Sound

Hebräische Stadtmusikanten

Singer/Songwriterin Noam Vazana Foto: Supreeta Singh

»Israel im Fokus« hieß 2013 das Motto von Deutschlands größter Jazzmesse, der »Jazzahead« in Bremen. Dieses Jahr ist zwar Dänemark das Gastland. Aber Israelis werden in der Hansestadt auch diesmal vom 24. bis 27. April ganz vorne mitspielen.

Drei der auftretenden Musiker – Shai Maestro, Shauli Einav und Oran Etkin – haben sich längst in der ersten Liga des internationalen Jazz etabliert. Eine Überraschung dagegen ist der Auftritt der jungen Israelin Noam Vazana, einer Singer/Songwriterin, die Piano und Posaune spielt. Alle vier Musiker haben ihre dieser Tage erscheinenden neuen Alben mit im Gepäck, auf denen einmal mehr deutlich wird, warum Jazz made in Israel international als Gütesiegel gehandelt wird.

Der 1987 geborene Pianist Shai Maestro spielt Klavier, seit er fünf Jahre alt ist. Er gilt als typischer Vertreter der viel diskutierten »Goldenen Generation« israelischer Jazzer. Seit seiner Trennung vom Avishai-Cohen-Trio, dem bekanntesten Jazzexport Israels, hat sich Shai Maestro auf erfolgreiche Solo-Pfade begeben. Sein eigenes Trio, bestehend aus dem Bassisten Jorge Roeder und dem Schlagzeuger Ziv Ravitz, hat mit The Road to Ithaca bereits das zweite herausragende Album vorgelegt.

Auch wenn sich bei den zehn neuen Songs zeigt, dass die Abnabelung vom Großmeister Avishai Cohen nicht restlos vollzogen ist, so wird dort doch deutlich, was die Qualität von Maestros Musik ausmacht: Die Öffnung des Jazz für Songelemente des Pop wird mit größter Virtuosität betrieben, wobei die weite israelische Musiklandschaft zwischen Piyut und Schlager fruchtbar gemacht wird.

klassisch
Maestros Formenreichtum ist besonders augenfällig, kontrastiert man ihn mit einem eher klassisch agierenden Jazzmusiker wie Shauli Einav. Der 1982 in Israel geborene Saxofonist hat sich durch die amerikanische Jazzszene New Yorks durchgespielt und ist dabei mit einer Vielzahl von Jazz-Altmeistern aufgetreten.

Seinen ureigenen Ton hatte Einav längst gefunden, als er vor zwei Jahren nach Paris übergesiedelt ist. Auf seinem neuen Album The Truth About Me hat Einav seine israelische Seite eher in den Hintergrund gerückt. Weder sind seine Bandmitglieder Landsleute, noch haben seine Songs hebräische Titel.

Ähnlich das neue Album Gathering Light des Bassklarinettisten Oran Etkin. Sieht man ab von dem israelischen Song »Shirim Ad Kan« und dem jiddischen Klassiker »Der Gasn Nign« bietet die CD wenig spezifisch Israelisches oder Jüdisches. Auch Etkins Mitmusiker haben mit Israel nichts am Hut: Der Schlagzeuger Nasheet Waits und der Bassist Ben Allison, mit denen der Klarinettist sein aktuelles Tour-Trio bildet, werden durch die Gastmusiker Lionel Loueke an der Gitarre und Curtis Fowlkes an der Posaune ergänzt.

Etkin zählt zu den renommiertesten israelischen Jazzmusikern, weil sich zu seinem technischen Können eine enorme Neugier auf exotische Klänge gesellt. Seine letzte CD Kalemia war stark von der Musik Malis beeinflusst. Die meisten neuen Songs basieren auf Motiven, die auf Tourneen durch Fernost entstanden.

pop Die vierte im Bunde, Noam Vazana, hat die kürzeste Anreise zur Bremer Jazzmesse. Die Sängerin, Pianistin und Posaunistin lebt seit ein paar Jahren in den Niederlanden. Vazanas Musik ist streng genommen eigentlich kein Jazz, sondern mehr dem Pop zuzuordnen. Das machen auch die elf Songs ihres neuen Albums Love Migration deutlich.

Aber die junge Musikerin macht nicht nur Pop. Mit der indischen Sängerin Suchita Parte hat sie neben Bollywood-Stücken auch das Schabbatlied »Malachei Hascharet« vertont. Und ihr Projekt »East Meets Best« mit israelischen und palästinensischen Musikern reflektiert Vazanas nicht ganz spannungsfreie Herkunft als Tochter einer israelischen Mutter und eines palästinensischen Vaters. Die Stücke der noch nicht einmal 30-Jährigen kommen sehr persönlich und unmittelbar daher. »Ich glaube, dass ich eine starke Message in mir trage, die ich mit meinen Mitmenschen teilen muss.«

www.jazzahead.de

Dresden

Jüdische Woche eröffnet

Das Event bietet bis Sonntag Tanz, Theater, Ausstellungen, Konzerte, Lesungen und Gesprächsrunden

 24.10.2025

Malerei

Zwischen den Welten

Südafrikanerin, Deutsche, Jüdin: Das Berliner Brücke-Museum würdigt die vergessene Expressionistin Irma Stern mit einer großen Ausstellung

von Bettina Piper  23.10.2025

Shkoyach!

Der Belarusse ist einer, der Birkensaft liebt

Wenn man sich schon auf eine komplizierte Sprache, andere Umgangsformen und ein gewöhnungsbedürftiges Klima einlässt, dann soll einem wenigstens das heimische Essen Halt geben: Unser Autor kostet noch einmal das Lieblingsgetränk seiner Kindheit

von Eugen El  23.10.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 23. Oktober bis zum 31. Oktober

 23.10.2025

Netflix-Serie

»Nobody Wants This«: Zweite Staffel ab heute verfügbar

Keine Produktion seit »Srugim« habe Rabbiner und Synagogen so unterhaltsam dargestellt, heißt es in israelischen Medien. Ab heute geht es in die nächste Runde

 23.10.2025

Zahl der Woche

384 Betten

Fun Facts und Wissenswertes

 21.10.2025

Rezension

Constantin Schreiber zwischen Hass und Hoffnung

Auch in der fünften Folge seiner Late-Night-Show geht es Constantin Schreiber darum, dass die Menschen miteinander reden. Nur zu Israel will sich niemand so richtig äußern

von Sophie Albers Ben Chamo  21.10.2025

Rock-Legende

Grenzgänger zwischen Jazz und Rock: Manfred Mann wird 85

Der jüdische Musiker tritt seit 63 Jahren mit seinen Bands auf. Schon in den nächsten Tagen sind Konzerte in Deutschland vorgesehen

von Imanuel Marcus  20.10.2025

Los Angeles

Gene Simmons beklagt mangelndes Verständnis für Israel

Es gebe auch viele jüdische »Idioten«, die nicht verstünden, was im Nahen Osten passiere, sagt der Kiss-Rocker

 20.10.2025