Glosse

Der Rest der Welt

Max Schmeling verliert gegen Max Baer 1933 Foto: picture alliance / ullstein bild - ullstein bild

Glosse

Der Rest der Welt

Von wegen unsportlich! Wider ein infames Vorurteil über Juden

von Joshua Schultheis  05.03.2025 08:13 Uhr

Können Sie drei weltbekannte jüdische Athleten nennen? Wenn Sie diese Frage in Verlegenheit gebracht hat, sind Sie nicht allein. Das Klischee des unsportlichen Juden ist so weit verbreitet, dass es Witze darüber gibt. In Airplane!, der Kult-Komödie mit Leslie Nielsen in der Hauptrolle, fragt eine Passagierin die Stewardess nach etwas »Leichtem« zu lesen. Die antwortet: »Wie wäre es mit diesem Flugblatt: Berühmte jüdische Sportlegenden.«

Verantwortlich für Drehbuch und Regie des Films ist übrigens das Trio Jim Abraham, David und Jerry Zucker – drei Juden. Das Vorurteil fehlender Sportspitzenleistung im jüdischen Volk beschäftigt in erster Linie dieses selbst. Auch unter den schlimmsten Judenhassern rangiert es nicht besonders weit oben in der Prioritätenliste. Diese bringt es deutlich weniger auf, dass noch kein Jude die 100 Meter unter 10 Sekunden gelaufen ist, als dass sie alle Banken und Regierungen auf dem Globus kontrollieren. Für die Juden ist es andersherum: Den Vorwurf der Weltverschwörung lässt man sich gerade so noch gefallen, aber dass man unsportlich sei – das geht zu weit!

Kein Wunder also, dass es ein ganzes Genre an Artikeln und Dokumentarfilmen gibt, in dem wir Juden unser Völkchen gegen diesen infamen Vorwurf verteidigen. Zwischen 1997 und 2022 existierte gar ein Magazin namens »Jewish Sports Review«, dessen einziger Zweck es war, seinen Lesern zu verraten, welche bekannten (und weniger bekannten) Athleten jüdisch sind. Analysen oder Spielberichte suchte man in dem Heft vergebens. »Als Kind war ich immer neugierig, wer Jude war«, beschrieb der Herausgeber des »Jewish Sports Review«, Shel Wallman, einmal den Ansporn für sein Unterfangen. »Aber es gab keine Liste.«

Nun, jetzt gibt es eine Liste, und Wallman wurde für seine Akribie sogar in die »International Jewish Sports Hall of Fame« aufgenommen. Auch das gibt es. Zwei Ausreden weniger also, nicht mindestens drei berühmte jüdische Sportler zu kennen. Um es Ihnen noch einfacher zu machen, hier eine kleine Auswahl:

Max Baer war einer der größten Boxer der Geschichte. Im Juni 1933 besiegte der US-Amerikaner und Sohn eines deutschen Juden niemand Geringeren als Max Schmeling, Adolf Hitlers Lieblingskämpfer, und trug dabei einen Davidstern auf seinen Shorts. Besser geht’s nicht! Auch Mark Spitz ist eine echte Legende. Der Schwimmer aus den USA gewann bei den Olympischen Spielen 1972 in München sieben Goldmedaillen und stellte mit jeder einzelnen einen neuen Weltrekord auf. Last but definitely not least: Ágnes Keleti. Die Ausnahmeturnerin überlebte die Schoa getarnt als Dienstmädchen in einem ungarischen Dorf und dominierte nur wenige Jahre später die Olympischen Spiele von 1952 in Helsinki und 1956 in Melbourne. Bis ins hohe Alter soll sie regelmäßig Gymnastik gemacht haben, bis sie schließlich mit 103 Jahren starb.

Da soll noch mal jemand sagen, Juden seien unsportlich!

Film

Spannend, sinnlich, anspruchsvoll: »Der Medicus 2«

Wieder hat sich Regisseur Philipp Stölzl kräftig vom Bestseller-Autor Noah Gordon anregen lassen

von Peter Claus  19.12.2025

Musik

Louis-Lewandowski-Festival hat begonnen

Der Komponist Louis Lewandowski hat im 19. Jahrhundert die jüdische Synagogenmusik reformiert. Daran erinnert bis Sonntag auch dieses Jahr ein kleines Festival

 18.12.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Bettina Piper, Imanuel Marcus  18.12.2025

Ausstellung

Pigmente und Weltbilder

Mit »Schwarze Juden, Weiße Juden« stellt das Jüdische Museum Wien rassistische und antirassistische Stereotype gleichermaßen infrage

von Tobias Kühn  18.12.2025

Kulturkolumne

Vom Nova-Festival zum Bondi Beach

Warum ich keine Gewaltszenen auf Instagram teile, sondern Posts von israelischen Künstlern oder Illustratorinnen

von Laura Cazés  18.12.2025

Neuerscheinung

Mit Emre und Marie Chanukka feiern

Ein Pixi-Buch erzählt von einem jüdischen Jungen, der durch religiöse Feiertage Verständnis und Offenheit lernt

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Zahl der Woche

1437

Funfacts & Wissenswertes

 18.12.2025

Revision

Melanie Müller wehrt sich gegen Urteil zu Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was bisher bekannt ist

 18.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  18.12.2025