Literatur

»Ein fatales Einschüchterungssignal«

Monika Maron Foto: imago

Die Entscheidung des S. Fischer Verlags, keine Bücher der Schriftstellerin Monika Maron mehr zu publizieren, stößt bei prominenten deutschen Autoren auf heftige Kritik.

»Damit liefert man jenen Argumente, die glauben, sie leben in einem Meinungskorridor. Das ist unproduktiv«, sagte der Dichter und Essayist Durs Grünbein der Wochenzeitung »Die Zeit«: »Wir müssen wieder lernen, über Texte zu reden, nicht über Haltungen«, erklärte der Büchnerpreisträger von 1995 in der neuen Ausgabe der Wochenzeitung.

»Wir müssen wieder lernen, über Texte zu reden, nicht über Haltungen«, betont Durs Grünbein.

Maron, die im nächsten Jahr 80 Jahre alt wird, hat seit ihrem Debütroman »Flugasche« von 1981 bei S. Fischer 19 Bücher veröffentlicht, darunter viele Bestseller. Begründet hatte der Verlag die Trennung mit Marons Essayband in der »Exil«-Reihe der Loschwitzer Verlagsbuchhandlung von Susanne Dagen aus Dresden und dem Vertrieb dieser Reihe durch den vom Verfassungsschutz beobachteten neurechten Antaios-Verlag von Götz Kubitschek.

Die Autorin und Moderatorin der ZDF-Sendung »Das literarische Quartett«, Thea Dorn, bezeichnete die Entscheidung des Verlags S. Fischer als »fatales Einschüchterungssignal« an alle Autoren: »Wehe, ihr wandelt auf Abwegen! Wehe, ihr verstoßt gegen das moralische Reinheitsgebot!«

Sie frage sich, »wie in einem solchen Klima Literatur und Kunst noch gedeihen sollen, wie die immer krassere Polarisierung der Gesellschaft aufgehalten werden soll«. Auch Katja Lange-Müller, die wie Maron in den 80er Jahren aus der DDR in die Bundesrepublik ging, kritisierte in der »Zeit« den Umgang mit Maron.

»Wehe, ihr wandelt auf Abwegen! Wehe, ihr verstoßt gegen das moralische Reinheitsgebot!«

Monika Maron hatte in einem am Sonntag veröffentlichten Interview der »Welt« von einem »Rausschmiss« durch Fischer nach 40 Jahren gesprochen. Außerdem sagte sie: »Dass der politisch mir ferne Kubitschek die Bücher vertreibt, wusste ich nicht – zeigen Sie mir mal einen Autor, der sich um den Vertrieb kümmert.«

Nach Angaben eines Verlagssprechers bleiben die bei Fischer erschienenen Bücher von Monika Maron, wenn es nach dem Wunsch des Verlages geht, auch weiterhin im Programm. Ein Essayband, den sich die Autorin zu ihrem 80. Geburtstag gewünscht habe, sei bereits in der Frühjahrsvorschau angekündigt.

Maron wurde 1941 in Berlin als Tochter einer jüdischen Mutter geboren; sie wuchs in der DDR auf, 1988 verließ sie die DDR in Richtung Bundesrepublik und lebt seit 1993 wieder in Berlin. epd/ja

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Rache

»Trigger-Thema« für Juden

Ein Filmseminar der Jüdischen Akademie untersuchte das Thema Vergeltung als kulturelle Inszenierung

von Raquel Erdtmann  01.12.2025

Wuppertal

Schmidt-Rottluff-Gemälde bleibt in Von der Heydt-Museum

»Zwei Frauen (Frauen im Grünen)« von Karl Schmidt-Rottluff kann im Von der Heydt Museum in Wuppertal bleiben. Nach Rückgabe an die Erbin erwarb die Stadt das Bild von ihr. Vorausgegangen waren intensive Recherchen zur Herkunft

 01.12.2025

Dorset

»Shakespeare In Love« - Dramatiker Tom Stoppard gestorben

Der jüdische Oscar-Preisträger war ein Meister der intellektuellen Komödie. Er wurde 88 Jahre alt

von Patricia Bartos  01.12.2025

Fernsehen

Abschied von »Alfons«

Orange Trainingsjacke, Püschelmikro und Deutsch mit französischem Akzent: Der Kabarettist Alfons hat am 16. Dezember seine letzte Sendung beim Saarländischen Rundfunk

 30.11.2025 Aktualisiert

Gerechtigkeit

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz 

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz Jahrzehnte nach Ende des NS-Regimes hoffen Erben der Opfer immer noch auf Rückgabe von damals geraubten Kunstwerken. Zum 1. Dezember starten Schiedsgerichte. Aber ein angekündigter Schritt fehlt noch

von Verena Schmitt-Roschmann  30.11.2025

Berlin

Späte Gerechtigkeit? Neue Schiedsgerichte zur NS-Raubkunst

Jahrzehnte nach Ende der Nazi-Zeit kämpfen Erben jüdischer Opfer immer noch um die Rückgabe geraubter Kunstwerke. Ab dem 1. Dezember soll es leichter werden, die Streitfälle zu klären. Funktioniert das?

von Cordula Dieckmann, Dorothea Hülsmeier, Verena Schmitt-Roschmann  29.11.2025

Interview

»Es ist sehr viel Zeit verloren gegangen«

Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, zieht eine Bilanz seiner Arbeit an der Spitze der »Beratenden Kommission NS-Raubgut«, die jetzt abgewickelt und durch Schiedsgerichte ersetzt wird

von Michael Thaidigsmann  29.11.2025