Meinung

Was zur Hölle

Unruhen in Amsterdam Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Triggerwarnung: Hier wird geflucht.

Ich war kürzlich bei einem jüdischen Konzertabend, und natürlich ging es auch um den 7. Oktober 2023 und darum, wie sehr sich die Welt seitdem für Juden verändert hat. Als das Ensemble vorgestellt wird und ein paar Fragen beantworten muss, sagte der israelische Musikalische Direktor, dass er vor dem 7. Oktober eigentlich ein Linker gewesen sei, ein Peacenik.

Er lachte verlegen und sagte: »Religion hat mich nicht interessiert, ich war säkular und Israeli, denn ich wusste, dass Israel immer für mich da sein wird. Das war meine Identität.« Er machte eine Pause. »Jetzt bin ich immer noch links und ein Peacenik, aber ich frage mich manchmal, ob Israel wirklich immer da sein wird.»

Dann wurde weitergeredet. Über Bach, über Lewandowski, über Töne und Hoffnung. Und in mir schwoll ein Alarm. Ich spürte ungeheure Wut. WHAT THE FUCK! Ich sah Rot, fühlte Raserei im Kopf, wollte schreien, war aber zu deutsch, um das vornehm-freundliche Schweigen im Publikum des gediegenen Abends zu brechen. So kam zur Wut die Scham. Statt zu schreien, tippte ich in mein Mobiltelefon, WHAT THE FUCK! WHAT THE FUCK! WHAT THE FUCK!

Lesen Sie auch



WHAT THE FUCK ist in dieser Welt los, dass ein Israeli den Glauben an die Existenz Israels verliert? Die Existenz seiner Heimat, in der er geboren und aufgewachsen ist, wo seine Eltern alt werden, die Heimat von fast zehn Millionen Menschen, die Heimat eines jeden Juden auf der Welt! WHAT THE FUCK!

Warum haben die verdammten Antisemiten diese Erde noch immer nicht verlassen, obwohl sie nichts als Tod und Zerstörung über sie bringen, was sie nicht einmal nach der industriellen Ermordung von sechs Millionen Menschen begriffen haben? Warum existiert Deutschland eigentlich noch, von dem das größte Menschheitsverbrechen und der größte Krieg ausgingen? WHAT THE FUCK!

Warum findet in Amsterdam ein Pogrom statt, werden Pässe kontrolliert und ihre Träger verprügelt, wenn es israelische sind, springen Menschen in Kanäle, um sich vor Schlägen zu retten, und es heißt immer wieder, die sogenannten propalästinensischen Proteste seien doch so friedlich?

Was wir seit dem 7. Oktober auch lernen mussten, ist, wie über alle Zeit hinweg abgrundtief dumm Antisemiten sind. Dass sie Hass dem Frieden, Tod dem Leben, das Ende dem Anfang vorziehen. Und in was für einer Welt wir leben, dass diese Leute sich so sicher fühlen können, dass sie ernsthaft erwarten, dass der Jude, dessen Familie und Freunde vergewaltigt, gefoltert, erschossen, zu Tode gehackt oder entführt wurden, der seit einem Jahr Tag für Tag aus Norden und Süden bombardiert wird, still sitzen bleibt und nichts tut!

Es tut mir leid, ihr rechten, linken, muslimischen, christlichen, was auch immer Antisemiten, die Juden der Welt haben ein Land! Die Juden der Welt haben eine Armee! Und die Juden der Welt werden nicht die andere Wange hinhalten und dabei zusehen, wie ihre Kinder und ihre Zukunft abgeschlachtet werden.

Israel ist hier, um zu bleiben. Seine Existenz ist eine Tatsache, so wie die Existenz jedes anderen Lands in dieser Welt, um das ihr euch einen Dreck schert, egal wie groß die dortigen Schrecken sind. Fragt euch, warum das so ist. Und antwortet niemandem außer euch selbst.

benchamo@juedische-allgemeine.de

Australien

Anschlag auf Synagoge »völlig vorhersebare Entwicklung«

Die jüdische Gemeinde in Australien steht unter Schock. Auf die Synagoge in Melbourne wurde ein Anschlag verübt. Die Ermittlungen laufen

 06.12.2024

Australien

Brandanschlag auf Synagoge in Melbourne

Das Gotteshaus ging in Flammen auf

 06.12.2024

Streit um FPÖ-Immunität

Jüdische Studenten zeigen Parlamentspräsidenten an

Walter Rosenkranz habe Ansuchen der österreichischen Staatsanwaltschaft auf Aufhebung der Immunität von drei FPÖ-Parteifreunden verschleppt.

von Stefan Schocher  05.12.2024

USA

Trump will Jared Isaacman zum NASA-Chef ernennen

Der mögliche zweite Jude auf dem Chefsessel der Weltraumbehörde hat ehrgeizige Vorstellungen

von Imanuel Marcus  05.12.2024

Frankreich und der Nahe Osten

Diplomatisches Tauziehen

Paris soll eine Schlüsselrolle im Aushandeln der Waffenruhe im Libanon gespielt haben

von Florian Kappelsberger  04.12.2024

Nachruf

Der Mann mit dem bestechenden Lächeln

Der israelische Resilienz-Experte David Gidron starb am Sonntag

von Imanuel Marcus  04.12.2024 Aktualisiert

Chabad

Gruppenfoto mit 6500 Rabbinern

Tausende Rabbiner haben sich in New York zu ihrer alljährlichen Konferenz getroffen. Einer von ihnen aber fehlte

 02.12.2024

Marokko

Drahtseilakt

Das Land ist Heimat der größten jüdischen Gemeinschaft in der arabischen Welt. Wie erlebt sie die Folgen des 7. Oktober 2023?

von Ralf Balke  01.12.2024

Schweiz

Säkularisierungstrend in der Schweiz - Stabile Zahlen in der jüdischen Gemeinschaft

Die Zahl religiöser Gruppen in der Schweiz sinkt. In der jüdischen Gemeinschaft sind die Zahlen konstant

 29.11.2024