Netflix

»Fauda« ist zurück

Das Warten hat ein Ende – zumindest für die Fans von Fauda, die nicht in Israel leben. Denn dort lief die vierte Staffel der Erfolgsserie bereits im Sommer vergangenen Jahres. Wieder einmal werden Doron Kabillio, gespielt von Lior Raz, und sein Team von Undercover-Agenten auf Terroristenjagd gehen.

Und wieder einmal werden sie dabei von einem Support-Team begleitet, das in einer Art Hightech-War-Room sitzt, Aufnahmen von Drohnen oder Straßenkameras auswertet und Handlungsanweisungen erteilt, die jedoch nicht immer befolgt werden. Oder etwas völlig Unvorhergesehenes durchkreuzt alle Pläne. Dann ist Chaos angesagt, also genau das, was das arabische Wort Fauda eigentlich bedeutet.

ABZUG Die Macher der Serie bleiben dem bewährten Schema von harter Action und wagemutigen Einsätzen, deren moralische Richtigkeit von den Akteuren stets aufs Neue hinterfragt und verhandelt wird, weiterhin treu. Das zeigt bereits der Trailer, in dem es zwischen Doron und seinen Vorgesetzten zur Konfrontation kommt. »Klar, ihr schlaft nachts gut«, stellt er sie zur Rede. »Noch ein Einsatz, noch eine gezielte Tötung, und ihr sorgt dafür, dass wir diejenigen sind, die den Abzug drücken!«, schreit er wütend. »Ich will nicht noch mehr Leute verlieren.«

Kaltblütige Killer, die immer alles im Griff haben, sehen anders aus. Doron, der seine Einheit gegen Ende der Staffel drei verlassen hat, kehrt also zurück und bleibt das jähzornige und emotional oftmals überforderte Gesicht der Serie. Oder wie es Hauptmann Gabi Ayub, der Top-Vernehmungsspezialist des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet in einer Szene auf den Punkt bringt: »Du bist nur ein kleines Kind, das nicht aufhören kann, sich selbst zu bemitleiden.«

Was in der vierten Staffel aber anders ist, sind die Schauplätze der Handlung. Diesmal geht es nicht nur im Westjor­danland oder Gazastreifen zur Sache, sondern ebenfalls im Libanon und in Belgien. Kurzum, Fauda internationalisiert sich, was gewiss auch der Tatsache geschuldet ist, dass die Serie eine weltweite Fangemeinde hat.

NEUZUGÄNGE Und weil in den Staffeln zuvor manche Personen aus Dorons Team unfreiwillig aus dem Leben geschieden sind, gibt es jetzt einige interessante Neuzugänge, allen voran die israelisch-palästinensische Polizistin Maya, eindrucksvoll verkörpert von Lucy Ayoub, einer prominenten arabisch-christlichen Fernsehmoderatorin und Slam-Poetin.

Doron Kabillio, der seine Einheit gegen Ende der dritten Staffel verlassen hat, kehrt zurück.

Sie und ihre Familie spielen eine zentrale Rolle. Denn Mayas Vater hat eine dunkle Vergangenheit. In einem früheren Leben agierte er in Dschenin als palästinensischer Informant für Hauptmann Gabi Ayub und lieferte so 2002 einige islamische Dschihad-Kämpfer ans Messer. Dummerweise wurde er als Verräter enttarnt, weshalb sein Leben in Gefahr war und die Familie nach Israel in Sicherheit gebracht wurde, wo sie dann auch weiter lebte, und zwar in Ramle.

kinder Dort wuchsen seine zwei Kinder auf, deren Vita nicht unterschiedlicher hätte verlaufen können. Während Tochter Maya bestens in der israelischen Gesellschaft integriert ist und eine bemerkenswerte Karriere bei der Polizei gemacht hat, fremdelte Sohn Omar in seiner Jugend stets mit Israel und verabschiedete sich irgendwann in den Libanon.

Doch die Kontakte zum Geheimdienst pflegte auch er weiter, weshalb sich Doron und Hauptmann Ayub nach Brüssel aufmachen, um ihn dort zu treffen. Aber diese Begegnung verläuft nicht nach Plan, und bald schon sehen sich Doron und sein Team in einer Auseinandersetzung mit einer bestens organisierten Terrorzelle, die wiederum der Schiiten-Miliz Hisbollah angehört.

Und genau deshalb ist der Libanon das neue Einsatzgebiet der Undercover-Agenten. Die Wahl Belgiens als Schauplatz außerhalb von Israel fiel nicht ganz zufällig. Das Land, das aufgrund seiner Geschichte reichlich dysfunktional ist, hat ein handfestes Islamistenproblem.

MOLENBEEK Und warum sollten israelische Agenten nicht einmal in dem berüchtigten Brüsseler Stadtteil Molenbeek unterwegs sein und es dort ordentlich krachen lassen? Das lenkt darüber hinaus vom palästinensisch-israelischen Konflikt ab, der in den ersten drei Staffeln der rote Faden war. Genauso wie die Tatsache, dass man sich nun mit der Hisbollah im Libanon, dem anderen »failed state«, auseinandersetzen muss. Wie zuvor Dschenin, Nablus oder der Gazastreifen handelt es sich dabei um einen Ort, dem Israelis trotz aller geografischen Nähe besser fernbleiben.

»Fauda war eine der beliebtesten Shows im Libanon, in Syrien, im Iran, in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in Bahrain und Katar«, wuss­te Doron-Kabillio-Darsteller Lior Raz, der gleichzeitig auch mitverantwortlich für das Drehbuch ist, kürzlich dem britischen Nachrichtenportal »Jewish News« zu berichten.

Die prominente arabisch-israelische Moderatorin Lucy Ayoub verkörpert
die Polizistin Maya.

»Erst vor ein paar Wochen war ein riesiges Foto von mir auf der Titelseite einer der größten ägyptischen Zeitungen zu sehen«, erzählte er. »Ich war besorgt, weil ich dachte, ich sei zur Fahndung ausgeschrieben. Aber eigentlich ging es darum, zu beleuchten, wie die Serie die Art und Weise verändert hat, wie junge Menschen uns Israelis sehen. Früher kannten sie uns praktisch nur als Nazis – so jedenfalls wurden wir dargestellt –, aber jetzt verstehen sie besser, wer wir sind.«

Auch in Israel brachte Fauda wohl einige zum Nachdenken, berichtete Lior Raz: »Personen aus dem rechten politischen Spektrum sagen uns: ›Das ist das erste Mal, dass wir Mitgefühl für die andere Seite empfinden.‹«

Die vierte Staffel von »Fauda« ist ab dem 20. Januar in Deutschland auf Netflix zu sehen.

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