Glosse

Der Rest der Welt

Makkabäerin in action Foto: TR

Glosse

Der Rest der Welt

Nur ein bisschen Pingpong? Wie ich einmal beim Tischtennis verlor

von Joshua Schultheis  14.07.2022 07:49 Uhr

»Und? Wirst du auch ein bisschen mitspielen?«, fragt mich ein Kollege. »Schick dann mal ein Foto vom Sportplatz!«, bittet eine Kollegin. »Klar«, antworte ich beide Male betont cool, während ich mich ärgere, dass mir auf die Schnelle keine Ausrede eingefallen ist.

Ich soll über die Vorbereitung der deutschen Makkabi-Delegation auf die Maccabiah, die jüdischen Olympischen Spiele in Israel, schreiben. Das kann ich: schreiben. Aber Sport machen? Vor der Pandemie war ich ein halbes Dutzend Mal im Boxtraining und lasse seitdem gerne den Satz »Ich bin ein Mittelgewicht« fallen. Meistens bekomme ich dann ein anerkennendes Nicken. Dass ich tatsächlich einmal unter Beweis stellen sollte, keine komplette Sport-Null zu sein, damit habe ich nicht gerechnet.

Option Jetzt muss ich aber; meine Kollegen zu enttäuschen, ist nämlich keine Option. Also laufe ich in dem Sportareal in Duisburg, wo das »PreCamp« der Makkabäer stattfindet, über Spielfelder und durch Turnhallen, gucke überall ein bisschen zu und grübele, was mir vielleicht liegen könnte. Fußball? War nie mein Ding. Beach-Volleyball? Ich hasse Sand. Boxer gibt es nicht. Glück für mich! Tischtennis? Hmm. An einer Platte im Park spiele ich ab und zu mit einem Freund. Er ist nur ein bisschen besser als ich.

Nach wenigen Minuten habe ich das Gefühl, die Schläge im Voraus erfühlen zu können.

Also: Tischtennis! Eine sympathische junge Spielerin, anderthalb Köpfe kleiner als ich, erklärt mir die Basics – den Schläger hält man so, Spin macht man so, Abwehren geht so – und schlägt mir ein paar Bälle zu.
Ich pariere ganz ordentlich, halte den Ellbogen stets im rechten Winkel, so, wie sie es mir gezeigt hat, und werde Schlag für Schlag schneller und treffsicherer. »Du hast echt Talent«, sagt sie. Ich glaube es.

Nach wenigen Minuten habe ich das Gefühl, ihre Schläge im Voraus erfühlen zu können. Ich weiß einfach, ob der Ball lang oder kurz, fest oder langsam kommt. Mit einem »Peng« knalle ich ihn zurück. »Nicht schlecht!«, staunt sie und setzt hinterher: »Jetzt zeige ich dir, wie ein richtiger Aufschlag aussieht.«

Flugbahn Ein »richtiger« Aufschlag?, denke ich gerade noch, da kommt er auch schon. In einer eigentlich unmöglichen Flugbahn, scheinbar die Gesetze der Physik ausreizend, zischt der Ball an mir vorbei. Die Absolutheit, mit der ich ganz und gar außerstande bin, einer solchen Naturgewalt etwas entgegenzusetzen, geht mir durch Mark und Bein. »Wow«, sage ich mit gebrochener Stimme. Und es wird nicht besser.

Selbst wenn ich den Ball mit meiner Kelle noch erreiche, er fliegt in jede Richtung weg, nur nicht in die richtige. Bald habe ich genug und murmle etwas wie »Ich muss weiter« und »Ich bin ja nicht zum Vergnügen hier«, bedanke mich und ziehe von dannen.

Später höre ich, dass meine Gegenspielerin als eines der größten Makkabi-Tischtennis-Talente gilt. Bei der letzten Maccabiah stand sie für das deutsche Team im Finale.

Ich atme auf und sage mir: Du hast gegen die Beste verloren. Das ist keine Schande. Ein echter Makkabäer, gestehe ich mir ein, werde ich aber wohl trotzdem nicht mehr.

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  30.04.2025

Sehen!

»Der Meister und Margarita«

In Russland war sie ein großer Erfolg – jetzt läuft Michael Lockshins Literaturverfllmung auch in Deutschland an

von Barbara Schweizerhof  30.04.2025

20 Jahre Holocaust-Mahnmal

Tausende Stelen zur Erinnerung - mitten in Berlin

Selfies auf Stelen, Toben in den Gängen, Risse im Beton - aber auch andächtige Stille beim Betreten des Denkmals. Regelmäßig sorgt das Holocaust-Mahnmal für Diskussionen. Das war schon so, bevor es überhaupt stand

von Niklas Hesselmann  30.04.2025

Medien

Leon de Winter wird Kolumnist bei der »Welt«

Bekannt wurde er vor mehr als 30 Jahren mit Romanen wie »Hoffmanns Hunger«. Jetzt will der niederländische Autor Leon de Winter in Deutschland vermehrt als Kolumnist von sich hören lassen

von Christoph Driessen  29.04.2025

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  29.04.2025

Berlin

Antisemitismusbeauftragter für alle Hochschulen soll kommen

Details würden derzeit noch im Senat besprochen, sagte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra

 29.04.2025

Jerusalem

Seltenes antikes Steinkapitell wird in Israel ausgestellt

Ein Fund aus dem Jahr 2020 gibt israelischen Archäologen Rätsel auf. Die Besonderheit des Steinkapitells aus römischer Zeit: Es ist mit einem mehrarmigen Leuchter - im Judentum Menorah genannt - verziert

 29.04.2025

Berlin

Jüdisches Museum erforscht Audio-Archiv von »Shoah«-Regisseur

Claude Lanzmann hat mit seiner epochalen Dokumentation »Shoah« Geschichte geschrieben. Das Jüdische Museum Berlin nimmt ein Doppeljubiläum zum Anlass, um das umfangreiche Recherchematerial des Regisseurs zu erschließen

von Alexander Riedel  29.04.2025

Köln

»Charlie Hebdo«-Überlebender stellt Comic zu NS-Raubkunst vor

»Zwei Halbakte« heißt ein 1919 entstandenes Gemälde von Otto Mueller. Die Geschichte des Kunstwerks hat der französische Zeichner Luz als Graphic Novel aufgearbeitet. Mit teils sehr persönlichen Zugängen

von Joachim Heinz  28.04.2025