Raubkunst

»Doppelter Raubzug«

Der »Fall Gurlitt« bezeichnet den bislang größten Fund von NS-Raubkunst. Foto: dpa

Dass der »Fall Gurlitt« den deutschen Behörden schon seit anderthalb Jahren bekannt war, sie aber bis zur Aufdeckung durch das Magazin Focus vor zwei Wochen diesen größten Fund von NS-Raubkunst verschwiegen haben, hat in den jüdischen Medien der USA und Großbritannien erhebliche Zweifel daran aufkommen lassen, wie ernst Deutschland es mit der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit wirklich meint.

»Deutschlands Nazivergangenheit ist zurück«, schreibt Jacob Heilbrunn in The National Interest. »Verzögerungstaktik war im Allgemeinen schon immer die deutsche Reaktion, wenn Verbrechen aus der Nazizeit öffentlich wurden, jedenfalls, wenn es darum ging, dafür Wiedergutmachung zu leisten.«

schande Mit »Deutschlands Schande« betitelt der Londoner Jewish Chronicle seinen Kommentar. »Während von der Bundesregierung die richtigen Gesten kommen«, so die führende jüdische Wochenzeitung Großbritanniens, »sind weiter unten in der Befehlskette die Einstellungen weit unveränderter geblieben. Viele scheinen mit dem Gedanken von Rückgabe nicht einverstanden zu sein und weigern sich, mehr als das rechtlich zwingende Nötigste zu tun«.

Das Zögern der deutschen Behörden stellt die in New York erscheinende Jewish Week auf eine moralische Stufe mit dem ursprünglichen Raub der Kunstwerke durch die Nazis: »Der größte doppelte Raubzug in der Kunstgeschichte« ist ein Bericht zum Thema betitelt.

schwarzes loch Das viel gelesene New Yorker jüdische Online-Kulturmagazin Tablet spricht von »einem enormen schwarzen Loch für potenzielle Restitutionsansprüche« und zitiert eine Reihe von Experten. Der New Yorker Anwalt Gary Osen, der in der Vergangenheit erfolgreich Restitutionsansprüche jüdischer Erben vertreten hat, wirft den deutschen Behörden »einen völligen Mangel an Taktgefühl« vor. Ihnen fehle »das Bewusstsein dafür, dass sie moralische Verantwortung dafür tragen, diesen Besitz zurückzugeben«.

Anne Webber, Co-Vorsitzende der Londoner »Commission für Looted Art in Europe«, nennt in Tablet den Umgang mit Raubkunst »Deutschlands Achillesferse« bei der Vergangenheitsbewältigung. Webber hat auch eine praktische Forderung. Die Informationen über den Münchner Fund, die die Bundesregierung versprochen hat, ins Netz zu stellen, sollten dort auch auf Englisch erscheinen: »Aufgrund der Geschichte sprechen die meisten, für die diese Informationen von entscheidender Wichtigkeit sind, kein Deutsch.«

Musik

»Piano Man« verlässt die Bühne: Letztes Billy-Joel-Konzert

Eine Ära geht zuende: Billy Joel spielt nach zehn Jahren vorerst das letzte Mal »Piano Man« im New Yorker Madison Square Garden. Zum Abschied kam ein Überraschungsgast.

von Benno Schwinghammer  26.07.2024

Zahl der Woche

16 Sportarten

Fun Facts und Wissenswertes

 26.07.2024

Lesen!

Ein gehörloser Junge und die Soldaten

Ilya Kaminsky wurde in Odessa geboren. In »Republik der Taubheit« erzählt er von einem Aufstand der Puppenspieler

von Katrin Diehl  25.07.2024

Ruth Weiss

»Meine Gedanken sind im Nahen Osten«

Am 26. Juli wird die Schriftstellerin und Journalistin 100 Jahre alt. Ein Gespräch über ihre Kindheit in Südafrika, Israel und den Einsatz für Frauenrechte

von Katrin Richter  25.07.2024

Streaming

In geheimer Mission gegen deutsche U-Boote

Die neue Action-Spionagekomödie von Guy Ritchie erinnert an »Inglourious Basterds«

von Patrick Heidmann  25.07.2024

Bayreuth

Das Haus in der Wahnfriedstraße

Die Debatten um Richard Wagners Judenhass gehen in eine neue Runde. Nun steht sein antisemitischer Schwiegersohn Houston Stewart Chamberlain im Fokus

von Axel Brüggemann  25.07.2024

Sehen!

»Die Ermittlung«

Der Kinofilm stellt den Aussagen der Zeugen die Ausflüchte der Angeklagten gegenüber

von Ayala Goldmann  25.07.2024

Kommentar

Der »Spiegel« schreibt am eigentlichen Thema vorbei

In seiner Berichterstattung über das Abraham-Geiger-Kolleg konstruiert das Magazin eine Konfliktlinie

von Rebecca Seidler  25.07.2024 Aktualisiert

Literatur

Dieses Buch ist miserabel. Lesen Sie dieses Buch!

Eine etwas andere Kurzrezension von Ferdinand von Schirachs Erzählband »Nachmittage«

von Philipp Peyman Engel  24.07.2024 Aktualisiert