Corona

»Wir müssen Geduld haben«

Marie van der Zyl Foto: John R. Rifkin

Corona

»Wir müssen Geduld haben«

Marie van der Zyl über Covid-19 und den Beginn der Impfungen in Großbritannien

von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski  10.12.2020 09:05 Uhr

Frau van der Zyl, jüdische Briten zählen zu den Bevölkerungsgruppen in Europa, die vom Coronavirus am stärksten betroffen sind. Wie bedrohlich ist die Situation wirklich?
Sie ist schlimm, aber nicht so schlimm, dass wir in Panik geraten müssten. Es gab bei uns bisher 570 Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19. Das heißt, in der jüdischen Gemeinschaft war fast eine Person von 100 betroffen. Laut dem britischen Statistikamt waren während der ersten Welle jüdische Männer doppelt so stark betroffen wie christliche und mehr als doppelt so viele wie säkulare. Für jüdische Familien war das eine schwere Zeit.

In der zweiten Welle scheint die jüdische Gemeinschaft aber nicht so disproportional betroffen zu sein.
Wahrscheinlich lag es am Gemeindeleben, dass die Folgen in der ersten Welle so gravierend waren. Wir mussten das ernst nehmen. Das Leben wurde nun weitgehend der Pandemie angepasst.

Wie ist die Atmosphäre in den Gemeinden jetzt, da in Großbritannien die Corona-Impfungen begonnen haben?
Der Impfstoff ermöglicht es, den R-Wert zu senken und langsam zu einem normalen Leben zurückzukehren. Das heißen natürlich alle willkommen. Doch wir müssen Geduld haben, denn es wird dauern, bis die Normalität zurückkehrt.

Gibt es auch spezielle jüdische Gesundheitsdienste, die das Impfen übernehmen?
Der Impfstoff wird vom staatlichen Gesundheitssystem, dem Nationalen Gesundheitsdienst NHS, verteilt, was also über Hausärzte und andere Dienste wie Sozialpflegedienste und Apotheken erfolgen wird. Wir stehen zwar in Kontakt mit dem Büro des Premierministers und den verantwortlichen Ministerien, aber am Ende hängt alles davon ab, wie der Gesundheitsdienst in den Kommunen arbeitet. Wir schätzen, dass der NHS dabei nicht überall die gleichen Methoden anwenden wird.

Wer wird zuerst geimpft?
Die Regierung hat eine Prioritätenliste erstellt. Ganz oben stehen Pflegeheimbewohner ab 80 Jahren und das Personal, danach geht es nach Altersstufe und Bedürftigkeit weiter: also Menschen über 80 und Klinik- sowie Pflegepersonal, dann Menschen, die 75 Jahre sind oder älter, dann alle über 70-Jährigen sowie alle, die klinisch stark gefährdet sind, und so weiter.

Kann der Board of Deputies das Verteilen des Impfstoffs beeinflussen?
Nein, das können wir nicht. Der Board of Deputies ist kein medizinischer oder epidemiologischer Verband. Was wir aber sehr wohl tun werden, ist, die Situation zu beobachten. Denn wir wollen sicherstellen, dass niemand bei den Impfungen vergessen wird.

Das Interview mit der Vorsitzenden des britisch-jüdischen Dachverbands Board of Deputies of British Jews (BoD) führte Daniel Zylbersztajn-Lewandowski.

Großbritannien

Warten auf »Bridgerton«

Die Sehnsucht nach der vierten Staffel des Netflix-Hits ist groß. Aber wie war eigentlich das reale jüdische Leben in der Regency?

von Nicole Dreyfus  29.06.2025

Glastonbury Festival

Kritik an antiisraelischen Parolen

Neben der Musik sorgt Hetze gegen Israel für Aufsehen – mit Folgen für die BBC, die alles live übertragen hat

 29.06.2025

Glastonbury

Bob Vylan ruft »Death, death to the IDF« – BBC überträgt es

Beim größten Open Air Festival Großbritanniens rufen Musiker antiisraelische Parolen

 28.06.2025

Militär

Name des schwulen Bürgerrechtlers Harvey Milk von US-Kriegsschiff gestrichen

Das nach Milk benannte Versorgungsschiff heißt jetzt »USNS Oscar V. Peterson«

 28.06.2025

Meinung

Francesca Albaneses Horrorshow

Die UN-Berichterstatterin verharmlost den Hamas-Terror und setzt die Israelis mit den Nazis gleich. Mit ihren Ansichten tourt sie nun durch die Schweiz

von Nicole Dreyfus  30.06.2025 Aktualisiert

Aufarbeitung

Brasilien entschädigt Familie von jüdischem Diktaturopfer

Vladimir Herzog gehört zusammen mit dem ehemaligen Abgeordneten Rubens Paiva zu den bekanntesten Diktaturopfern

 27.06.2025

Buenos Aires

Anschlag auf Juden in Argentinien: Prozess nach mehr als 30 Jahren

Am 18. Juli 1994 waren beim Anschlag auf das jüdische Kulturzentrum AMIA 85 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt worden

 27.06.2025

USA

Die Social-Media-Bändigerin

Die pro-israelische Influencerin Montana Tucker liefert Lehrstücke der modernen Kommunikation im Akkord. Zeit, sich die junge Frau, die mit Tanzvideos berühmt wurde, genauer anzusehen

von Sophie Albers Ben Chamo  26.06.2025

Balkan

Bosnien entschuldigt sich bei Rabbinerkonferenz

Über eine Tagung der Europäischen Rabbinerkonferenz in Sarajevo kam es zum judenfeindlichen Eklat. Mit der jetzt erfolgten Entschuldigung ist der Fall indes noch nicht bereinigt

 26.06.2025