich häufig auf den roten Teppichen New Yorks und setzt sich mit einer gemeinsamen Stiftung und viel Geld beispielsweise für Park-Projekte wie die »High Line« ein, eine begrünte ehemalige Eisenbahntrasse in New York. Zuletzt finanzierten die beiden »Little Island«, einen Park auf dem Hudson River an der Westseite Manhattans. »Ich bin stark, neugierig und liebe das Leben«, sagt Fürstenberg. »Ich bin eine Abenteurerin und beiße in das Leben wie in einen Apfel.« 

Ihr Mode-Unternehmen führte Fürstenberg durch Höhen und Tiefen - und jüngst auch durch die Corona-Pandemie. Hauptsächlich von ihrem Anwesen im US-Bundesstaat Connecticut aus steuerte sie ihre Firma auch mithilfe von digitalem Wandel durch eine Krise. »Ich witzele immer, wie froh ich bin, dass ich alt genug bin, um im »Studio 54« gewesen zu sein, und jung genug, um Teil der digitalen Revolution zu sein.« 

Neben dem »Wrap Dress« verkauft die vierfache Großmutter längst auch unter anderem Schuhe, Handtaschen, Schals, Brillen und Schmuck - und schreibt Bücher. »Ich war Designerin, hatte Erfolge und Rückschläge. Ich habe alles gesehen. Und jetzt will ich meine Macht, meine Erfahrungen, mein Wissen und mein Netzwerk nutzen, um Frauen auf der ganzen Welt dabei zu helfen, diejenigen zu werden, die sie sein wollen. Ich will ein Orakel sein.«

Die nächste Generation steht unterdessen schon bereit. Enkeltochter Talita, derzeit noch Studentin, wird Schritt für Schritt in das Unternehmen eingebunden. »Als sie neun Jahre alt war, habe ich sie schon mit zu einer einwöchigen Modenschau in Florenz genommen und sie schien komplett in ihrem Element - sie hat dabei geholfen, die Models auszusuchen und zu stylen«, sagt Fürstenberg - und ihre Enkeltochter ergänzt: »Ich sehe das so: Deine Mutter trug DVF und vielleicht sogar auch schon deine Großmutter, aber ich kann jetzt ein bisschen etwas Frischeres und Jüngeres einbringen.« Oma nenne sie Fürstenberg dabei natürlich nicht, sagt Talita. »Ich nenne sie DVF. Sie nennt mich TVF. Das ist bei uns in der Familie so.« (Christina Horsten)

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