»Maktub«

Gangster auf Abwegen

Krempeln ihr Leben um: die Schutzgeldeintreiber Chuma und Steve Foto: Netflix

Natürlich fällt einem sofort Quentin Tarantinos Gangster-Märchen Pulp Fiction ein, wenn brutale Mafia-Schergen einen Mordanschlag überleben und plötzlich in eine schwere Sinnkrise geraten. Aber die Netflix-Neuheit Maktub traut sich noch ein bisschen mehr, und das hat urisraelische Gründe.

Steve und Chuma sind Geldeintreiber. Sie speisen in vornehmen Jerusalemer Restaurants und verausgaben sich in kulinarischen Diskussionen, bevor sie den Geldumschlag einstecken – oder den zahlungsunwilligen Lokalbesitzer blutig schlagen. Eines Tages jedoch ist eines ihrer auszupressenden Etablissements Ziel eines Terroranschlags, als sie sich gerade auf der Toilette über die Auswaschbarkeit von Granatapfelsaft streiten.

Mafiastyle Die beiden sind die einzigen Überlebenden und damit, so Chuma, für Höheres bestimmt. Er schleppt seinen Kollegen zur Kotel, um Gott zu danken. Dort stiehlt Steve eher zufällig einen Gebetszettel, in dem Chuma ein weiteres Zeichen sieht, und schließlich besuchen sie dessen Absender, um ihm seinen sehnlichen Wunsch zu erfüllen. Im Mafiastyle, natürlich.

So fängt es an, dieses Melodrama der besonderen Art. Denn Maktub (arabisch für Schicksal) ist nicht nur das Kinodebüt des in Israel gefeierten TV-Comedy-Duos Guy Amir (Chuma) und Hanan Savyon (Steve), es ist offensichtlich auch in liebevoller Anlehnung an die in den 70er-Jahren in Israel so beliebten Bourekas-Filme entstanden.

Gefühle werden hier nicht gestreift, sie werden bis zum Anschlag aufgedreht. Deshalb ist der Schmalz so honigsüß wie die Gewalt abstoßend blutig und die Geschichte immer wieder herrlich meschugge. Maktub holt den emotionalen Slapstick von Kultfilmen wie Hagiga BaSnuker oder Charlie Ve’hetzi ins neue Jahrtausend.

Geldkoffer Guy Amir und Hanan Savyon zelebrieren ihre so glaubwürdige wie wunderbare Chemie, wenn Steve und Chuma mit dem gestohlenen Geldkoffer des Mafia-Bosses ein neues Leben anfangen wollen. Der eine möglichst weit weg, aber ganz nah bei sich; der andere zu Hause in Israel, aber als besserer Mensch. Und dann gibt es da noch einen kleinen Jungen, der sich seinen Papa zurückwünscht.

Mit Maktub kann man sich laut lachend auf die Schenkel klopfen, heulen wie ein Schlosshund und in vollem Maße die Absurditäten des Lebens genießen. So viel Uncoolness hätte Tarantino sich nie getraut.

»Maktub« läuft bei Netflix.

Genf

Entscheidung gefällt: Israel bleibt im Eurovision Song Contest

Eine Mehrheit der 56 Mitgliedsländer in der European Broadcasting Union stellte sich am Donnerstag gegen den Ausschluss Israels. Nun wollen Länder wie Irland, Spanien und die Niederlande den Musikwettbewerb boykottieren

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025

Medien

»Die Kritik trifft mich, entbehrt aber jeder Grundlage«

Sophie von der Tann wird heute mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt. Bislang schwieg sie zur scharfen Kritik an ihrer Arbeit. Doch jetzt antwortete die ARD-Journalistin ihren Kritikern

 04.12.2025

Antisemitismus

Schlechtes Zeugnis für deutsche Schulen

Rapper Ben Salomo schreibt über seine Erfahrungen mit judenfeindlichen Einstellungen im Bildungsbereich

von Eva M. Grünewald  04.12.2025

Literatur

Königin Esther beim Mossad

John Irvings neuer Roman dreht sich um eine Jüdin mit komplexer Geschichte

von Alexander Kluy  04.12.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter, Imanuel Marcus  04.12.2025

Show-Legende

Mr. Bojangles: Sammy Davis Jr. wäre 100 Jahre alt geworden

Er sang, tanzte, gab den Spaßmacher. Sammy Davis Jr. strebte nach Erfolg und bot dem Rassismus in den USA die Stirn. Der Mann aus Harlem gilt als eines der größten Showtalente

von Alexander Lang  04.12.2025

Preisvergabe

Charlotte Knobloch kritisiert Berichterstattung von Sophie von der Tann

Dass problematische Berichterstattung auch noch mit einem Preis ausgezeichnet werde, verschlage ihr die Sprache, sagt die Präsidentin der IKG München

 04.12.2025

Philosophie

Drang zur Tiefe

Auch 50 Jahre nach ihrem Tod entzieht sich das Denken Hannah Arendts einer klaren Einordnung

von Marcel Matthies  04.12.2025

Kulturbetrieb

»Wie lange will das politische Deutschland noch zusehen?«

Der Bundestagskulturausschuss hörte Experten zum Thema Antisemitismus an. Uneins war man sich vor allem bei der Frage, wie weit die Kunstfreiheit geht

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025