Italien

Wo die Zitronen blühen

Italienreisende haben sie seit Jahren vermisst, nun ist sie endlich da: die überarbeitete Ausgabe des Italy Jewish Guide, eines jüdischen Reiseführers für das Land zwischen Gardasee und Sizilien. Das Ergebnis allerdings enttäuscht. Neben der ältlich anmutenden grafischen Gestaltung fallen dem Leser beim Durchblättern sage und schreibe acht verschiedene Vorworte auf. Rätselhaft, was in einem Reiseführer eine Grußadresse zu suchen hat, die zum Beispiel ein Mitglied der lombardischen Regionalregierung vor knapp fünf Jahren geschrieben hat.

todesanzeigen Der eigentliche Text beginnt schließlich auf Seite 23. Da hat der Leser am umfangreichen Sponsorenverzeichnis bereits erkannt, dass Werbung zu den Grundelementen dieses Buches gehört – sie macht ein Viertel des Umfangs aus. Was den Leser völlig verstört zurücklässt, sind Inserate, in denen Familien ihrer verstorbenen Angehörigen gedenken. Höchst ungewöhnlich für das Genre Reisehandbuch.

Auch Aufbau und Gewichtung werfen Fragen auf. So kommt Süditalien in dem Reiseführer kaum vor, dafür ist der Côte d’Azur ein eigenes Kapitel gewidmet. Schwer nachzuvollziehen ist auch die Auswahl der sehenswerten Kunstdenkmäler.

aufgebläht Ebenso wenig überzeugen die Hoteltipps: Unwahrscheinlich, dass es in Italiens Hauptstadt neben dem üblichen Hilton, Sheraton und Westin-Hotel nur drei empfehlenswerte Herbergen gibt. Überflüssig auch, dass die unter den einzelnen Regionen angeführten Hotels, Restaurants, jüdischen Museen und Synagogen in eigenen Rubriken erneut aufgezählt werden. Das Ziel dieser Wiederholungen scheint offenkundig: Sie dienen dazu, einen Reiseführer, dessen Kerninformation locker auf 200 Seiten unterzubringen wäre, auf 348 Seiten aufzublähen, um den Verkaufspreis von 20 Euro zu rechtfertigen.

Dazu trägt auch die Tatsache bei, dass alle italienischen Texte in englischer Übersetzung wiederholt werden. Nützlich für den Leser sind vor allem die im Führer gesammelten Anlaufadressen: koschere Restaurants und Läden, jüdische Einrichtungen und Friedhöfe, Buchhandlungen und Reisebüros.

Schwerpunkt des Buches sind die Synagogen und jüdischen Museen der Halbinsel, die in Text und Bild erläutert werden. 60 Seiten widmet der Italy Jewish Guide dem Thema koschere Kost: Vorschriften und deren Überwachung, Aufzählung aller in Italien hergestellten Produkte, erlaubte und verbotene Zusatzstoffe, Getränke, Weine und Rezepte traditioneller jüdischer Gerichte.

Roms Oberrabbiner Riccardo Di Segni lobt in seinem Vorwort den »Enthusiasmus«, der den Herausgeber Meyer Piha bei der Gestaltung des Buches getrieben habe. Ein Enthusiasmus, der freilich mit einer massiven Dosis Kommerzgeist gepaart gewesen sein muss.

Piha Meyer (Hrsg.): Italy Jewish Guide, Mailand 2009, 348 S., 20 €, www.italyjewishguide.it

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  20.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  20.11.2025

Philosophie

Hannah Arendt und die Freiheit des Denkens

Die politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts waren ihr Lebensthema. Sie sah ihre Aufgabe als politische Denkerin darin, die Welt und die Menschen zu verstehen. Die politische Theoretikerin starb vor 50 Jahren

von Jürgen Prause  20.11.2025

Russland

Der Vater der israelischen Rüstungsindustrie

Emanuel Goldberg war ein genialer Erfinder in der Weimarer Republik. Die Nazis sorgten dafür, dass er in Europa vergessen wurde. Doch bis heute macht der Mann aus Moskau Israel sicherer

von Leif Allendorf  20.11.2025

New York

Rekordpreis für »Bildnis Elisabeth Lederer« bei Auktion

Bei den New Yorker Herbstauktion ist wieder ein Rekord gepurzelt: Ein Klimt-Gemälde wird zum zweitteuersten je versteigerten Kunstwerk – und auch ein goldenes Klo wird für einen hohen Preis verkauft

von Christina Horsten  19.11.2025

Mexiko

Antisemitisches Graffiti gegen Claudia Sheinbaum sorgt für Empörung

Die Worte »puta judía« wurden auf Gebäude des Obersten Gerichtshofs geschmiert. Die jüdische Gemeinschaft des lateinamerikanischen Landes verurteilt den sich immer wieder äußernden Judenhass

 17.11.2025

USA

6500 Rabbiner auf einem Foto

»Kinus Hashluchim«: Das jährliche Treffen der weltweiten Gesandten von Chabad Lubawitsch endete am Sonntag in New York

 17.11.2025

"Stiller & Meara"

Abschied von den Eltern

Leinwandstar Ben Stiller hat eine erstaunlich persönliche Doku über seine berühmte Familie gedreht

von Patrick Heidmann  16.11.2025

Jerusalem

Nach Streit: Zionistischer Weltkongress einigt sich

Zwei Wochen lang zogen sich die Verhandlungen in dem globalen jüdischen Gremium hin. Nun gibt es ein Abkommen, das der Mitte-links-Block als Sieg für sich wertet

von Joshua Schultheis  16.11.2025