USA

Wahlkampf in der Synagoge

Bei Juden beliebt: Barack Obama Foto: ddp

Drei Monate vor den Wahlen blickt Amerika auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen: Wenn morgen gewählt werden würde, käme Präsident Barack Obama, laut einer aktuellen Gallup-Umfrage auf 45 Prozent der Stimmen, Mitt Romney erhielte 47 Prozent.

Im Übrigen bleibt Obama das, was er schon vorher war: »der jüdische Präsident«. Laut Meinungsumfragen sind ihm die Stimmen von 64 Prozent aller Juden sicher, die sich als Wähler registrieren ließen. Damit bleiben die jüdischen Amerikaner ihrer politischen Grundorientierung treu: im Zweifel für die Demokraten – wobei es für sie im Grunde keine Zweifel gibt.

Gleichwohl ist Obama in der jüdischen Wählergunst im Vergleich zu 2008 um zehn Prozentpunkte abgerutscht. Daran war der Streit um israelische Siedlungen am Anfang seiner Präsidentschaft schuld. Und auch das konstant unterkühlte Verhältnis zu Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat ihm nicht geholfen.

symbolträchtig Nun ist Obamas Wahlkampfmanagern ein Coup gelungen: 613 jüdische Geistliche aus ganz Amerika unterstützen ihn öffentlich mit der Kampagne »Rabbis for Obama«. Das sind mehr als doppelt so viele wie 2008. Ihre Zahl ist symbolträchtig, denn 613 Mizwot stehen in der Tora.

Keine Überraschung gibt es, wenn man sich anschaut, wo die Rabbiner zu Hause sind: Bei der Mehrheit handelt es sich um New Yorker und Kalifornier – zwei Staaten, die auf der politischen Landkarte Amerikas tiefblau ausgewiesen sind (blau ist die Farbe der Demokraten, rot die der Republikaner).

Wenn man die Namensliste der 613 »Rabbis für Obama« mit der Liste der wichtigsten jüdischen Geistlichen des Jahres 2011 abgleicht, die das Magazin Newsweek veröffentlicht hat, fällt auf, dass die ganz Prominenten fehlen. Kein David Wolpe, kein David Saperstein, kein Marvin Hier. Ein Treffer ist erst die Nummer zehn: Sharon Brous aus Los Angeles, die darauf besteht, dass ihre Gemeindemitglieder sich für soziale Projekte engagieren. In Utah, dem Bundesstaat der Mormonen – das ist die Glaubensrichtung, der Mitt Romney angehört –, hat sich nur ein Mann dem Aufruf »Rabbis für Obama« angeschlossen: Joshua M. Aaronson vom Temple Har Shalom.

Amerikanischer Moses Die Jüdische Allgemeine wollte von ihm wissen, ob er sich in Utah mit dieser politischen Haltung nicht sehr einsam fühlt. »Keine Frage, Utah ist ein tiefroter Staat«, sagte Rabbi Aaronson. »Aber wir unterhalten herzliche Beziehungen zu vielen anderen Religionsgemeinschaften – auch zur Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.« Juden hätten sich von Anfang an in Utah niedergelassen; also seit den Tagen, da Brigham Young – der »amerikanische Moses« – die Mormonen in einem langen Treck gen Westen führte. Juden seien von den Mormonen immer mit Toleranz und Respekt behandelt worden.

Laut Umfragen ist Utah der Staat mit der höchsten Lebensqualität. Wie viele Juden dort leben? Rabbi Aaronson lacht über diese Frage. »Das weiß keiner, jede Antwort ist geraten. Ich würde sagen: 5.000.« Im Übrigen sei nicht wahr, dass alle Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage immer für die Republikaner stimmen. Innerhalb der demokratischen Partei habe sich eine kleine Gruppe von Mormonen organisiert; und auch Harry Reid, der Anführer der demokratischen Mehrheit im amerikanischen Senat, sei ein Mormone.

Auffällig an der Kampagne »Rabbis for Obama« ist vor allem, wie einmalig sie ist. Es gibt – jedenfalls im Moment noch – keine katholischen Priester, keine protestantischen Pfarrer, keine Imame oder Gurus, die sich für eine Wiederwahl des Präsidenten aussprechen. Und es gibt – auf der anderen Seite – keine »Rabbis für Romney«, auch wenn das ein schöner Stabreim wäre.

Und obwohl es natürlich auch Rabbiner gibt, die Republikaner sind, nicht nur unter den Orthodoxen. Vielleicht kann Shmuley Boteach, der umtriebige Rabbi, der im November auf dem republikanischen Ticket ins Repräsentantenhaus einziehen will, hier ja Abhilfe schaffen.

Polen

Türen für die Ewigkeit

Deutschland finanziert den neuen Eingang der Nozyk-Synagoge, die als einzige in Warschau den Krieg überstanden hat

von Gabriele Lesser  16.09.2024

Porträt

Eleganz und Lässigkeit

Vor 100 Jahren wurde die jüdische Hollywood-Legende Lauren Bacall geboren

von Sabine Horst  16.09.2024

Ungarn

»Wer hat mir so viel Unsinn erzählt?«

Die Kommunikationsberaterin Virág Gulyás lernte bereits als Kind, Juden abzulehnen. Bis sie jüdische Menschen und Israel kennenlernte. Hier schildert sie ihre Geschichte

von Antisemitismus, Judenhass, Ungarn, Virág Gulyás  15.09.2024

USA

Als Tony Soprano eine jiddische Mamme war

Der erste Mafia-Pate von New York war eine Frau, hieß Fredericka Mandelbaum und ging regelmäßig in die Synagoge

von Sophie Albers Ben Chamo  15.09.2024

SpaceX

Polaris-Crew sicher gelandet

Die Gruppe um den jüdischen Unternehmer Jared Isaacman unternahm den ersten kommerziellen Weltraumspaziergang in der Menschheitsgeschichte

 15.09.2024

Europäische Rabbinerkonferenz

Bayern »topsicherer Platz« für Juden

Vor einem Jahr verlegte die Europäische Rabbinerkonferenz ihren Hauptsitz nach München. Ein guter Schritt, sagt der Generalsekretär. Und schaut im Rückblick auch auf den 7. Oktober: »eine der größten Herausforderungen«

 15.09.2024

Metoo-Skandal

Berichte: Neue Anklage gegen Harvey Weinstein

Er dominierte einst Hollywood - und nutzte seine Macht für sexuelle Übergriffe aus

 13.09.2024

Frankreich

Israel im Visier: Mehrere Anschläge bei Olympia und Paralympics vereitelt

Die Terroristen hatten auch israelische Ziele im Visier

 12.09.2024

SpaceX

»Polaris«-Weltraumspaziergang erfolgreich

Der jüdische Unternehmer und Abenteurer Jared Isaacman führt die Mission an

 12.09.2024