Gil Ofarim

Anklage wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung

Der Musiker Gil Ofarim Foto: imago images/Future Image

Gil Ofarim

Anklage wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung

Landgericht Leipzig wird in einigen Wochen entscheiden, ob es die Anklage gegen den Musiker zulässt

 01.04.2022 14:09 Uhr Aktualisiert

Das Landgericht Leipzig wird in einigen Wochen entscheiden, ob es die Anklage gegen den Musiker Gil Ofarim zulässt. Zunächst laufe jetzt eine mehrwöchige Erklärungsfrist, in der sich der Künstler und seine Anwälte äußern könnten, sagte eine Gerichtssprecherin am Freitag.

Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat Anklage gegen Gil Ofarim wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung erhoben. Der Musiker hatte nach einem Vorfall in einem Hotel am Abend des 4. Oktober vergangenen Jahres im Internet den Vorwurf erhoben, ein Hotelmitarbeiter habe sich antisemitisch geäußert. 

Die Ermittlungen seien nun angeschlossen. Zum Vorwurf der Beleidigung, der versuchten Nötigung, der Volksverhetzung und der falschen Verdächtigung gegen einen Hotelmitarbeiter habe sich kein hinreichender Tatverdacht ergeben.

Hingegen habe die Staatsanwaltschaft Leipzig gegen den Angeschuldigten Gil Ofarim wegen des Tatvorwurfs der falschen Verdächtigung in zwei Fällen, davon einmal in Tateinheit mit Verleumdung, Anklage zum Landgericht Leipzig erhoben.

mitteilung In einer am Donnerstag verbreiteten Mitteilung der Staatsanwaltschaft heißt es: Die Behauptung von Gil Ofarim, dass es in der Lobby eines Leipziger Hotels ihm gegenüber zu antisemitischen Äußerungen gekommen sei und ihm »aufgrund seines durch das Tragen einer Kette mit einem Davidstern auch nach außen bekundeten jüdischen Glaubens durch diesen Mitarbeiter des Hotels versagt worden sei, im Hotel zu übernachten«, konnte nach Auffassung der Staatsanwaltschaft im Ergebnis der Ermittlungen nicht bestätigt werden.

Zum Vorwurf der Beleidigung, der versuchten Nötigung, der Volksverhetzung und der falschen Verdächtigung gegen einen Hotelmitarbeiter habe sich kein hinreichender Tatverdacht ergeben.

Auch nach Vernehmung zahlreicher Zeugen und der Sichtung und Begutachtung der sichergestellten Videoaufnahmen mehrerer Überwachungskameras im Hotelbereich habe die Staatsanwaltschaft keine Feststellungen treffen können, »welche die Schilderung des Gil Ofarim zum Geschehensablauf bestätigen«.

Ofarim hatte in einem auf Instagram verbreiteten Video in die Kamera gesagt, ein Hotelangestellter habe ihn aufgefordert, seine Davidstern-Kette abzunehmen – nur dann lasse er ihn einchecken. Der Beschuldigte wies diese Darstellung zurück, das Hotel entband ihn dennoch zunächst von seinen Aufgaben.

Der Musiker hatte erklärt, dass die veröffentlichten Videobilder, die ihn ohne Kette zeigen, unvollständig seien. Er habe sich weder pöbelnd verhalten noch die Kette nachträglich angezogen, sagte er nach dem Vorfall in einem Interview der »Leipziger Volkszeitung«.

hauptverfahren Das Landgericht Leipzig wird nunmehr über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens zu entscheiden haben, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

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Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden, teilte mit, die Anklageerhebung gegen Gil Ofarim zur Kenntnis genommen zu haben. »Im Vertrauen auf unseren Rechtsstaat gilt es, keine Vorverurteilungen vorzunehmen. Der Fortgang des Verfahrens vor dem Landgericht Leipzig, dessen Entwicklung wir mit Interesse verfolgen, bleibt abzuwarten«, so Schuster.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) erklärte: »Das Schlimmste ist, jemanden als Antisemit zu bezeichnen.« Dies für Falschaussagen und Verleumdung zu missbrauchen, sei schockierend und zutiefst verachtenswert. »In den vergangenen Jahrzehnten ist ein großes Vertrauen zwischen Deutschen und Juden gewachsen.« Dies sei »ein hohes Gut, ein Wert, den wir uns nicht zerstören lassen«. Weiter sagte Kretschmer laut Regierungssprecher Ralph Schreiber: »Gil Ofarim hat nicht nur den Mitarbeiter, das Hotel, die Stadt und Sachsen in Misskredit gebracht, sondern auch Schaden an der jüdischen Gemeinschaft angerichtet.«

Für seine Statements und Tweets, die der Ministerpräsident am Donnerstag absetzte und die selbst wie eine Vorverurteilung klangen, erntete Kretschmer scharfe Kritik. Auch, weil er in seiner Reaktion auf den Fall Ofarim zwischen «Deutschen» und «Juden» unterschied.

Ofarims Management teilte auf Anfrage mit, dass derzeit keine Auskünfte gegeben werden könnten, und bat dafür um Verständnis. Die Betreiber des Hotels reagierten erleichtert auf das Ergebnis der Ermittlungen. Nach Angaben von »The Westin« wurde der in dem Instagram-Video Ofarims beschuldigte Mitarbeiter persönlich und in den sozialen Medien massiv bedroht. Manager Andreas Hachmeister erklärte: »Als internationales Hotel stehen wir täglich für Weltoffenheit, Toleranz und Vielfalt.«

vernehmung Ofarim wird auch zur Last gelegt, bei einer polizeilichen Vernehmung am 12. Oktober 2021 seine Behauptungen zum angeblichen Geschehensablauf wiederholt und den Hotelmitarbeiter wider besseres Wissen angezeigt zu haben.

Für das weitere Verfahren gibt es mehrere Möglichkeiten: Die zuständige Kammer des Landgerichts kann die Anklage komplett zulassen, sie kann sie mit Änderungen zulassen, oder sie kann sie nicht zulassen. Eine weitere Option ist, dass die Anklage zugelassen, das Verfahren aber vor dem Amtsgericht eröffnet wird. Dort würde der Fall vom Strafmaß her eigentlich hingehören. Die Staatsanwaltschaft hatte sich jedoch wegen der besonderen Bedeutung und öffentlichen Wirkung des Falls dafür entschieden, Anklage zum Landgericht zu erheben. So etwas komme in Einzelfällen vor, sagte die Gerichtssprecherin.

Wenn die Anklage zugelassen wird, muss das Gericht Termine für die Gerichtsverhandlung suchen. Derzeit ist also noch nicht abzusehen, wann es zu einem Prozess kommen könnte. Bis zu einer Verurteilung gilt für Gil Ofarim die Unschuldsvermutung.

Im Fall einer Verurteilung wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung drohen Ofarim laut Strafgesetzbuch jeweils eine Geldstrafe oder sogar eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren. Der 39-jährige Ofarim ist der Sohn des israelischen Musikers Abi Ofarim. ja/dpa/epd

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