Hochschule

Alle wollen Geiger

Erlangen: Die Universität interessiert sich für jüdische Studien. Foto: imago

Es klang wie ein Ultimatum. Werde an der Universität Potsdam nicht bald eine vollwertige jüdisch-theologische Fakultät eingerichtet, sagte Rabbiner Walter Homolka, Rektor des Potsdamer Abraham Geiger Kollegs (AGK), in der vergangenen Woche, werde man über ein Angebot der Universität Erlangen-Nürnberg nachdenken, das Geiger-Kolleg nach Bayern zu holen.

Das liberale Rabbinerseminar möchte als vollwertiges Universitätsinstitut anerkannt werden. Bislang ist das AGK lediglich als »An-Institut« mit der Uni Potsdam assoziiert. Mit einer Anerkennung als Fakultät, so Homolka, würden die Empfehlungen des Wissenschaftsrats vom Januar 2010 umgesetzt, die eine Gleichbehandlung der akademischen Priester-, Imam- und Rabbinerausbildung vorsehen.

Vereint Die parteilose Brandenburgische Wissenschaftsministerin Sabine Kunst macht sich bereits für die Gründung dieser Fakultät in Potsdam stark. Zudem hat der Bund im Rahmen des geplanten »Zentrums für jüdische Studien Berlin-Brandenburg« eine Anschubfinanzierung in Aussicht gestellt. Das Zentrum soll alle wissenschaftlichen jüdischen Einrichtungen in Berlin und Brandenburg – also neben dem AGK das Moses-Mendelssohn-Zentrum sowie die Universitäten in Berlin und Potsdam – unter einem Dach vereinen und seine Arbeit im April 2012 aufnehmen.

Auch die Allgemeine Rabbinerkonferenz (ARK), die liberale und konservative Strömungen vertritt, hat sich für die Potsdamer Fakultät ausgesprochen. »Am 11. Oktober hat außerdem die Ziegler School of Rabbinic Studies der American Jewish University Los Angeles der Wissenschaftsministerin mitgeteilt, sich im Rahmen des Zentrums für jüdische Studien Berlin-Brandenburg durch einen europäischen Ableger an diese Fakultät anschließen zu wollen«, so der stellvertretende Vorsitzende der ARK, Rabbiner Jonah Sievers. »Damit wäre auch für die akademische Ausbildung konservativer Rabbiner eine europaweite Lücke geschlossen. Zusammen mit der orthodoxen Rabbinerausbildung am Rabbinerseminar zu Berlin wären damit in Deutschland alle Strömungen adäquat berücksichtigt.«

Rahmenbedingungen Ginge das Geiger-Kolleg nach Bayern, würde Brandenburg erheblicher Bundesfördermittel für das Zentrum für jüdische Studien verlustig gehen. In der Potsdamer Landesregierung zeigt man sich verwundert über Homolkas Ankündigung, mit anderen Universitäten zu verhandeln. Sowohl die Landesregierung als auch das Wissenschaftsministerium, bestätigte Regierungssprecher Thomas Braune der Jüdischen Allgemeinen, stünden der Gründung einer jüdisch-theologischen Fakultät positiv gegenüber. Und Hans-Georg Moek, Sprecher des Wissenschaftsministeriums, erläuterte auf Anfrage, dass zuvor die rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen seien: »Wir müssen das Hochschulgesetz in Brandenburg ändern, da es bei uns noch keine theologischen Fakultäten gibt und damit auch keine Konfessionsgebundenheit bei der Auswahl der Hochschullehrer. Zweitens brauchen wir möglicherweise eine Art Staatsvertrag, der von allen jüdischen Konfessionen akzeptiert wird«, so Moek. In der Landesregierung sei man zuversichtlich, dass die Fakultät bereits im Jahr 2012 ihren Betrieb aufnehmen könne. »Jedenfalls gibt es keinen, der dieses Konzept verschleppen würde«, betont Moek.

Sondierung Jedoch sieht man sich am Abraham Geiger Kolleg einstweilen nach weiteren Optionen um. Der Präsident der Universität Erlangen-Nürnberg, Karl-Dieter Grüske, weist jedoch Berichte zurück, nach denen es bereits ein konkretes Angebot an das Potsdamer Rabbinerseminar gebe. »Doch das Interesse ist selbstverständlich da. Das Abraham Geiger Kolleg würde gut zu uns passen«, sagte Grüske der Jüdischen Allgemeinen. Ende dieses Monats, so Grüske, gebe es ein erstes »Sondierungsgespräch« zwischen ihm und AGK-Rektor Homolka.

»Jay Kelly«

In seichten Gewässern

Die neue Tragikomödie von Noah Baumbach startet fulminant, verliert sich dann aber in Sentimentalitäten und Klischees

von Patrick Heidmann  20.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  20.11.2025

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  20.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. November bis zum 27. November

 20.11.2025

»Lolita lesen in Teheran«

Klub der mutigen Frauen

Der Israeli Eran Riklis verfilmt die Erinnerungen der iranischen Schriftstellerin Azar Nafisi an geheime Literaturtreffen in Teheran – mit einem großartigen Ensemble

von Ayala Goldmann  20.11.2025

Ausstellung

Sprayende Bildhauerin mit Geometrie

Das Museum Wiesbaden zeigt Werke Louise Nevelsons und eines Künstlerpaares

von Katharina Cichosch  20.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  19.11.2025

Magdeburg

Telemann-Preis 2026 für Kölner Dirigenten Willens

Mit der Auszeichnung würdigt die Landeshauptstadt den eindrucksvollen Umgang des jüdischen Dirigenten mit dem künstlerischen Werk Telemanns

 19.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025