Finale

Benis Welt

Eigentlich bin ich kein Partygänger, sondern mehr der häusliche Typ. Aber in diesem Monat habe ich keine Feier ausgelassen. Nun gut, ich will nicht übertreiben: Es waren zwei, bei denen ich mitgemacht habe.

ein bett im kornfeld Die eine war die »Züri-Wiesn«, wo ich zwei Maß Bier getrunken habe. Die »Züri-Wiesn« ist so etwas wie das Münchener Oktoberfest auf Schweizer Art. Bisher hatte ich die Biergaudi noch nie besucht. Aber vor ein paar Wochen rief mich ein befreundeter Journalist an. Seine Zeitung ist Medienpartner des Festes und bekommt Freikarten. Ob ich mit zur Wiesn wolle, fragte er. Es war kurz vor Erew Jom Kippur, ich musste für den Abend leider absagen. Zum Glück dauert das Bierfest länger. Eine Woche später holte ich den Besuch nach.

Wir betraten ein großes, bunt geschmücktes Festzelt. Drinnen herrschte ausgelassene Atmosphäre. Männer und Frauen tanzten auf den Tischen und johlten. Auf der Bühne standen Musiker mit Schnäuzern. Sie spielten Lieder wie Ein bisschen Spaß muss sein und Schöne Maid. Nach der ersten Maß Bier begann ich mitzusingen, obwohl ich nur einen Bruchteil der Songtexte beherrschte. Meinen Tischnachbarn ging es genauso, also grölten wir einfach nur »Lalalalala«. Die Stimmung war gut, ich wurde aufgefordert, mit auf den Tisch zu steigen und zu tanzen. Doch dafür war ich nicht betrunken genug. Mehr Bier hätte wahrscheinlich geholfen. Aber die dritte Maß, die ich bestellt hatte, endete, statt in meiner Kehle, als Pfütze auf dem Boden, nachdem ich zum Rhythmus von Ein Bett im Kornfeld den Krug mit dem Ellbogen erwischt hatte.

david melech israel Es war ein schöner Abend gewesen, wie ich mich am nächsten Morgen vage erinnerte. Und ich durfte mich gleich auf das nächste Fest freuen: Simchat Bejt Haschoewa. Traditionell wird zwischen Sukkot und Schemini Azeret einen Abend lang getanzt und gejauchzt. Diesmal fand die Feier nicht in einem Zelt statt, sondern in einem Saal. Es gab auch kein Bier, sondern Sodawasser. Der Typ am Mikro hatte keinen Schnäuzer, sondern einen Vollbart und sang statt Schlagern jüdische Lieder: Moschiach ayayayayaya und David Melech Israel. Aber ansonsten war es wie auf der Wiesn: Ich versuchte mitzusingen, kannte aber wie beim Bett im Kornfeld nur die Anfangswörter und trällerte »Lalalalala«. Später am Abend wurde ich wieder aufgefordert, mitzutanzen. Wie beim Bierfest waren um mich herum nur glückliche Gesichter. Ich hoffe, Gott sieht das ähnlich und lässt beide Wege gelten.

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 19. Juni bis zum 26. Juni

 18.06.2025

Berlin

Erste Ausstellung über den Architekten Ossip Klarwein

Präsentiert werden mehr als 100 Entwürfe und Modelle, darunter ikonische Bauten des 1933 nach Palästina geflohenen jüdischen Architekten

 17.06.2025

Nachruf

Chronist einer ganzen Epoche

Michel Bergmann war ein Schriftsteller, der viele Genres beherrschte

von Ellen Presser  17.06.2025

Los Angeles

Neues Album von Haim: »Manchmal muss man loslassen«

Auf ihrem vierten Album singen die Haim-Schwestern von Trennung, Abschied und Neuanfang. Dabei betritt das Trio mit beinahe jedem Song ein anderes musikalisches Terrain

von Philip Dethlefs  17.06.2025

Diskurs

»Die Erinnerungsrepublik Deutschland ist zu Ende«

Auszüge aus der Heidelberger Hochschulrede des Grünen-Politikers Sergey Lagodinsky

 16.06.2025

Literatur

Michel Bergmann ist tot

Der jüdische Schriftsteller starb im Alter von 80 Jahren

 17.06.2025 Aktualisiert

Taormina Film Fest

Michael Douglas entschuldigt sich für Politik der US-Regierung

Der Darsteller erhält von Iris Knobloch eine Ehrung für sein Lebenswerk. Die Vergabezeremonie in Sizilien nutzt er für Kritik an seinem Land

 16.06.2025

Fernsehen

Luftraum in Israel gesperrt: »Fernsehgarten« ohne Kiewel

Die Moderatorin lebt in Tel Aviv - doch zu ihrer Jubiläumssendung konnte sie nicht anreisen

 15.06.2025

Leo Baeck Institut

»Die Wissenschaft ist keine Oase«

Michael Brenner über das vor 70 Jahren gegründete Archiv der Geschichte und Kultur des deutschsprachigen Judentums, freie Forschung und bedrohte Demokratie

von Ayala Goldmann  15.06.2025