Glosse

Der Rest der Welt

Foto: Getty Images/iStockphoto

Glosse

Der Rest der Welt

Wie aus einem Diamantring ein Familienauto wurde

von Margalit Edelstein  19.05.2024 09:50 Uhr

Kennen Sie eigentlich schon die Geschichte von meinem Diamantring? Ein echter Antwerpener Diamantring, von Freunden meines Mannes ausgesucht, geschliffen, poliert, mit einem »Princess Cut« in Weißgold gefasst. Mein Mann hatte ziemlich lange darauf gespart, und als er mir das Stück eines glücklichen Abends als Verlobungsring präsentierte, war ich natürlich hin und weg.

Mein Dia­mantring und ich waren unzertrennlich, ganz verliebt bewunderte ich sein sanftes Strahlen, seinen perfekten Schliff, und war manchmal so sehr in sein Glitzern und Funkeln versunken, dass ich in Lampenpfähle lief oder aus Versehen bei Rot die Straße überquerte. Nur wenn ich ins Büro ging, deponierte ich meinen Glitzi zu Hause in der eleganten Samtschachtel, sorgsam in meiner Sockenschublade versteckt.

Als ich eines Tages in meinem Büro vor meinem Computer saß, klingelte das Telefon. Die Polizei war dran und informierte mich, dass in unsere Wohnung eingebrochen worden war, wir sollten uns bitte sofort nach Hause begeben. Ich dachte panikartig sofort an meinen Diamantring, warf mich in die nächste Straßenbahn, joggte von der Haltestelle nach Hause – und fand dort ein Fiasko aus umgestürzten Möbeln und ausgeleerten Schränken vor. Knietief watete ich durch Wäscheberge und zerbrochenes Geschirr direkt zu meiner Sockenschublade.

»Wozu brauchst du einen Diamantring, du hast doch deine drei kleinen Diamanten zu Hause!«

Die kleine blaue Samtschachtel stand oben auf der Kommode, aber sie war leer, und so viel ich in den nächsten Tagen auch suchte und wühlte, mein Diamantring blieb verschwunden. Ich war untröstlich, ich heulte und schluchzte. Meine Familie rief mich jeden Tag an, um mich zu trösten. Irgendwann sagte meine Cousine zu mir: »Wozu brauchst du einen Diamantring, du hast doch deine drei kleinen Diamanten zu Hause!« Womit natürlich meine drei Kinder gemeint waren: Die Zwillinge waren damals noch Babys und meine Große ein entzückendes blond gelocktes Kleinkind.

Das tröstete mich dann natürlich sehr. Tatsächlich wurden die Zwillinge und die Große damals per Straßenbahn und Bus herumchauffiert, da wir kein Auto hatten. Und als einige Wochen später unsere Versicherung ein erkleckliches Sümmchen für meinen Diamantring springen ließ, beschlossen wir, die Summe in einen Gebrauchtwagen zu investieren. Wir fanden einen fünf Jahre alten Family Van mit fantastisch bequemen Sitzen, hinten thronten die Zwillinge in ihren Maxi-Cosi-Schalen, und vorn rekelten wir uns auf unseren beheizbaren Hightech-Sitzen.

Die Zwillinge sind jetzt 15 Jahre alt, und das Auto fährt immer noch wie eine Eins. Oder fast. Zugegebenermaßen, es gibt bei über Tempo 100 ein asthmatisches Keuchen von sich und besteht inzwischen praktisch nur noch aus Ersatzteilen: Über die Jahre mussten wir erst die Lenkmanschette, dann die Servolenkung und schließlich das Schaltgetriebe austauschen. Jedes Mal, wenn die Karre es durch den TÜV schafft, stoßen wir mit Sekt darauf an.

Aber ich kann mich nun mal nicht von unserem Familienauto trennen, denn da steckt mein Diamantring drin! Mein einziger. Inzwischen sind die Preise so gestiegen, dass ich wohl im Leben keinen neuen mehr bekommen werde. Sie sehen also, warum ich so an dem Auto hänge. Übrigens feiern wir nächste Woche sein 20-jähriges Bestehen. Der Champagner steht schon kalt. Le Chaim!

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  30.04.2025

Medien

Leon de Winter wird Kolumnist bei der »Welt«

Bekannt wurde er vor mehr als 30 Jahren mit Romanen wie »Hoffmanns Hunger«. Jetzt will der niederländische Autor Leon de Winter in Deutschland vermehrt als Kolumnist von sich hören lassen

von Christoph Driessen  29.04.2025

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  29.04.2025

Berlin

Antisemitismusbeauftragter für alle Hochschulen soll kommen

Details würden derzeit noch im Senat besprochen, sagte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra

 29.04.2025

Jerusalem

Seltenes antikes Steinkapitell wird in Israel ausgestellt

Ein Fund aus dem Jahr 2020 gibt israelischen Archäologen Rätsel auf. Die Besonderheit des Steinkapitells aus römischer Zeit: Es ist mit einem mehrarmigen Leuchter - im Judentum Menorah genannt - verziert

 29.04.2025

Berlin

Jüdisches Museum erforscht Audio-Archiv von »Shoah«-Regisseur

Claude Lanzmann hat mit seiner epochalen Dokumentation »Shoah« Geschichte geschrieben. Das Jüdische Museum Berlin nimmt ein Doppeljubiläum zum Anlass, um das umfangreiche Recherchematerial des Regisseurs zu erschließen

von Alexander Riedel  29.04.2025

Köln

»Charlie Hebdo«-Überlebender stellt Comic zu NS-Raubkunst vor

»Zwei Halbakte« heißt ein 1919 entstandenes Gemälde von Otto Mueller. Die Geschichte des Kunstwerks hat der französische Zeichner Luz als Graphic Novel aufgearbeitet. Mit teils sehr persönlichen Zugängen

von Joachim Heinz  28.04.2025

Berlin

»Eine Zierde der Stadt«

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum im denkmalgeschützten Gebäude der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin-Mitte eingeweiht

 28.04.2025

Paris

»Bambi«-Neuverfilmung: Nah an Felix Saltens Original

Ganz ohne Spezialeffekte und Animation: In Michel Fesslers »Bambi«-Neuauflage stehen echte Tiere vor der Kamera. Das Buch wurde einst von den Nazis verboten

von Sabine Glaubitz  28.04.2025