Finale

Der Rest der Welt

Wie gefährlich ist es in Europa, jüdisch zu sein? Die Medien überschlagen sich derzeit mit Reportagen und Experteninterviews zu dieser Frage. Investigative Journalisten laufen mit Kippa und versteckter Kamera durch große Städte und dokumentieren unfreundliche Reaktionen von Passanten.

Benjamin Netanjahu fordert uns auf, den alten Kontinent schnell zu verlassen und nach Israel zu kommen. In sonst seriösen amerikanisch-jüdischen Medien werden Europas Juden bereits aufgefordert, sich zu bewaffnen.

Dabei droht unsereinem Gefahr für Leib und Leben nicht nur in der Pariser Banlieue oder in Berlin-Friedenau. Auch 8000 Kilometer weiter westlich, in Boise, im US-Bundesstaat Idaho, sollte man sich besser nicht öffentlich als Sohn oder Tochter Israels bekennen. Jedenfalls nicht, wenn Margurite Dawn Haragan in der Nähe ist.

Smalltalk Alles begann damit, dass die 58-Jährige eine neu zugezogene Nachbarin nach ihrer Beziehung zu Jesus Christus fragte – unter fundamentalistischen US-Protestanten ein geläufiger Small Talk, um mit neuen Bekanntschaften warm zu werden. Die Angesprochene erklärte, sie sei jüdisch und glaube deshalb nicht an Jesus. Eine Antwort, die Margurite Dawn Haragan offenbar zutiefst enttäuschte.

Kurze Zeit später jedenfalls tauchte sie vor dem Haus der Frau auf, trommelte gegen die Tür und schrie, sie werde nicht eher gehen, bis die jüdische Nachbarin gefälligst an Christus glaube. Diese öffnete daraufhin die Tür und forderte die lautstarke Judenmissionarin auf zu gehen.

Was dann geschah, schildert der Polizeibericht so: »Die Beschuldigte ohrfeigte das Opfer, zerrte es an den Haaren und trat es in den Bauch. Dann warf sie das Opfer zu Boden, stemmte ihren Fuß auf dessen Hals und zerrte es an den Haaren.

Erlöser Dabei brüllte sie das Opfer an, es solle besser Jesus als seinen Erlöser annehmen, sonst werde sie nicht aufhören.« In ihrer Not versprach die um ihr Leben fürchtende Frau schließlich, sich taufen zu lassen, worauf Margurite Dawn Haragan endlich von ihr abließ.

Die rabiate Judenmissionarin wurde nach dem Vorfall festgenommen. Ihr drohen jetzt fünf Jahre Haft wegen Körperverletzung und Nötigung. Die Gerichtsverhandlung beginnt an diesem Donnerstag. Das Opfer ist weiterhin jüdisch und wird am nächsten Jom Kippur das Kol Nidre wohl mit besonderer Inbrunst sprechen.

Was mich angeht, so werde ich mich nicht nur – mit oder ohne Kippa – von bestimmten Stadtvierteln fernhalten. Ich werde in Zukunft auch Veranstaltungen zum christlich-jüdischen Dialog meiden. Man weiß ja nie.

Medien

»Besonders perfide«

Israels Botschafter wirft ARD-Korrespondentin Sophie von der Tann Aktivismus vor. Die Hintergründe

 18.07.2025

London

Kneecap und Massive Attack wollen andere israelfeindliche Bands unterstützen

Einige der Initiatoren einer neuen Initiative verherrlichten den palästinensischen und libanesischen Terror auf der Bühne. Andere verglichen das Vorgehen Israels gegen die Hamas mit dem Holocaust

von Imanuel Marcus  18.07.2025

Darmstadt

Literaturpreise für Dan Diner und Ilma Rakusa

Diner habe die Geschichte des Judentums immer wieder als »Seismograph der Moderne« verstanden, begründete die Jury die Wahl

 18.07.2025

Nachruf

Nie erschöpfter, unerschöpflicher Herrscher des Theaters

Claus Peymann prägte das Theater im deutschen Sprachraum wie nur wenige andere. Nun ist er in Berlin gestorben. Erinnerungen an einen Giganten der Kulturszene

von Christian Rakow  18.07.2025

Kulturpolitik

Weimer sieht autoritäre Tendenzen im Kulturbetrieb

Attacken auf das weltberühmte Bauhaus und steigende Judenfeindlichkeit: Nach Einschätzung von Kulturstaatsminister Weimer steht der Kulturbetrieb zunehmend unter Druck

von Katrin Gänsler  18.07.2025

Tournee

Bob Dylan auf drei deutschen Bühnen

Das Publikum muss sich bei den Vorstellungen der lebenden Legende auf ein Handyverbot einstellen

 18.07.2025

Marbach

Israelische Soziologin Eva Illouz hält Schillerrede

Illouz widme sich dem Einfluss wirtschaftlichen Denkens und Handelns und greife damit Widersprüche kulturgeschichtlich auf, hieß es

 17.07.2025

Musik

1975: Das Jahr großer Alben jüdischer Musiker

Vor 50 Jahren erschienen zahlreiche tolle Schallplatten. Viele der Interpreten waren Juden. Um welche Aufnahmen geht es?

von Imanuel Marcus  17.07.2025

Interview

»Eine Heldin wider Willen«

Maya Lasker-Wallfisch über den 100. Geburtstag ihrer Mutter Anita Lasker-Wallfisch, die als Cellistin das KZ Auschwitz überlebte, eine schwierige Beziehung und die Zukunft der Erinnerung

von Ayala Goldmann  17.07.2025 Aktualisiert