Jubiläum

Ein Rechtsanwalt und Gentleman

Louis Begley Foto: dpa

Jubiläum

Ein Rechtsanwalt und Gentleman

Der amerikanische Schriftsteller Louis Begley wird 80 Jahre alt

von Wolf Scheller  04.10.2013 10:57 Uhr

Der angesehene New Yorker Wirtschaftsanwalt Albert Schmidt, genannt »Schmidtie«, gehört zu den prominenten Helden aus der Romanwelt des ansonsten überaus diskreten Louis Begley, der sich Anfang der 90er-Jahre mit Lügen in Zeiten des Krieges in die Weltliteratur eingeschrieben hat.

»Schmidtie« und andere Figuren aus Begleys Gesellschaftsromanen gehören zum Ostküstenmilieu alternder Anwälte und Finanzleute, die ihrem Lebensabend und Tod entgegensehen und sich mit der trüben Erkenntnis herumschlagen, vergeblich um die Achtung einer Gesellschaft gekämpft zu haben, die ihnen im Grunde ihres Herzens ziemlich schnuppe ist.

Romane wie Mistlers Abschied oder Der Mann, der zu spät kam erzählen von diesem Typus eleganter und hochgebildeter Herrschaften, deren meist jüdischer Hintergrund die Frage nach der gesellschaftlichen Zugehörigkeit thematisiert – so wie beim Autor selbst. Als eingewanderter Jude in Amerika hat Begley sein Leben lang all die kleinen Zeichen und Signale registriert, an denen sich zeigt, ob man angekommen, aufgenommen worden ist – oder nicht.

Rechtsanwalt Der vor 80 Jahren, am 6. Oktober 1933, im ostpolnischen, heute ukrainischen Stry geborene Louis Begley, der ursprünglich Ludwig Begleiter hieß, entging als Jugendlicher mit falschen »arischen« Papieren der Schoa. Nach dem Krieg emigrierte er in die USA. Er wurde Rechtsanwalt, obwohl er in Harvard nicht nur Jura, sondern auch Literatur studiert hatte, und trat 1968 als Sozius in eine renommierte New Yorker Kanzlei ein.

Mit Lügen in Zeiten des Krieges, der autobiografisch inspirierten Geschichte eines polnischen-jüdischen Jungen, der durch abenteuerliche Verstrickungen und fantasievolle Verleugnung seiner Identität der Verfolgung und Ermordung durch die Deutschen entgeht, beschrieb Begley auch den eigenen lebensgeschichtlichen Kosmos.

Das Buch war bei seinem Erscheinen 1991 in den USA ein Riesenerfolg, der den zum Autor mutierten Juristen Begley auf einen Schlag berühmt machte. Die folgenden Romane beeindruckten die Kritiker durch ihre hoch disziplinierte, oft aber auch allzu glatte Prosa, die Begley als eine Art Schutzwall einsetzte, hinter dem er seine eigenen Lebensbrüche verbarg: Ehrensachen, Wie Max es sah und die Schmidtie-Romane, in deren Hauptfiguren die Leser unschwer ein Alter Ego des Autors erkennen konnten. Vor allem seine frühen Bücher beendete Begley oft mit bösen Pointen. Erst in den letzten Jahren öffnete er seinen Protagonisten eine neue Zukunft.

11. September Einen Bruch markierte für Louis Begley, der bis dahin auf sein Adoptivland nichts kommen ließ, der »Krieg gegen den Terror« nach dem Anschlag vom 11. September 2001. Die Rechtsbrüche in Guantánamo und im Kampf gegen Al Qaida sieht er heute als moralische Niederlage der USA – nachzulesen in seinem klugen und scharfzüngigen Buch über die Dreyfus-Affäre.

In diesem Essay mit dem Untertitel Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte zieht er eine Parallele zu den Rechtsverletzungen der Regierung von George W. Bush, was zunächst waghalsig klingt, bei näherer Betrachtung aber durchaus eigene Logik gewinnt. Heute, im Zeichen der NSA-Abhöraffäre, ist Louis Begleys damalige Warnung, dass »die Wahl zwischen unserer Sicherheit und unseren Idealen« eine falsche Alternative ist, aktueller denn je.

Rache

»Trigger-Thema« für Juden

Ein Filmseminar der Jüdischen Akademie untersuchte das Thema Vergeltung als kulturelle Inszenierung

von Raquel Erdtmann  01.12.2025

Wuppertal

Schmidt-Rottluff-Gemälde bleibt in Von der Heydt-Museum

»Zwei Frauen (Frauen im Grünen)« von Karl Schmidt-Rottluff kann im Von der Heydt Museum in Wuppertal bleiben. Nach Rückgabe an die Erbin erwarb die Stadt das Bild von ihr. Vorausgegangen waren intensive Recherchen zur Herkunft

 01.12.2025

Dorset

»Shakespeare In Love« - Dramatiker Tom Stoppard gestorben

Der jüdische Oscar-Preisträger war ein Meister der intellektuellen Komödie. Er wurde 88 Jahre alt

von Patricia Bartos  01.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Fernsehen

Abschied von »Alfons«

Orange Trainingsjacke, Püschelmikro und Deutsch mit französischem Akzent: Der Kabarettist Alfons hat am 16. Dezember seine letzte Sendung beim Saarländischen Rundfunk

 30.11.2025 Aktualisiert

Gerechtigkeit

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz 

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz Jahrzehnte nach Ende des NS-Regimes hoffen Erben der Opfer immer noch auf Rückgabe von damals geraubten Kunstwerken. Zum 1. Dezember starten Schiedsgerichte. Aber ein angekündigter Schritt fehlt noch

von Verena Schmitt-Roschmann  30.11.2025

Berlin

Späte Gerechtigkeit? Neue Schiedsgerichte zur NS-Raubkunst

Jahrzehnte nach Ende der Nazi-Zeit kämpfen Erben jüdischer Opfer immer noch um die Rückgabe geraubter Kunstwerke. Ab dem 1. Dezember soll es leichter werden, die Streitfälle zu klären. Funktioniert das?

von Cordula Dieckmann, Dorothea Hülsmeier, Verena Schmitt-Roschmann  29.11.2025

Interview

»Es ist sehr viel Zeit verloren gegangen«

Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, zieht eine Bilanz seiner Arbeit an der Spitze der »Beratenden Kommission NS-Raubgut«, die jetzt abgewickelt und durch Schiedsgerichte ersetzt wird

von Michael Thaidigsmann  29.11.2025

Hollywood

Die »göttliche Miss M.«

Die Schauspielerin und Sängerin Bette Midler dreht mit 80 weiter auf

von Barbara Munker  28.11.2025