»You’ll never walk alone«

Ein Lied geht um die Welt

Joachim Król im Gespräch mit Jürgen Klopp Foto: PR

Alles fing mit dem ungarischen Schriftsteller Ferenc Molnár an, einem assimilierten Juden, der 1934 das Drama Liliom über den gleichnamigen Karussell-Angestellten schrieb, der seine Frau schlägt, in den Himmel kommt und erneut für einen Tag auf die Erde darf. Aber Liliom lernt nicht dazu, bleibt ein Menschenzerstörer und gleicht damit seinem Erfinder Molnár, dem ebenfalls zuweilen die Hand ausrutschte. »Molnár war ein Arschloch, aber ein genialer Schriftsteller«, lautet eine viel zitierte Charakterisierung des Autors von einem Zeitgenossen.

Molnár pendelte zwischen Budapest und Wien und floh schließlich ins amerikanische Exil. Hier verkaufte er 1945 seinen Theaterstoff an das Musiker-Duo Richard Rodgers und Oscar Hammerstein. Sie verlegten die Handlung in die USA und nannten ihr neues Musical Carousel.

Hammerstein schrieb aufwendige Texte, und Rodgers kippte Herzschmerz-Musik dazu. Von ihm stammt der legendäre Satz »Ich pinkel Melodien«. Als die britische Band »Gerry & The Pacemakers« die Ballade 1963 aufnahm, rutschte sie in die Top Ten – und damit ins Liverpooler Football-Stadion. Seither ist »You’ll Never Walk Alone« die berühmteste Hymne im Fußball.

dialoge Nun hat der Regisseur André Schäfer für seinen neuen Dokumentarfilm You’ll Never Walk Alone den Schauspieler Joachim Król auf Reisen geschickt, einen begeisterten Fußballfan, aber eher mittelmäßigen Interviewer. Meist beschränkt er sich auf Fragen wie »Wo sind wir denn hier?«. In die Tiefe geht es nur selten, und einige Dialoge wirken hölzern und gescriptet.

Dennoch sammelt Król schöne Zitate ein: beim Schriftsteller-Enkel (»Molnar war immer bereit, von jedem benutzt zu werden«) und bei Bandleader Gerry Marsden etwa, der entzückend über den alten Ruhm plaudert und den Song als »Gebet« feiert. Liverpool-Trainer Jürgen Klopp (»Das Lied schafft Zusammenhalt«) oder Campino bleiben eher oberflächliche Stichwortgeber.

Manchmal driftet der Film weit ab und erzählt eher die Geschichte des BVB als die Details von »You’ll Never Walk Alone«. Vielleicht hätte ein Abpfiff nach einer Halbzeit diesem liebevollen Film über die 2:38-Minuten-Hymne ganz gut getan. Aber allein schon wegen der überraschenden und weitgehend unbekannten Geschichte der berühmtesten Fußballhymne der Welt ist You’ll Never Walk Alone ein Muss – für Fußball- und Musikliebhaber.

Streaming

»Bros«: Zwei Trottel, eine Bar

Die erste rein hebräischsprachige und israelische Original-Produktion für Netflix ist angelaufen

von Ayala Goldmann  18.04.2024

Interview

»Deutschland ist eine neurotische Nation«

Bassam Tibi über verfehlte Migrationspolitik, Kritik an den Moscheeverbänden und Ansätze für islamische Aufklärung

von Christoph Schmidt  18.04.2024

Verschwörungstheorien

Nach viel kritisiertem Israel-Hass-Video: Jetzt spricht Dieter Hallervorden

Der Schauspieler weist die Kritik an seiner Veröffentlichung zurück

 18.04.2024

Venedig

Israelhasser demonstrieren bei Kunstbiennale

Die Demonstranten forderten einen Boykott israelischer Künstler

 18.04.2024

Klassik

Eine Liebeserklärung an die Mandoline

Der israelische Musiker Avi Avital verleiht Komponisten wie Bach oder Vivaldi einen unverwechselbaren neuen Touch

von Christine Schmitt  18.04.2024

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 18.04.2024

Restitution

Bundesregierung will Herausgabe von NS-Raubkunst erleichtern

Gesetzentwurf sieht unter anderem einen Auskunftsanspruch gegenüber Personen vor, die NS-Raubkunst in Verkehr bringen

 17.04.2024

Berlin

Wenn aus Projektionen Projektile werden

Experten diskutierten bei einer Tagung der Bildungsabteilung im Zentralrat, wie anti-israelische Obsessionen wirken

von Mascha Malburg  17.04.2024

Philosophie

Mit Sartre gegen die Enge

Vincent von Wroblewskys Autobiografie »Vermutlich Deutscher« ist ein kleines Meisterwerk

von Marko Martin  17.04.2024