Paris

Vierthöchstes Amt im Staat

Die neue Präsidentin der Nationalversammlung: Yaël Braun-Pivet Foto: picture alliance / abaca

Paris

Vierthöchstes Amt im Staat

Die Französin Yaël Braun-Pivet wird Parlamentspräsidentin – als erste Frau. Ein Porträt

von Lisa Ewersbach  07.07.2022 10:18 Uhr

Die französische Nationalversammlung hat vergangene Woche eine enge Vertraute Emmanuel Macrons, Yaël Braun-Pivet, zu ihrer Präsidentin und in das vierthöchste Staatsamt Frankreichs gewählt. Die 51-jährige Anwältin mit jüdischen Vorfahren ist die erste Frau, die dieses Amt bekleidet – ein Zeichen des Fortschritts trotz der schwindenden Parität im Unterhaus.

Die Großeltern der Strafrechtlerin flohen in den 30er-Jahren vor den Nazis nach Frankreich, wo sie die Schoa überlebten. Yaël Braun-Pivet besuchte eine jüdische Schule in Straßburg und schloss ihr Jurastudium an der Universität Paris-Nanterre ab. Mit ihrem Mann, einem beim Kosmetikunternehmen L’Oréal beschäftigten Manager, hat sie fünf Kinder. Aufgrund seiner Arbeit lebte die Familie einige Zeit in Japan und Taiwan. Später erwarb Braun-Pivet in Frankreich einen Master in Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht.

Bis 2016 war sie Anhängerin der Sozialistischen Partei. Dann schloss sie sich der Bewegung En Marche von Emmanuel Macron an. 2017 trat sie der französisch-israelischen Freundschaftsgruppe in der Nationalversammlung bei und war Vorsitzende des dortigen Rechtsausschusses sowie zuletzt kurzzeitig Ministerin für die Überseegebiete.

Antrittsrede In ihrer Antrittsrede als Präsidentin kritisierte Braun-Pivet die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA, das Abtreibungsrecht aufzuheben, als »brutal«. Weiter sagte sie, dass »nichts als selbstverständlich« angesehen werden sollte. »Die Geschichte besteht aus großen Fortschritten, die aber immer Gefahr laufen, rückgängig gemacht zu werden.« Sie betonte, dass das Recht auf Abtreibung in Frankreich bestehen bleiben müsse.

Im vergangenen Jahr sah sich Braun-Pivet mehrmals mit antisemitischen Attacken konfrontiert. Im Februar teilte sie auf Twitter eine antisemitische Hassnachricht, die sie privat erhalten hatte. Der Verfasser schrieb: »Diesmal sind es die Muslime, die sich mit euch befassen werden.« Im November äußerte sie sich in einem französischen Medium als Jüdin besorgt darüber, dass die Thesen des rechten Politikers Éric Zemmour in der Öffentlichkeit an Bedeutung gewönnen. Dieser hatte behauptet, das Vichy-Regime habe die französischen Juden geschützt und nur ausländische ausgeliefert».

Arie Bensemhoun, Geschäftsführer von ELNET Frankreich, einer Organisation, die sich um die Stärkung der Beziehungen zwischen Israel und Frankreich bemüht, begrüßte die Wahl Braun-Pivets zur neuen Parlamentspräsidentin: «In einer Zeit, in der unser Land von Kommunitarismus, Separatismus und Nationalismus geplagt wird und in der die extreme Rechte und die extreme Linke ständig mit Ängsten spielen, um Frankreich zu spalten und zu zersplittern, ist die Wahl von Yaël Braun-Pivet eine Quelle der Hoffnung, dass die Werte der Republik und der Demokratie im Parlament verteidigt werden.»

Großbritannien

Frauen haben Besseres verdient

Die Journalistin Marina Gerner beklagt in ihrem Buch fehlende Innovationen im Bereich Frauengesundheit – und eckt nicht nur mit dem Titel an

von Amie Liebowitz  28.11.2025

Kultur

André Heller fühlte sich jahrzehntelang fremd

Der Wiener André Heller ist bekannt für Projekte wie »Flic Flac«, »Begnadete Körper« und poetische Feuerwerke. Auch als Sänger feierte er Erfolge, trotzdem konnte er sich selbst lange nicht leiden

von Barbara Just  28.11.2025

Fernsehen

Abschied von »Alfons«

Orange Trainingsjacke, Püschelmikro und Deutsch mit französischem Akzent: Der Kabarettist Alfons hat am 16. Dezember seine letzte Sendung beim Saarländischen Rundfunk

 28.11.2025 Aktualisiert

Niederlande

Demonstranten stören Vorlesung in Gedenken an Nazi-Gegner

An der Universität Leiden erzwangen antiisraelische Studenten die Verlegung einer Gedächtnisvorlesung zum Andenken an einen Professor, der während der Nazi-Zeit gegen die Judenverfolgung protestiert hatte

von Michael Thaidigsmann  28.11.2025

Großbritannien

Verdächtiger nach Anschlag auf Synagoge in Manchester festgenommen

Der Angriff auf die Synagoge am Vorabend des höchsten jüdischen Feiertags Jom Kippur sorgte international für Bestürzung. Jetzt wurde ein weiterer Tatverdächtiger festgenommen

von Burkhard Jürgens  27.11.2025

Bereit fürs ICZ-Präsidium: Noëmi van Gelder, Arthur Braunschweig und Edi Rosenstein (v.l.n.r.)

Interview

»Meinungsvielfalt gilt es auszuhalten« 

Am 8. Dezember wählt die Gemeindeversammlung der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich ein neues Präsidium. Ein Gespräch mit den Kandidaten über Herausforderungen an die Gemeinde, Grabenkämpfe und Visionen

von Nicole Dreyfus  27.11.2025

Schweiz

Antisemitismus auch in der queeren Szene benennen

Viele Jüdinnen und Juden fühlen sich teils unsicher, wenn in der queeren Szene über Israel gesprochen wird. Der Verein Keschet will das ändern

von Nicole Dreyfus  27.11.2025

Das Ausmalbuch "From the river to the sea" in einer Buchhandlung in Zürich.

Meinung

Mit Kufiya und Waffen

Ein Kinderbuch mit Folgen

von Zsolt Balkanyi-Guery  27.11.2025

USA

Personifizierter Hass

Menschen wie Nick Fuentes waren lange ein Nischenphänomen. Nun drängen sie in den Mainstream - und sind gefährlicher denn je

von Sophie Albers Ben Chamo  26.11.2025