Konzert

Disco trifft Schtetl

Nur mit Gänsehaut erinnert man sich an die 80er-Jahre-Hits von den Eurhythmics, Alphaville oder Modern Talking: Fiese Synthiesoße über einfältigem Keyboard-Rhythmus. Dennoch gibt es Retrofreaks, die so etwas heiß und innig lieben – vielleicht deshalb, weil sie damit groß geworden sind.

Zu ihnen zählt auch Vladimir Lomberg, ein Mann aus Moskau, der in seiner Jugend allzu viel Italo-Disco gehört hat. Das ist kein Widerspruch. Selbst zu Sowjetzeiten war klassenfeindliche Musik erreichbar und sei es nur in Form der Band Blue System. Dieses Nachfolgeprojekt von Modern Talking hat hierzulande wirklich keinen mehr hinterm Ofen hervorgelockt, aber in der Sowjetunion wurde Dieter Bohlen dafür noch 1989 offiziell zum »Held der russischen Jugend« gekürt.

Vokuhila Lombergs Retro-Sound, den er mit seiner Band Jewrhythmics auf seinem Debüt-Album »Serving the Chosen« vorstellt, dreht das Rad der Musikgeschichte weder vor noch zurück, aber er peppt solche Disco-Sounds mit jiddischen Gassenhauern auf. Und siehe da: In der Kombination von retro (Disco) und oll (Schtetl) entsteht etwas ganz Herzerfrischendes: »Chiribim« wird zur flotten Schwofnummer unter der Discokugel. Bei »Papirossn« schwillt mehr als nur das Schulterpolster, und bei »Kinder Yoren« kracht die Naht der Stonewashed-Karotte. Spätestens bei »Hava Nagila« darf der Vokuhila nachgefönt werden.

Lomberg hat die Musik seiner Jugend auch dann nicht verschmäht, als er Aliya gemacht hat. In Israel ist er sogar auf Gleichgesinnte gestoßen: zum Beispiel auf Joe Fleisch, der bei dem Song »Misrilou« mitsingt. Und er ist in Kontakt mit dem Frankfurter Label Essay Recordings gekommen, wo auch Shantel oder Yuriy Gurzhys Rotfront publiziert werden. Joe Fleisch und Yuriy Gurzhy spielen als Gäste auch bei den zwei Record-Release-Konzerten im Frankfurter Nachtleben (27. Januar) und im Berliner Lido (30. Januar).

Interview

»Die Zeit der Exzesse ist vorbei«

In ihrem neuen Buch »Glamour« setzt sich die Berliner Autorin Ute Cohen mit Schönheit und Eleganz auseinander. Dabei spielt auch Magie eine Rolle - und der Mut, sich selbst in einer »Zwischenwelt« inszenieren zu wollen

von Stefan Meetschen  17.12.2025 Aktualisiert

Potsdam

Kontroverse um Anne-Frank-Bild mit Kufiya

Ein Porträt von Anne Frank mit Palästinensertuch in einem Potsdamer Museum entfacht Streit. Während Kritiker darin antisemitische Tendenzen sehen, verteidigt das Museum das Bild. Die Hintergründe

von Monika Wendel  17.12.2025

Meinung

Der Missbrauch von Anne Frank und die Liebe zu toten Juden

In einem Potsdamer Museum stellt der Maler Costantino Ciervo das jüdische Mädchen mit einer Kufiya dar. So wird aus einem Schoa-Opfer eine universelle Mahnfigur, die vor allem eines leisten soll: die moralische Anklage Israels

von Daniel Neumann  17.12.2025

Nachruf

Albtraum in der Traumfabrik

Eine Familientragödie hat den Hollywood-Riesen und seine Frau aus dem Leben gerissen. An Rob Reiners Filmen voller Menschenliebe wie »Harry und Sally« ist eine ganze Generation mitgewachsen

von Sophie Albers Ben Chamo  17.12.2025

Theater

Die Krise des Schlemihl

»Sabotage« von Yael Ronen ist ein witziger Abend über einen Juden, der sich ständig für den Gaza-Krieg rechtfertigen muss

von Stephen Tree  17.12.2025

Forum

Leserbriefe

Kommentare und Meinungen zu aktuellen Themen der Jüdischen Allgemeinen

 17.12.2025

Zahl der Woche

30 Minuten

Fun Facts und Wissenswertes

 17.12.2025

Musik

Großes Konzert: Xavier Naidoo startete Tournee

Die Synagogen-Gemeinde Köln kritisiert: »Gerade in einer Zeit zunehmender antisemitischer Vorfälle ist es problematisch, Herrn Naidoo eine Bühne zu bieten«

 17.12.2025

"Imanuels Interpreten" (16)

Ethel Lindsey: Queer und funky

Die Französin mit israelischen Wurzeln bringt mit ihrem Debütalbum die 70er-Jahre zurück

von Imanuel Marcus  18.12.2025 Aktualisiert