Militärtechnologie

Höher, schneller, tödlicher

»Wir dachten zuerst, ein UFO sei in unserem Garten gelandet«, berichtet Reyna Hinojo aus El Paso in Texas. Doch es waren keine Aliens, die sich im Dezember 2011 auf die Craddock Avenue nahe dem Rio Grande in unmittelbarer Nachbarschaft zu Mexiko verirrt hatten, sondern ein »Unmanned Aerial Vehicle« (UAV) – besser bekannt unter der Bezeichnung Drohne.

»Mit unseren Nachbarn haben wir das Ding erst einmal in den Hof geschoben und die Polizei verständigt.« Die Ordnungshüter identifizierten das Flugobjekt als eine Hermes 450, hergestellt von Elbit Systems in Israel, die von den mexikanischen Behörden eingesetzt wird, um das Grenzgebiet zu den Vereinigten Staaten zu überwachen. Kurzerhand wurde die Drohne auf einen Pick-up-Truck gehievt und den Kollegen auf der anderen Seite des Flusses übergeben. »Eigentlich hätten wir nicht überrascht sein sollen«, so Hinojo. »Denn über unserem Gebiet fliegen die ganze Zeit Helikopter oder eben diese Drohnen.«

Grenzkontrolle Rund ein Dutzend Hermes 450 sind bereits im Einsatz und liefern aus einer Höhe von bis zu 5500 Metern Informationen an die Grenzpolizei am Boden. Und für 50 Millionen Dollar kauften die Mexikaner nun die Hermes 900, die doppelt so hoch fliegt und bis zu 40 Stunden in der Luft bleibt. Zudem soll sie eine zusätzliche Last befördern können, wobei die Antwort noch aussteht, ob es sich dabei um Waffen handelt. Auf jeden Fall ist die Hermes 900 bestens geeignet, um Drogenschmugglern und Menschenhändlern das Leben schwer zu machen.

Doch nicht nur in Lateinamerika ist der jüdische Staat gut im Geschäft, wenn es um UAVs geht. »Israel ist einer der größten Produzenten von Drohnen weltweit«, berichtet Jacques Chemia, Chefingenieur des UAV-Geschäftszweiges von Israel Aircraft Industries (IAI) nicht ohne Stolz. »Wir haben bereits weit mehr als 1000 Exemplare in über 42 Länder exportiert.« Sogar Russland ging in Israel auf Einkaufstour, um UAV-Hightech zu erwerben. Das war im Jahr 2009 und das erste Mal überhaupt, dass Moskau Waffen aus dem Ausland bezogen hatte.

Und auch die Bundeswehr zeigt jetzt verstärkt Interesse. Bis zur Jahresmitte will man über die Anschaffung neuer und bewaffneter Aufklärungsdrohnen mittlerer Reichweite entscheiden. Ob die Geräte dann in Amerika oder in Israel eingekauft werden, ist noch offen, eine europäische Option aus dem Hause EADS steht wohl erst in einigen Jahren zur Verfügung. »Wir brauchen ein gemeinsames Drohnenprojekt in Europa, oder wir werden das Feld in Zukunft den Israelis und Amerikanern überlassen«, fordert EADS-Chef Tom Enders deshalb schon lange.

Lautlos Dabei setzt die Bundeswehr bereits seit 2010 auf israelische Technik und hat damit in Afghanistan offensichtlich gute Erfahrungen gemacht. Drei Drohnen vom Typ Heron 1 liefern Tag und Nacht Bildmaterial aus maximal 9000 Metern Höhe. Gegenüber den bis dahin benutzten Tornado-Aufklärern haben sie den Vorteil, auch Videos, Infrarot- und Radar-Daten übertragen zu können. Diese werden anschließend über ein Remote-Video-Terminal weitergeleitet. Gerne wird die Heron 1 auch zum Schutz von Bundeswehrkonvois eingesetzt. Lautlos fliegt sie vor den Fahrzeugen und kann so frühzeitig vor Gefahren warnen.

Doch bevor es an den Hindukusch ging, war erst einmal Training angesagt. In sechswöchigen Lehrgängen übten deutsche Piloten vor Ort in Israel den Umgang mit der Überwachungstechnik. Im Herbst 2014 ist aber Schluss, denn die Drohnen sind nur geleast, und dann läuft der Vertrag aus. Zudem kann die von der Bundeswehr benutzte Heron 1 nur Aufklärungsarbeit leisten und nicht aktiv in das Kampfgeschehen eingreifen. Genau das aber wünscht sich nun das Verteidigungsministerium in Berlin.

Präzision Israel setzt alles daran, seine Technologieführerschaft in Sachen Drohnen auszubauen. So flog jüngst eine Heron mehrere Tage lang über die Anden, um ihre Leistungsfähigkeit auch auf extrem schwierigem Terrain zu beweisen. Wie präzise die Heron auch zu töten vermag, zeigte sich zu Beginn des letzten Gaza-Konflikts. Auf dem von der Drohne gesendeten Video ist zu sehen, wie ein vollbesetzter Minibus hinter dem Wagen der Zielperson, dem Hamas-Militärchef Ahmed Dschabaris, fährt. Erst als zwischen beiden Fahrzeugen ein sicherer Abstand zu erkennen ist, wird die Rakete ab-geschossen, die dann auch nur den Terroristen trifft, sonst aber niemanden.

Und im Oktober wurde die maritime Version der Heron präsentiert. Ihre Aufgabe soll es sein, die Erschließung der vor Israels Küste entdeckten Erdgasfelder vor möglichen Angriffen zu schützen. Nur 1200 Kilo schwer, ist sie vollgestopft mit hochmoderner Elektronik. Aus einer Höhe von fast zwei Kilometern kann die Heron selbst die Flagge eines Schiffes erkennen und in Echtzeit die Bilder an das Kontrollzentrum senden, den Funkverkehr auf verdächtige Kommunikation abscannen und sogar dechiffrieren. Via Satellit ist sie steuerbar, was ihren Aktionsradius noch vergrößert. Nur UFOs können vielleicht mehr.

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