arte

TV-Tipp: »Der Pantomime Marcel Marceau«

Marcel Marceau ohne Schminke, 1997 in Köln Foto: picture-alliance / dpa

Er war ein Weltstar der Bühnenkunst – obwohl er dabei nie ein einziges Wort gesprochen hat. Doch das Publikum vieler Jahrzehnte in der Nachkriegszeit verstand Marcel Marceau trotzdem sehr genau. »Es hat meinen stillen Schrei gehört«, sagte der französische Pantomime (1923-2007) in einem Interview.

Mit kalkweiß geschminktem Gesicht, schwarz umrandeten Augen und blutroten Lippen, gekleidet in Ringelhemd und Latzhose, nicht zuletzt mit einer Blume auf dem verbeulten Seidenhut, war Marceau in seinen Programmen ein einsames Wesen namens Bip. Ein unbeholfener, poetisch-melancholischer Clown, der sich allein durch die Sprache seines biegsamen, schmalen Körpers in Wind, eine Blume, einen Baum oder einen Gott verwandelte.

Lebenswerk So zeigt es auch die Arte-Doku »Der Pantomime Marcel Marceau - Die Kunst der Stille« von Maurizius Staerkle Drux am Mittwoch um 22.10 Uhr. Mit historischen Aufnahmen und Interviews des Ausnahmekünstlers sowie in Gesprächen mit Familienmitgliedern und Weggefährten spürt der Schweizer Filmemacher einem Lebenswerk nach, das - was viele nicht wissen - seinen Ursprung in Leid und Tod hatte.

Denn Marceau, als Marcel Mangel in Straßburg geboren, war Sohn eines jüdischen Metzgers und Opernenthusiasten, den die Nazis 1944 in Auschwitz ermordeten. Der junge Mann schloss sich damals der französischen Widerstandsbewegung an. Und es gelang ihm, mit seinem Cousin Georges Loinger – der in der Sendung zu Wort kommt – viele jüdische Kinder über die Schweizer Grenze und somit in Sicherheit zu bringen.

Dass die Kleinen in Gefahrensituationen im Zug, in dem manchmal auch deutsche Offiziere mitreisten, schweigen mussten, hatte er ihnen samt Gestik und Mimik beigebracht. Stummfilmgrößen wie Charlie Chaplin (1989-1977) und Buster Keaton (1895-1966) beeinflussten den jungen Marceau so sehr, dass er bald eine eigene Kunst der Stille erschuf und Soldaten der US-Army in Frankfurt (Main) erstmals vorführte. »Stille ist keine tote Zeit. Stille ist eine Art Musik«, erklärt der Künstler in der Doku aus dem Jahr 2019.

Anrührend In seiner Laufbahn war er ein Rastloser. Ständig auf Tourneen und Gastspielen, dreimal verheiratet und dreimal geschieden. Anrührend ist es, im Filmbeitrag zu sehen, wie seine dritte Ehefrau, seine Töchter und ein Enkel das Vermächtnis Marceaus ehren – und dabei zu verwandten, aber eigenen künstlerischen Ausdrucksformen finden.

Die Dokumentation »Der Pantomime Marcel Marceau – Die Kunst der Stille« zeigt Arte am 100. Geburtstag des Künstler am Mittwoch, 22. März, um 22.10 Uhr.

TV-Tipp

TV-Premiere: So entstand Claude Lanzmanns epochaler Film »Shoah«

Eine sehenswerte Arte-Dokumentation erinnert an die bedrückenden Dreharbeiten zu Claude Lanzmanns Holocaust-Film, der vor 40 Jahren in die Kinos kam

von Manfred Riepe  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  21.11.2025

TV-Kritik

Allzu glatt

»Denken ist gefährlich«, so heißt eine neue Doku über Hannah Arendt auf Deutsch. Aber Fernsehen, könnte man ergänzen, macht es bequem - zu bequem. Der Film erklärt mehr als dass er zu begeistern vermag

von Ulrich Kriest  21.11.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Bettina Piper, Imanuel Marcus  21.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  20.11.2025

Kino

»Fast ein Wunder«

Das israelische Filmfestival »Seret« eröffnete in Berlin mit dem Kassenschlager »Cabaret Total« von Roy Assaf

von Ayala Goldmann  20.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  20.11.2025

»Jay Kelly«

In seichten Gewässern

Die neue Netflix-Tragikomödie von Noah Baumbach startet fulminant, verliert sich dann aber in Sentimentalitäten und Klischees

von Patrick Heidmann  20.11.2025