DNA-Analyse

Aaron, der Barbier

Sein Glück: Es gab noch keine Gen-Analyse. Foto: dpa

DNA-Analyse

Aaron, der Barbier

War Jack the Ripper ein polnischer Jude?

von Ingo Way  08.09.2014 20:29 Uhr

Seit mehr als einem Jahrhundert streiten sich Hobby-Kriminologen über die Frage, wer Jack the Ripper nun wirklich war – jene unheimliche Gestalt, die im Jahr 1888 im ärmlichen Londoner Stadtteil Whitechapel mehrere Prostituierte brutal ermordete und deren Leichen oft grausig verstümmelte. Immer mal wieder will jemand das Rätsel endgültig gelöst haben – bis ihm einige Jahre später ein anderer mit einer neuen Theorie den Rang streitig macht.

Der Autor Russell Edwards nimmt nun für sich in Anspruch, den Schuldigen mithilfe avanciertester wissenschaftlicher Methoden eindeutig ausgemacht zu haben. Es sei »definitiv, kategorisch und absolut« Aaron Kosminski gewesen, erzählte Edwards dem britischen Boulevardblatt Daily Mail.

paranoid
Kosminski, ein polnischer Jude, war in den 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts nach England emigriert und arbeitete in Whitechapel als Friseur. Zwar war er schon bei den Ermittlungen zu den »Whitechapel-Morden« einer der Tatverdächtigen, die Morde konnten ihm aber nie eindeutig nachgeweisen werden. Das Gerücht, Jack the Ripper sei Jude, hatte seinerzeit zu antisemitischen Protesten in London geführt. Kosminski, der an paranoider Schizophrenie gelitten haben soll, starb 1919 im Alter von 53 Jahren in einer Nervenheilanstalt.

Russell Edwards, der demnächst ein Buch über Jack the Ripper veröffentlichen will, hat im Jahr 2007 bei einer Auktion einen Schal ersteigert, der Catherine Eddowes gehört haben soll, einem der Opfer des Rippers. Daran fanden sich noch winzige Blut- und Spermaspuren. Edwards bat daraufhin den finnischen Molekularbiologen Jari Louhelainen, der in Helsinki und Liverpool lehrt, eine DNA-Analyse durchzuführen. Tatsächlich konnte Louhelainen mitochondriale DNA aus dem uralten Stück Stoff extrahieren. Ein Abgleich mit der DNA von Karen Miller, einer Nachfahrin von Eddowes, ergab eine 100-prozentige Übereinstimmung – der Schal hatte also wohl tatsächlich dem Mordopfer gehört.

anonym
Auch eine anonym bleibende Nachfahrin des vermeintlichen Mörders stellte sich für eine DNA-Probe zur Verfügung. Auch hier gab es eine 100-prozentige Übereinstimmung, das heißt für Edwards und Louhelainen: Das Sperma auf dem Schal stammte von Aaron Kosminski. Case closed?

Der Genetiker Alec Jeffreys, der vor 30 Jahren das Verfahren des »genetischen Fingerabdrucks« entwickelt hat, äußerte sich zurückhaltend zu den Erkenntnissen seines finnischen Kollegen. Zwar findet er dessen Funde »interessant«; auch hält er die Theorie, Kosminski sei der Prostituiertenmörder von Whitechapel gewesen, für »durchaus wahrscheinlich«. Jedoch, fügte er mit britischem Understatement hinzu, müssten die Herkunft des Schals und die Qualität der DNA-Analyse erst noch »von unabhängigen Experten überprüft werden«.

Musik

Louis-Lewandowski-Festival hat begonnen

Der Komponist Louis Lewandowski hat im 19. Jahrhundert die jüdische Synagogenmusik reformiert. Daran erinnert bis Sonntag auch dieses Jahr ein kleines Festival

 18.12.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Bettina Piper, Imanuel Marcus  18.12.2025

Ausstellung

Pigmente und Weltbilder

Mit »Schwarze Juden, Weiße Juden« stellt das Jüdische Museum Wien rassistische und antirassistische Stereotype gleichermaßen infrage

von Tobias Kühn  18.12.2025

Kulturkolumne

Vom Nova-Festival zum Bondi Beach

Warum ich keine Gewaltszenen auf Instagram teile, sondern Posts von israelischen Künstlern oder Illustratorinnen

von Laura Cazés  18.12.2025

Neuerscheinung

Mit Emre und Marie Chanukka feiern

Ein Pixi-Buch erzählt von einem jüdischen Jungen, der durch religiöse Feiertage Verständnis und Offenheit lernt

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Zahl der Woche

1437

Funfacts & Wissenswertes

 18.12.2025

Revision

Melanie Müller wehrt sich gegen Urteil zu Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was bisher bekannt ist

 18.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  18.12.2025

Los Angeles

Rob und Michele Reiner: Todesursache steht fest

Ihre multiplen Verletzungen seien durch Gewalteinwirkung entstanden, so die Gerichtsmedizin

 18.12.2025