Interview

»Gemeinsames geistiges Ethos«

Herr Kadish, das Touro College bietet in Kooperation mit der Yeshiva Gedola Berlin ein neues Programm an – Betriebswirtschaft und Torastudium. Was ist das Besondere daran?
Wir wollen jungen Menschen in Deutschland die Möglichkeit bieten, gleichzeitig Tora zu studieren und eine universitäre Ausbildung zu erhalten. Die jüdische Gemeinschaft braucht Botschafter in der Arbeitswelt, die die Menschen um sich herum positiv beeinflussen und gleichzeitig ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Ein solches Programm in Berlin anzubieten, an einem Ort, an dem sich jüdisches Leben in den vergangenen Jahren so enorm entwickelt, ist für uns sehr aufregend.

Sie selbst haben in einer Jeschiwa gelernt. In Deutschland genießt eher die akademische Ausbildung höheres Ansehen. Warum nun eine Kombination aus beidem?
In unserer Geschichte begegnet man einer langen Tradition jüdischer Gelehrter, die akademische Grade erlangt haben. Sicher brauchen wir Menschen, die sich ausschließlich jüdischen Studien widmen. Aber es gibt auch eine ebenso wichtige andere Tradition: von Menschen, die Tora studieren und auch in der Wissenschaft oder im Arbeitsleben produktiv sind. Diese Tradition geht auf die talmudische Zeit zurück und führt über Maimonides bis in unsere Tage. Das ist ein Ideal, seine Aufgabe in dieser Welt zu erfüllen. So wichtig die universitäre Ausbildung für die geistige Entwicklung ist, so wichtig ist auch das Studium der Tora. Denn dies ist nicht nur die Verwirklichung von Gottes Willen – es hat auch die klügsten Köpfe des jüdischen Volkes vereint, die über Jahrtausende hinweg zu einem gemeinsamen geistigen Ethos beigetragen haben.

Welche konkreten Vorteile hat ein Rabbiner mit Wirtschaftskenntnissen – oder ein Geschäftsmann mit rabbinischem Wissen?
Aus halachischer Sicht ist es gut, seinen eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. Aber das muss mit Respekt gegenüber dem Gesetz und anderen Menschen einhergehen. Zwar kann man das lernen, indem man sich mit Menschen umgibt, die über ethische Werte verfügen. Aber das Torastudium – das Verständnis unserer Aufgabe in dieser Welt – vertieft dieses Wissen. Das heißt nicht, dass es immer funktioniert. Im Allgemeinen glaube ich aber, dass das Studium der Tora dazu führt, über die ethischen Auswirkungen unserer Entscheidungen nachzudenken. Es gibt viele Hinweise in unseren Schriften, dass das Torastudium das Ideal ist. Für junge Menschen ist unser Angebot der richtige Weg: eine Mischung aus dem Besten, was das amerikanische und deutsche Bildungssystem zu bieten haben.

Warum haben Sie die Yeshiva Gedola Berlin als Partner ausgewählt?
Touro arbeitet weltweit mit vielen verschiedenen Partnern zusammen. Für zukünftige Programme treten wir auch gerne mit anderen jüdischen Bildungseinrichtungen in Kontakt. Aber hier in Berlin haben wir mit der Yeshiva Gedola eine Gruppe wunderbarer jüdischer Lehrer und Denker gefunden, mit denen wir nun eine Zusammenarbeit beginnen.

Mit dem Präsidenten des Touro College sprach Detlef David Kauschke.

Chemnitz

Sachsen feiert »Jahr der jüdischen Kultur«

Ein ganzes Jahr lang soll in Sachsen jüdische Geschichte und Kultur präsentiert werden. Eigens für die Eröffnung des Themenjahres wurde im Erzgebirge ein Chanukka-Leuchter gefertigt

 03.12.2025

TV-Tipp

»Fargo«: Spannend-komischer Thriller-Klassiker der Coen-Brüder

Joel und Ethan Coen erhielten 1997 den Oscar für das beste Originaldrehbuch

von Jan Lehr  03.12.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 4. Dezember bis zum 10. Dezember

 03.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  02.12.2025 Aktualisiert

TV-Kritik

Allzu glatt

»Denken ist gefährlich«, so heißt eine neue Doku über Hannah Arendt auf Deutsch. Aber Fernsehen, könnte man ergänzen, macht es bequem - zu bequem. Der Film erklärt mehr als dass er zu begeistern vermag

von Ulrich Kriest  02.12.2025

Streaming

Gepflegter Eskapismus

In der Serie »Call my Agent Berlin« nimmt sich die Filmbranche selbst auf die Schippe – mit prominenter Besetzung

von Katrin Richter  02.12.2025

Jean Radvanyi

»Anna Seghers war für mich ›Tschibi‹«

Ein Gespräch mit dem Historiker über die Liebesbriefe seiner Großeltern, Kosenamen und hochaktuelle Texte

von Katrin Richter  02.12.2025

TV-Kritik

Politisierende Ermittlungen

In »Schattenmord: Unter Feinden« muss eine arabisch-stämmige Polizistin den Mord an einem jüdischen Juristen aufklären

von Marco Krefting  02.12.2025

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025