NS-Medizin

Heilen und Töten

1946 begann in Nürnberg der Prozess gegen 23 deutsche Ärzte, Wissenschaftler und NS-Funktionäre wegen Medizinverbrechen. Die Anklageschrift ist ein Dokument des Grauens. Ein von der Bundesärztekammer angestoßener Forschungsbericht gibt jetzt einen Überblick über alles, was man heute über die Verbrechen der Ärzte weiß.

Medizin im Nationalsozialismus ist ein breit erforschtes Gebiet, wie der Leiter des Stuttgarter Instituts für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung, Robert Jütte, sagt. Der Mitautor der neuen Studie Medizin und Nationalsozialismus sieht aber auch noch große Forschungslücken etwa zum Schicksal jüdischer Mediziner.

Für die Nazis hatten Ärzte eine zentrale Aufgabe. Den NS-Ideologen ging es um die Befreiung des »Volkskörpers« von angeblich Minderwertigen. Schauplatz eines Massenmords waren die Heil- und Pflegeanstalten. Mindestens 300.000 psychisch kranke und geistig behinderte Menschen wurden ermordet. »Heilen und Töten waren für die der NS-Diktatur hörigen Ärzte zwei untrennbar miteinander verknüpfte Handlungsstrategien«, stellt der Forschungsbericht fest. Mit 45 Prozent lagen die Ärzte bei der NSDAP-Mitgliedschaft laut Jütte unter den Berufsgruppen mit an der Spitze.

Menschenversuche Die Verbrechen des Auschwitz-Arztes Josef Mengele sind bekannt. Auch in anderen Lagern gab es grausame Menschenexperimente. Absichtliche Tötung hatten erstmals die Versuche des Stabsarztes der Luftwaffe, Sigmund Rascher, in Dachau zum Ziel: Er wollte herausfinden, wie lange Piloten im kalten Meer überleben können. Hunderte wurden allein in Buchenwald durch vorsätzliche Infizierung mit Fleckfieber getötet. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft finanzierte Versuche mit Malaria in Dachau, Buchenwald und Pfaffenrode. In Auschwitz wurden Kinder mit Brandwunden am ganzen Körper malträtiert.

1933 waren rund 8.000 der 52.000 Mediziner in Deutschland Juden. Unmittelbar nach der Machtübernahme entzogen die Nazis den ersten 3.000 die Praxis. Viele Ärzte, die mitmachten, hätten materielle Motive gehabt, sagt Hoppe. Die Vertreibung ihrer jüdischen Kollegen und expandierende Gesundheitsdienste des Staates brachten den Medizinern – nach der Ärzteschwemme in den 20er-Jahren – neue Berufschancen. Der Forschungsbericht geht aber auch davon aus, dass eine Mehrheit der niedergelassenen Ärzte Juden und Zwangsarbeiter als Patienten versorgte.

Medien

Leon de Winter wird Kolumnist bei der »Welt«

Bekannt wurde er vor mehr als 30 Jahren mit Romanen wie »Hoffmanns Hunger«. Jetzt will der niederländische Autor Leon de Winter in Deutschland vermehrt als Kolumnist von sich hören lassen

von Christoph Driessen  29.04.2025

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  29.04.2025

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  29.04.2025

Berlin

Antisemitismusbeauftragter für alle Hochschulen soll kommen

Details würden derzeit noch im Senat besprochen, sagte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra

 29.04.2025

Jerusalem

Seltenes antikes Steinkapitell wird in Israel ausgestellt

Ein Fund aus dem Jahr 2020 gibt israelischen Archäologen Rätsel auf. Die Besonderheit des Steinkapitells aus römischer Zeit: Es ist mit einem mehrarmigen Leuchter - im Judentum Menorah genannt - verziert

 29.04.2025

Berlin

Jüdisches Museum erforscht Audio-Archiv von »Shoah«-Regisseur

Claude Lanzmann hat mit seiner epochalen Dokumentation »Shoah« Geschichte geschrieben. Das Jüdische Museum Berlin nimmt ein Doppeljubiläum zum Anlass, um das umfangreiche Recherchematerial des Regisseurs zu erschließen

von Alexander Riedel  29.04.2025

Köln

»Charlie Hebdo«-Überlebender stellt Comic zu NS-Raubkunst vor

»Zwei Halbakte« heißt ein 1919 entstandenes Gemälde von Otto Mueller. Die Geschichte des Kunstwerks hat der französische Zeichner Luz als Graphic Novel aufgearbeitet. Mit teils sehr persönlichen Zugängen

von Joachim Heinz  28.04.2025

Berlin

»Eine Zierde der Stadt«

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum im denkmalgeschützten Gebäude der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin-Mitte eingeweiht

 28.04.2025

Paris

»Bambi«-Neuverfilmung: Nah an Felix Saltens Original

Ganz ohne Spezialeffekte und Animation: In Michel Fesslers »Bambi«-Neuauflage stehen echte Tiere vor der Kamera. Das Buch wurde einst von den Nazis verboten

von Sabine Glaubitz  28.04.2025