Finale

Der Rest der Welt

Ich unterrichte nun seit knapp sieben Jahren an verschiedenen Schulen. Nicht alles, was ich lehre, ist deckungsgleich mit der Tora, die Moses am Berge Sinai erhalten hat. Ich habe das Talent, reden zu können, ohne wirklich Ahnung zu haben. Einmal musste ich für eine Physikstunde einspringen und habe den Inhalt des Buches anscheinend so kompetent vorgelesen, dass Schüler in der Pause zu mir gekommen sind und mich um Hilfe für ihre Experimente baten.

Leider hat sich in den vergangenen Jahren der Gedanke in mir eingenistet, dass ich der tollste Lehrer der Schweiz bin. Ich erhalte manchmal Briefe von ehemaligen Schülern, die mich als ihren prägendsten Lehrer preisen. Das alles steigt mir manchmal zu Kopf. Am meisten leiden darunter wahrscheinlich meine Frau und meine Kinder. Dann predige ich Erziehungsmethoden, die nur so und so funktionieren können. Meine Kinder rebellieren und die Frau ruft entnervt: »Wir sind nicht deine Klasse!«

Mondlandung Schade. Andererseits beginnt mein Selbstbewusstsein ein bisschen zu bröckeln. Zwei Ereignisse haben mich etwas zur Demut erzogen. Ein befreundeter Lehrerkollege fragte mich vergangene Woche besorgt, ob ich an die Mondlandung glaube. Ich bejahte die Frage und wollte wissen, warum er sich um meinen Geisteszustand sorge. Er antwortete, ein Exschüler von mir hätte ihm neulich erzählt, Herr Frenkel glaube nicht an die Mondlandung. Ich guckte ihn bestürzt an. Gut möglich, dass ich manchmal Schwachsinn in der Stunde verbreite, aber niemals würde ich die Mondlandung von 1969 verleugnen.

Ich war nahe dran, ein Inserat in der religiösen Wochenzeitschrift zu schalten und zu betonen, dass ich sehr wohl an Armstrong und seine ersten Schritte auf dem Mond glaube. In der gleichen Woche erhielt ich außerdem eine Hochzeitseinladung eines ehemaligen Schülers. Dieser schrieb unter die Einladung: »Für meinen nicht fergeslichen Lerer und seine geschmackedige Stunden« Der Schüler wollte sagen: »Für meinen unvergesslichen Lehrer und seine herrlichen (Unterrichts-) Stunden«. Meine Frau las leider mit und wollte wissen, ob meine Deutschstunden denn so fergeslich wären.

Kraxelschrift Auf solche Provokationen gehe ich natürlich gar nicht ein. Ich dachte nach. Besagter Schüler ist in der Grundschule nie durch besonderen Humor aufgefallen. Die Kraxelschrift ist also echt. Traurig dachte ich an den iranischen Präsidenten Ahmadinedschad, der auch lange der Vision nachhing, die iranischen Weltraumspezialisten befänden sich auf dem ersten Platz. Einen Affen haben die Wissenschaftler in den Orbit transportiert und gemäß Agenturfotos lebte das Tier bei der Ankunft auf der Erde noch.

Erst später wurde bekannt gegeben, dass es sich bei den Bildern vor und nach dem Start um zwei verschiedene Affen handelte. Ich bitte das Publikum im Saal, nicht auf mich und Ahmadinedschad mit dem Finger zu zeigen. Wir beide haben es momentan nicht leicht genug.

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 19. Juni bis zum 26. Juni

 18.06.2025

Berlin

Erste Ausstellung über den Architekten Ossip Klarwein

Präsentiert werden mehr als 100 Entwürfe und Modelle, darunter ikonische Bauten des 1933 nach Palästina geflohenen jüdischen Architekten

 17.06.2025

Nachruf

Chronist einer ganzen Epoche

Michel Bergmann war ein Schriftsteller, der viele Genres beherrschte

von Ellen Presser  17.06.2025

Los Angeles

Neues Album von Haim: »Manchmal muss man loslassen«

Auf ihrem vierten Album singen die Haim-Schwestern von Trennung, Abschied und Neuanfang. Dabei betritt das Trio mit beinahe jedem Song ein anderes musikalisches Terrain

von Philip Dethlefs  17.06.2025

Diskurs

»Die Erinnerungsrepublik Deutschland ist zu Ende«

Auszüge aus der Heidelberger Hochschulrede des Grünen-Politikers Sergey Lagodinsky

 16.06.2025

Literatur

Michel Bergmann ist tot

Der jüdische Schriftsteller starb im Alter von 80 Jahren

 17.06.2025 Aktualisiert

Taormina Film Fest

Michael Douglas entschuldigt sich für Politik der US-Regierung

Der Darsteller erhält von Iris Knobloch eine Ehrung für sein Lebenswerk. Die Vergabezeremonie in Sizilien nutzt er für Kritik an seinem Land

 16.06.2025

Fernsehen

Luftraum in Israel gesperrt: »Fernsehgarten« ohne Kiewel

Die Moderatorin lebt in Tel Aviv - doch zu ihrer Jubiläumssendung konnte sie nicht anreisen

 15.06.2025

Leo Baeck Institut

»Die Wissenschaft ist keine Oase«

Michael Brenner über das vor 70 Jahren gegründete Archiv der Geschichte und Kultur des deutschsprachigen Judentums, freie Forschung und bedrohte Demokratie

von Ayala Goldmann  15.06.2025