Antisemitismus

»Die Vorgänge um die documenta erschüttern mich noch immer« 

Zentralratspräsident Josef Schuster Foto: imago images / epd

Zu Beginn des neuen jüdischen Jahres hat der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, die Vorgänge um die documenta als das erschütterndste Ereignis des vergangenen Jahres bezeichnet. Im Interview der »Welt am Sonntag« sagte er: »Die Vorgänge um die documenta erschüttern mich noch immer.«

Der Zentralrat habe bereits lange vor der Eröffnung die Sorge geäußert, dass es auf der Kunstausstellung zu israelbezogenem Antisemitismus kommen könnte. »Kulturstaatsministerin Claudia Roth hatte mir zugesichert, dass sie von der documenta-Leitung die Information habe, dass es keinen Antisemitismus auf der documenta geben würde. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, was dann mitten in Deutschland, in Kassel, geschah, mit öffentlichen Mitteln gefördert.«

Schuster sagte, die Ereignisse auf der documenta seien nicht aus dem Nichts gekommen. »Bereits in den vergangenen Jahren haben wir eine Entwicklung in diese Richtung gesehen, auch in der Kunst- und Kulturszene.« In den ersten Generationen nach dem Krieg habe man zur Schoa weitgehend geschwiegen, auch zur Frage der eigenen Schuld. »Mit zunehmendem zeitlichem Abstand erkennen Teile der Bevölkerung heute nicht mehr, was im Nationalsozialismus geschehen ist beziehungsweise es interessiert sie offenbar nicht. Klischeebilder und Ressentiments gegen Juden sind bis in die Mitte der Gesellschaft verbreitet.«

Mit der documenta sei eine »dunkelrote Linie überschritten« worden, sagte Schuster. Er stellte die künftige staatliche Finanzierung der Schau infrage. Es »kommt auf das zukünftige Konzept an«, fügte er hinzu. »Die documenta trägt als weltweit bedeutendste Ausstellung zeitgenössischer Kunst mit großer öffentlicher Wirksamkeit eine besondere moralische Verantwortung. Den Kuratoren muss klar sein, was in Deutschland geht und was in Deutschland nicht geht. Wenn das sichergestellt ist, hätte ich keine Bedenken gegen eine Förderung der öffentlichen Hand.« kna

TV-Tipp

Exil-Beziehung in Zeiten des Krieges: Arte-Doku zur Liebe von Erich Maria Remarque und Marlene Dietrich

Eine Arte-Doku zeichnet die Liebesbeziehung zwischen den deutschen Exil-Weltstars Marlene Dietrich und Erich Maria Remarque nach. Dabei setzt sie oft auf Interpretationen statt auf Fakten, hält aber dennoch die Balance

von Christian Bartels  03.09.2025

Fotografie

Doppelausstellung zu Helmut Newton in Berlin

Helmut Newton gehört zu den populärsten Modefotografen der Popkultur. Eine Doppelausstellung in Berlin beleuchtet nun seine Werke - und bringt sie mit Bildern anderer Künstler in einen Dialog

von Daniel Zander  03.09.2025

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  03.09.2025 Aktualisiert

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 4. September bis zum 11. September

 03.09.2025

Sachbuch

Die Gruppe 47, Günter Grass und die ersten »Shitbürger«

»WELT«-Herausgeber Ulf Poschardt rechnet in seinem neuen Bestseller »Shitbürgertum« auch mit der Kontinuität des deutschen Judenhasses ab. Ein exklusiver Auszug

von Ulf Poschardt  02.09.2025

Zahl der Woche

228 Kilogramm

Fun Facts und Wissenswertes

 02.09.2025

München

Bayerische Staatsgemäldesammlungen geben vier Gemälde zurück

Die »Süddeutsche Zeitung« hatte berichtet, dass Nachfahren von enteigneten jüdischen Kunstbesitzern nicht über NS-Raubkunst im Besitz der Staatsgemäldesammlungen informiert worden seien

 02.09.2025

Filmfestvial Venedig

Im Schatten der Kriege

Auf dem Lido konkurrieren Werke über Putin und Gaza um die Goldenen Löwen. »Propalästinensische« Aktivisten fordern den Boykott israelischer Schauspieler wie Gal Gadot

von Jens Balkenborg  02.09.2025

New York

Woody Allen lobt Donald Trump als Schauspieler

Der Regisseur und Darsteller sieht die Darbietung des heutigen Präsidenten in dem Film »Celebrity« von 1998 positiv – und fragt sich, warum sich der Golf- und Glamour-Fan freiwillig ins Elend der Politik stürzte

 02.09.2025